Auf lange Sicht (E-Book). Marie-José Kolly

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Auf lange Sicht (E-Book) - Marie-José Kolly

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und Börsenwert liegt bei rund 1 zu 70, was für gewöhnliche Firmen undenkbar ist.

      Andererseits ist Amazon ein klassischer, aber sehr grosser Detailhändler. Über eine Million Menschen arbeiten für Amazon, sei es als Programmiererin oder als Lagerist in den gigantischen Verteilzentren. Unter allen börsengehandelten Firmen beschäftigt nur Walmart noch mehr Personal. Das verleiht Amazon ein reales Gewicht. Die Firma erzielt Milliardengewinne und ist auch umsatzmässig ein Riese: Sie wiegt die zehn grössten Pharmafirmen der Welt fast im Alleingang auf.

      Zwar sind die Pharmafirmen keinesfalls Zwerge. Firmen wie Roche oder Novartis dominieren den Swiss Market Index: Wer in die zwanzig grössten Firmen der Schweiz investiert, dessen Geld geht zu einem Drittel an die beiden Pharmaunternehmen. Doch kein Bereich hat in der Pandemie so zugelegt wie die Technologie.

      Tesla vs. Autofirmen

      Besonders krass zeigt sich dies am Beispiel von Tesla (G4). Für ihre Fans war die E-Auto-Fabrikantin schon immer ein Börsentipp. Nun erhielten sie endlich recht: Unter Anlegerinnen brach eine regelrechte Tesla-Euphorie aus. 2020 hat sich der Aktienkurs verzehnfacht. Damit ist Tesla beinahe so wertvoll wie die zehn anderen weltgrössten Autohersteller zusammen. Ob das gerechtfertigt ist, wird intensiv diskutiert. Dafür spricht unter anderem:

      —Der Boom der Elektromobilität: Über kurz oder lang werden auf unseren Strassen nur noch E-Autos fahren. Hier ist Tesla führend. Auch BYD und NIO, zwei chinesische E-Auto-Hersteller, werden zu sehr hohen Kursen gehandelt.

      —Die Batterietechnologie: Tesla produziert Batterien mit hoher Kapazität, die sehr langlebig sind. Im Kampf um Marktanteile könnte dies ein entscheidender Vorteil sein.

      —Tesla sei mehr als ein Autohersteller: Einige glauben, die Firma könnte ein Netzwerk von selbstfahrenden Taxis betreiben und ihre Software, die dies ermöglicht, an andere Firmen lizenzieren. Ähnlich wie Apple über das iPhone könnte Tesla über den eigenen Bordcomputer ein Geschäft mit Apps lancieren.

      Dagegen wird ins Feld geführt:

      —Die Angebotspalette von Tesla beschränkt sich bisher auf wenige Modelle: hochpreisige Limousinen. Um weiter zu wachsen, wird das Unternehmen in neue Segmente vorstossen müssen, wie Kleinwagen, Jeeps oder Nutzfahrzeuge. Das wird kostspielig und schwierig.

      —Der Börsenwert von Tesla übersteigt den Betriebsgewinn um Welten – das Verhältnis liegt aktuell bei 1 zu 480. Das ist exorbitant: Tesla wird ein Wahnsinnswachstum hinlegen müssen, um die Erwartungen der Aktionärinnen zu erfüllen.

      2020 dürfte Tesla zum ersten Mal einen Gewinn erzielen: vermutlich rund 2 Milliarden Dollar. Das ist aber immer noch ein Bruchteil dessen, was die zehn wertvollsten Vertreter der Autoindustrie insgesamt, von Toyota über BMW bis Hyundai, verdienen.

      Verrückte neue Aktienwelt? Wie es mit den Börsenwerten von Tesla und Co. weitergeht, ist schwer zu sagen. Denn wenn die «New Economy» bereits in den Nuller- und Zehnerjahren für Furore gesorgt hat, so ist die digitale Wirtschaft im Corona-Zeitalter – die «New Coronomy», wenn man so will – noch mal eine ganz neue Nummer.

      Vielleicht nur so viel: Ich habe meinen Pro-Account bereits wieder gelöscht. Fortan nutze ich Zoom wieder gratis – bis zu einer Zeitlimite von 45 Minuten. Für länger dauernde Videokonferenzen habe ich inzwischen keine Nerven mehr.

