Erinnerungswürdig. Walter Thaler

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Erinnerungswürdig - Walter Thaler

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Geschichte der Völker und Menschen“ (1787).

      In der Habsburgermonarchie hat Maria Theresia 1774 mit ihrer „Allgemeinen Schulordnung“ maßgebliche Schulreformen durchgeführt und die Unterrichtspflicht auf alle Schichten der Bevölkerung ausgeweitet. Es ist dies die erste Maßnahme für eine verpflichtende und egalitäre Grundschulbildung. Daher erkennt es auch der geistliche Landesfürst Hieronymus Graf Colloredo im Fürsterzbistum Salzburg als Notwendigkeit, eine moderne leistungsfähige Staatsbürokratie einzurichten. Diese führt über die Ausweitung der Bildung und die Einbeziehung bürgerlicher Akademiker anstatt bloß adeliger Funktions- und geistlicher Würdenträger in die Staatsführung. Eine verpflichtende Grundschulbildung für breite Bevölkerungsteile ist dafür die wesentlichste Voraussetzung. Der Nützlichkeitsgedanke überwiegt dabei die Vorteile einer humanistischen Bildung. Das Haupthindernis für eine tiefgreifende Änderung liegt in der mangelnden pädagogisch-didaktischen Ausbildung der Lehrer. Daher kommt die von Colloredo eingesetzte Schulreformkommission zur Einsicht, dass ein Lehrerseminar eingerichtet werden müsse.

      Nach jahrelangem Zögern betraut Colloredo schließlich Vierthaler mit dem Aufbau eines Lehrerseminars. Dieses wird im sogenannten Ritzerbogenhaus (heute: Buchhandlung Höllrigl) eingerichtet. Mit der Verpflichtung für die Lehramtskandidaten zu hospitieren und mit praktischen Lehrversuchen schafft Vierthaler die Grundlagen für die moderne Pädagogik. Er verfasst zudem zahlreiche pädagogische Schriften und Lehrbücher und übernimmt zusätzlich die Ordnung und Katalogisierung der erzbischöflichen Bibliothek. Auf Wunsch des Landesfürsten übernimmt er auch die von Lorenz Hübner geleiteten Zeitungen „Staatszeitung von Salzburg“ und „Literaturzeitung von Salzburg“. Seine naturkundlichen und historischen Reisen gibt er unter dem Titel „Reisen durch Salzburg“ (1799) heraus. Er nimmt auch am zweiten Versuch der Erstbesteigung des Großglockners teil. So kann Vierthaler in Salzburg als Begründer der Reiseliteratur bezeichnet werden.

      Als Vierzigjähriger heiratet er Josefa Kleinmayrn, die älteste Tochter des Hofratsdirektors Franz Thaddäus von Kleinmayrn und bezieht eine Wohnung am Waagplatz 72. Als am 26. Dezember 1802 das Fürsterzbistum Salzburg endgültig säkularisiert wird, übernimmt der Bruder des Kaisers, Erzherzog Ferdinand, bisher Großherzog von Toskana, als Entschädigung für das verlorene italienische Gebiet das Erzstift, das damals noch Teile von Bayern umfasst (Berchtesgaden und die Bistümer Passau und Eichstätt). Als einziger aus der von Fürsterzbischof Colloredo eingesetzten Schulkommission behält Vierthaler sein Amt. Und er übernimmt alle Schulen und Erziehungsanstalten des Landes mit Ausnahme der Universität und des ihr angegliederten Gymnasiums. Er steigt damit zum allmächtigen Landesschulinspektor im Fürsterzbistum Salzburg auf.

      Doch damit scheint sein Aufgabenbereich noch zu knapp bemessen. Denn der neue Landesherr Erzherzog Ferdinand überträgt ihm auch die Verwaltung der beiden Waisenhäuser in der Vorstadt Mülln. Die Sorge um verwaiste Kinder ist bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts ausschließlich Aufgabe der Geistlichen. Die Waisenhäuser an der Salzach sind wirtschaftlich und administrativ ruinös geführt und dem Verfall preisgegeben. Erst durch die Verdrängung des Prinzips der göttlichen Vorsehung durch den Verstand im Sinne der Aufklärung und durch die Forderung des Gemeinwohls als staatliche Aufgabe geraten soziale Fürsorgeeinrichtungen in den Fokus der Herrschenden. Dem jungen Kurfürstentum Salzburg ist noch keine politische Ruhe beschieden. Denn 1806 stürmen wieder bayerische und französische Truppen ins Land. Vierthaler hat schon bei der ersten Besetzung Salzburgs durch die Franzosen die berühmte erzene Statue des Jünglings von Helenenberg, die sich seit 1506 in Salzburg befindet, versteckt und so einem Kunstraub durch die feindlichen Truppen vorgebeugt. Nun wird er im Oktober 1806 zum Direktor des Wiener Waisenhauses ernannt. Vierthalers Bedeutung als reformatorischer Pädagoge und Wissenschafter wird also noch durch seine sozialpädagogischen Verdienste gesteigert.

