Erinnerungswürdig. Walter Thaler
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Durch die Einfuhr von großen Mengen an Kalium und Thomasmehl erringt der Unternehmer im Pinzgau bald eine landwirtschaftliche Monopolstellung. Seine Bauernhöfe werden zu Mustergütern. Die dynamische Ankaufspolitik des Kunstdünger-Millionärs findet natürlich nicht die Zustimmung vieler kleinerer Landwirtschaftsbetriebe. Schon damals liest man in der heimischen Presse vom „Ausverkauf der Heimat“. Durch Schmidtmanns Ankaufspolitik kommt zwar viel Geld in den Pinzgau, doch gleichzeitig verlieren viele der verschuldeten Bauern ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit. Insgesamt umfasst der Schmidtmann’sche Grundbesitz schließlich 7 000 Hektar.
Da Schmidtmann der Jagdleidenschaft frönt, pachtet er 30 000 Hektar Jagdgründe im Pinzgau, wozu das gesamte Gebirgsmassiv des Steinernen Meeres gehört. Dazu beschäftigt er 64 Jäger, um das gesamte Gebiet jagdwirtschaftlich zu betreuen.
Die Reaktion der stets selbstbewussten Pinzgauer, die sich durch den Eindringling aus Deutschland bedroht fühlen, führt zu Forderungen an den Salzburger Landtag, aber auch an den Reichsrat in Wien. Der Erste Weltkrieg und die nachfolgende galoppierende Inflation zwingt allerdings die Familie Schmidtmann, später wieder einen großen Teil der landwirtschaftlichen Betriebe abzustoßen.
Ein persönliches Anliegen ist für Schmidtmann die Aufzucht und Veredelung der Pinzgauer Rinderrasse. Sein Gutsverwalter Heinrich Gierth versucht als erster, durch eine strenge Zuchtauswahl die Produktionskraft des Pinzgauer Rindes zu stärken. Da dies bald zu erheblichen Erfolgen führt, wird Gierth schließlich vom Land Salzburg als Tierschutzinspektor angeworben.
Auch der Pferdezucht gilt Schmidtmanns Liebe, speziell den Norikerpferden. Zur Heimat seiner „braunen Lipizzaner“ wird der Brandlhof in den Pinzgauer Hohlwegen bei Saalfelden, denn die „weißen Lipizzaner“ sind ausschließlich dem Kaiserhaus vorbehalten. Auch im Getreide- und Obstanbau setzt der innovative Unternehmer auf neue Produktionsmethoden und stellt in Lofer große Glashäuser auf, in denen er im Winter Erdbeeren, Weintrauben und Gurken züchtet, die er sodann an den deutschen Kaiser liefern lässt.
Für das Pinzgauer Saalachtal sind sein fortschrittlicher Geist und seine unternehmerische Energie von großem Nutzen, denn er lässt von Lofer nach Hinterthal die erste Telefonleitung bauen und für den Grubhof das erste Elektrizitätswerk im Pinzgau errichten. Mit dem Flatscherbauern Jakob Herbst schließt er für immerwährende Zeiten einen Vertrag zur Errichtung einer Wasserleitung vom Kramerhaus bis Oberrain in Unken.
Hermann Schmidtmann stirbt im Jahr 1919 mit 78 Jahren und wird im Park des Schlosses Grubhof bestattet. Den amerikanischen Besitz erbt Sohn Waldemar, die europäischen Güter die Tochter Florence, die mit General Arno von Poser und Groß Naeditz verheiratet ist. Das Testament Hermann Schmidtmanns enthält nicht weniger als 74 Grundbucheintragungen allein im Saalach-Pinzgau und im angrenzenden Tirol (Waidring).
Nach dem Ersten Weltkrieg bleibt das Schloss Grubhof weitgehend ungenutzt. Im Jahr 1956 geht das prachtvolle Gebäude im neugotischen Stil zu je einem Drittel an die Töchter von Florence Poser, Hildegard Wolff, Maria Spitzy und Florence Schandl-Dachmann. Leider wird der Park des Schlosses später durch die Errichtung moderner Apartmenthäuser verbaut und als Ferienwohnanlage einer Tiroler Time-Sharing-Gesellschaft geführt.
Das Schloss Oberrain wird dem mit der Familie befreundeten Rittmeister Erwin Sochatzky und dessen Frau überlassen, die daraus einen Hotelbetrieb machen, der bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges ein internationales Publikum anzieht. Im Jahr 1957 kauft die Salzburger Landesregierung Schloss Oberrain und übergibt es der Gesellschaft „Rettet das Kind“, die Jugendliche mit Behinderungen auf ein möglichst selbstständiges Privat- und Berufsleben vorbereitet.