      DIE DATEN

      Die Angaben zum Börsenwert wurden am 19. Januar 2021 beim Portal companiesmarketcap.com eingesehen. Dort werden separate Ranglisten zu den börsenstärksten Unternehmen je nach Branchen geführt. Fürs Verhältnis zwischen Börsenwert und Betriebsgewinn haben wir uns (sofern nicht anders angegeben) auf dem Ebit-Gewinn der vergangenen vier Quartale abgestützt.

      Was, wenn nur Frauen abstimmten?

      Marie-José Kolly, Olivia Kühni

      Publiziert am 08.02.2021

      image 6 Minuten

      Frauen stimmen anders als Männer. Das ist einer der Gründe, weshalb man sie möglichst lange von der Urne fernhielt.

      POLITIK

      Kurz bevor die Schweizer Männer den Frauen vor 50 Jahren endlich den Weg an die Urnen freimachten, musste die Landesregierung noch einen Zweifel ausräumen: Nein, die Frauen bringen nicht den Sozialismus über das Land.

      Ganz so direkt sagte das der Bundesrat nicht. Wohl aber fühlte er sich verpflichtet, Zweifeln an der ideologischen Standfestigkeit der Frauen entgegenzuwirken: Frauen seien nicht in Gefahr, «extreme Parteien zu begünstigen» und «kritiklos ideale Zwecke mit untauglichen Mitteln verfolgen zu helfen», wie es 1969 in seiner Botschaft zur Abstimmung heisst. Mitten im Kalten Krieg fürchteten konservative Parteien und auch einzelne bürgerliche Frauenvereine, die Frauen könnten, kaum hätten sie das Stimmrecht, sozialistischen Anliegen zum Durchbruch verhelfen. Die Angst vor den Bolschewiken war vor allem ab den 1960ern eine der Hauptrechtfertigungen, um den Frauen das Stimmrecht zu verweigern.

      Nun, den Sozialismus brachten die Frauen offensichtlich nicht. Die Gegner lagen mit ihrer Intuition indes nicht komplett falsch.

      Für mehr Umweltschutz – gegen Waffen

      Tatsächlich stimmen Frauen in der Mehrheit deutlich linker und grüner ab als Männer – und prägen so die Politik des Landes. Um das sichtbar zu machen, lassen wir übungshalber einmal die Männerstimmen weg und fragen uns: Wie wären die Abstimmungen ausgegangen, wenn nur die Frauen abgestimmt hätten? (Das bei Volksinitiativen und obligatorischen Referenden notwendige Ständemehr blenden wir bei dieser Übung aus.) Dazu arbeiten wir mit Daten aus Nachabstimmungsumfragen, also mit den Angaben, die Politforscher seit 1977 nach jeder eidgenössischen Volksabstimmung bei einer soziodemografisch repräsentativen Stichprobe von Bürgerinnen abfragen. Nicht immer berücksichtigten sie dabei das Geschlecht. Und nicht immer wurden die Resultate digitalisiert. Es ist also gut möglich, dass wir die eine oder andere relevante Vorlage verpasst haben.

      Und: Umfragen wie diese sind immer mit Unsicherheit behaftet, die Fehlermarge liegt hier meist zwischen +/– 2,5 und +/– 5 Prozentpunkten. Denken Sie sich also bei Vorlagen, die in einer «Frauen-only-Schweiz» eng ausgegangen wären, jeweils ein «vermutlich» dazu. Was also wäre anders, in einer Schweiz der Frauen? Konzerne würden für Umweltschäden haften (G5). Tierversuche wären eingeschränkt worden (G6). Selbst bei Umweltvorlagen, die auch ohne Männerstimmen keine Mehrheit gefunden hätten, stimmten mehr Frauen als Männer Ja: für Gewässer- und Tierschutz sowie gegen Atomstrom und Zersiedelung.

G5KONZERNE WÜRDEN FÜRUMWELTSCHÄDEN HAFTEN
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      Stimmenanteile bei Nachbefragung und Abstimmungsresultat, Konzerninitiative (2020). Die Vorlage scheiterte am Ständemehr. QUELLE: Vox-Analyse (GFS Bern)

G6TIERVERSUCHE WÄRENEINGESCHRÄNKT WORDEN
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      Stimmenanteile

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