      Der von pädagogischen Motiven geprägte Wissenschafter tritt nun vehement dafür ein, dass auch diesen Kindern eine gründliche Schulbildung zuteil wird und fähiges Lehrpersonal die Bildung und Erziehung übernimmt. Bisher hatten Offiziere und Invaliden diese Aufgaben inne gehabt. Vierthaler ersetzt diese durch ausgebildete Lehrer, unter denen sich auch Ferdinand Schubert, der Bruder des Komponisten Franz Schubert, befindet.

      In Wien ist der inzwischen berühmt gewordene Schulreformer und Sozialpädagoge ein gern gesehener Gast im Haus der bekannten Schriftstellerin Karoline Pichler (1769–1843), wo er die Crème de la Crème der Wiener Künstler*innen und Schriftsteller*innen trifft und Teil des intellektuellen Lebens wird. Er verkehrt mit den Dichtern Franz Grillparzer, Ferdinand Raimund und Clemens von Brentano sowie dem Komponisten Franz Schubert. Als die Franzosen 1809 neuerlich in Wien einrücken, vertraut Kaiser Franz I. dem Pädagogen seine Porträtsammlung an, die dieser im Keller des Wiener Waisenhauses vor den französischen Heerscharen versteckt. In den zwanzig Jahren seiner Wiener Zeit arbeitet Vierthaler weiter an seinem siebenbändigen Werk „Philosophische Geschichte der Menschen und Völker“. In Folge eines Schlaganfalls stirbt der 69-jährige Pädagoge und Humanist und wird auf dem Währinger Friedhof zur letzten Ruhe gesetzt. Im Salzburger Stadtteil Schallmoos ist eine Straße nach ihm benannt. Durch sein umsichtiges pädagogisches und soziales Wirken gilt Vierthaler als „Österreichs Pestalozzi“ und „Vater der Waisen“.

      CONSTANZE MOZART

      1762–1842

      Mozarts erste Biografin

      Mozarts Frau, mit der er neun Jahre verheiratet ist, steht zeitlebens und bis heute im Schatten des musikalischen Weltgenies. Die Urteile über sie sind stets extrem emotionsgeladen und reichen von „geistlos, egoistisch, raffgierig, triebhaft“ bis zu „liebende Ehefrau“. Überwiegend wird sie als „graues Aschenputtel“ an der Seite des Genies beschrieben und ihr jede Intellektualität abgesprochen. Sogar eine Mitschuld an seinem frühen Tod wird ihr angelastet. Wenn man Mozarts Briefen Glauben schenken kann, so scheint die Ehe glücklich gewesen zu sein. Viele Biografien beschäftigen sich mit der Frage, warum sie sich nicht um Mozarts Grab gekümmert habe. Selbst Albert Einstein stimmte in die Herablassungen ein: „Constanzes Ruhm besteht darin, dass Mozart sie geliebt hat und damit in die Ewigkeit mitgenommen, so wie der Bernstein die Fliege.“

      Die Liste der Verunglimpfungen befindet sich bis in unsere Zeit auf dem Niveau der Klatschpresse und dürfte eher einem frauenfeindlichen Verständnis entspringen. Der schon zu Constanzes Lebzeiten entstehende Geniekult um Mozart gestattet wohl keine adäquate Partnerin neben ihm. Jedenfalls hat sie mit ihrer ersten Biografie Mozarts diesen Geniekult erst richtig ausgelöst und ist als eine faszinierende Frau, Bannerträgerin und Nachlassverwalterin Mozarts in die Musikgeschichte eingegangen. Gemeinsam mit ihrem zweiten Mann Georg Nikolaus Nissen (1761–1826) ist es ihr Verdienst, dass die Musik Mozarts im 19. Jahrhundert nicht der Vergessenheit anheimgefallen ist.

      Constanze Mozart wird am 5. Jänner 1762 als dritte von vier Töchtern des Bassisten und Kopisten Franz Fridolin Weber und seiner Frau Maria Cäcilia in Zell im Wiesental in Baden-Württemberg geboren und wächst in Mannheim auf. Im Jahr 1777 macht Mozart auf seiner Reise nach Paris in Mannheim Zwischenstation und lernt Constanze Weber im Hause ihres Vaters kennen. Mozart verliebt sich in Constanzes Schwester Aloysia und fasst sogar den Plan, mit ihr als Primadonna, ihrem Vater als Impresario und Constanze als Hausgehilfin eine Konzertreise nach Italien zu unternehmen. Doch Mozarts Vater befiehlt ihm, die bereits zugesagte Reise zusammen mit der Mutter Maria Anna nach Paris anzutreten. Aloysias Mutter ist darüber nicht unglücklich, denn sie will unbedingt eine Heirat ihrer musikalisch begabten Tochter mit dem Musikgenie verhindern.

      In Paris stirbt Mozarts Mutter. Als Mozart am Weihnachtstag 1778 nach Mannheim zurückkehrt, zeigt Aloysia kein Interesse mehr an ihm. Deshalb setzt sich dieser ans Klavier und soll gesungen haben: „Leck mich das Mensch am Arsch, das mich nicht will“ (zit. nach Rieschel, 35).

      In Salzburg ist Mozart ständig in Konflikt mit dem Landesfürsten Erzbischof Colloredo, der ihn wie einen Kammerdiener

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