ERZHERZOG LUDWIG VIKTOR VON HABSBURG
1842–1919
Der verbannte Habsburger im Schloss Kleßheim
Der jüngste Bruder von Kaiser Franz Joseph, Erzherzog Ludwig Viktor, als Kind liebevoll „Luziwuzi“ genannt, hat es am Habsburgerhof in Wien nicht leicht. Er gilt als exzentrischer Sonderling und äußerst schwieriger Charakter. Er kann sehr charmant sein, ist aber wegen seiner scharfen Zunge gefürchtet. Die Fürstin Nora Fugger lästert über ihn, er sei „weder militärisch noch kunstverständig, schwächlich, unmännlich, geziert und von garstigem Äußeren“. Noch abschätziger beurteilt ihn Kaiserin Elisabeth: „Ekelhaft ist mir der Affe/boshaft wie kein andres Vieh/hässlich, wie es anzuschauen/ist sein Maul auch lästerhaft.“
Kaiser Franz Joseph muss sich in seinem Herrscherhaus noch mit anderen schrulligen Erzherzögen herumschlagen. Einer davon ist Leopold (geb. 1868 als Sohn von Ferdinand IV.), der zunächst die Tochter eines Zuckerbäckers liebt, später mit der Prostituierten Wilhelmine Adamovic ein Verhältnis hat und schließlich Maria Magdalena Ritter, die er von ihrem Zuhälter freigekauft hat, heiratet. Dem „schönen“ Erzherzog Otto Franz Josef wird nachgesagt, dass er betrunken und nackt durch das Hotel Sacher spaziert sei. Als wahrhafter Aussteiger erweist sich Erzherzog Ludwig Salvator, der mit seiner Dampfyacht „Nixe“ über das Mittelmeer segelt und kulturhistorische Bücher schreibt. Er schwimmt nackt und schläft unter freiem Himmel, trägt abgenutzte Kleidung – und das trotz einer jährlichen Apanage von 100 000 Kronen. Die Seitensprünge der Habsburger sind wohl das Ergebnis der Heiratspolitik, denn Liebesheiraten sind nicht vorgesehen. Zudem sind einige der Erzherzöge unterfordert, denn sie bekommen vom starrsinnigen Kaiser keine politischen Aufgaben. Das fördert das Bestreben, das enge Herrschaftskonzept zu sprengen.
Tatsächlich dürften es jedoch Ludwig Viktors homosexuelle Neigung gewesen sein, die seine Position am Wiener Hof untergraben. Kaiser Franz Joseph und Elisabeth versuchen zunächst, ihm Sophie aus dem Hause der Wittelsbacher als Ehegattin zuzuführen. Doch diese lehnt dankend ab, was seine Selbstachtung schwer verletzt. Ludwig Viktors Bruder, Kaiser Maximilian von Mexiko, hat keine rechtmäßigen Erben und will daher „Luziwuzi“ zu einer Heirat mit der Tochter des brasilianischen Kaisers Pedro II. bewegen. Somit wären Mexiko und Brasilien Teil einer großen, transatlantischen Habsburgermonarchie. Doch dann wird Maximilian 1867 erschossen und die Geschichte läuft in ganz andere Bahnen. Luziwuzis Eskapaden weisen aber auch in die ganz andere Richtung. Denn von der Tänzerin Claudia Couqui erhält er ein Billett, in dem sie ihm für eine gemeinsame Nacht dankt.
Als Ludwig Viktors homophile Neigungen aber immer öffentlicher werden und zu Skandalen führen, muss der Kaiser handeln. So soll sich Ludwig Viktor im Wiener Centralbad in der Weihburggasse einem Offizier derart anzüglich genähert haben, dass dieser ihn ohrfeigt. Der Salzburger Historiker Ernst Hanisch hat darauf verwiesen, dass in ganz Europa damals, später verstärkt durch den Prozess um den irischen Dichter Oscar Wilde, eine homophobe Panik ausgebrochen sei. Der exzentrische Sonderling muss daher vom Wiener Hof entfernt werden. Kaiser Franz Joseph entscheidet daraufhin bereits 1861, dass Ludwig ihn in Salzburg vertreten solle, wohin man bereits die Witwe des Kaisers Franz I., Caroline Auguste, abgeschoben hatte. Ludwig residiert nun im Schloss Kleßheim. Da dieses aber im Winter kaum beheizbar ist, lässt er vom Architekten Heinrich von Ferstel, dem Erbauer der Votivkirche und des Hauptgebäudes der Universität Wien, das sogenannte Winterschloss erbauen, besser bekannt als Kavalierhaus. Dieses wird bis ins Detail blau-weiß eingerichtet, von den Teppichen und Tapeten über das Porzellan bis zum Zigarrenlöscher und der Nagelfeile. Ferstel baut für ihn auch im Renaissancestil das Palais am Schwarzenbergplatz in Wien.
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