Das Erbe der Macht - Band 31: Splitterzeit. Andreas Suchanek
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»Oh, ich verstehe.« Ein böses Lächeln überzog das hübsche Gesicht. »Ihr gehört zu den Störern. Diesem kleinen Haufen, der das ganze Zeug von Gleichberechtigung faselt. Arm, wirklich arm. Und obendrein überaus suizidal, hier vor mir aufzutauchen und irgendwelche Zauber laut auszusprechen. Ist euer Niveau so niedrig? Das Institut wird seine reine Freude daran haben, eure Sigile wieder zu entfernen.«
»Ah, Sadist sind wir auch«, kommentierte Alex. »Junge, du bist ein wandelndes Klischee.«
»Und du gleich nicht mehr am Leben«, gab der Blonde zurück. »Ich denke, mit deiner Freundin wird das Ganze spannender.«
»Ignis Ae…«, begann Alex.
Doch ein lautlos geführter Kraftschlag fegte ihn von den Beinen, bevor er den Zauber beenden konnte.
»Ja, für eine Prüfung wäre das alles etwas zu dämlich«, kommentierte der Blonde. »Aber wo du schon ein magisches Feuer erzeugen willst, sollte ich dir das Gleiche gewähren, was auch dieser Nimag-Dreck erhalten hat. Eine kurze Flamme, dann ist alles vorbei. Ich finde den Tod eines Magiers immer überaus erhellend.« Er kam langsam näher. »Und sobald ich mit deiner Freundin fertig bin, schicke ich sie zur Mauer.«
Alex kam stöhnend wieder auf die Beine, hatte aber eindeutig ein paar Prellungen davongetragen. »Eine Mauer zu bauen, war noch nie eine gute Idee. Wundert mich kein Stück, dass hier alles so schiefläuft.«
Jetzt wirkte der Thronfolger perplex. »Keine gute Idee? Nur deshalb sind wir alle noch am Leben. Langsam glaube ich tatsächlich, dass ihr wahnsinnig seid.«
Er hob die Hand, an der ein Ring funkelte.
»Aber sei‘s drum. Leb wohl.«
Jen wollte etwas tun, den Zauber stoppen. Doch sie wusste nicht einmal, was gleich geschehen würde und auf welche Weise. Diese Art des Zaubers hatte sie noch nie benutzt, und ihn aufzuhalten hätte nur funktioniert, wenn sie exakt den Zeitpunkt der Wirkung kennen würde. Was bei solch lautloser Magie aber einfach unmöglich war.
Also handelte sie im Reflex und trat vor Alex.
»Nein!«, brüllte der.
Das Geräusch einer Klinge erklang, die durch Fleisch schnitt. Der Thronfolger starrte sie entsetzt an, sein Blick glitt an sich selbst hinab. Aus der Brust ragte eine Schwertspitze. Blut bedeckte rasend schnell seinen Oberkörper, er wankte.
Alex schob Jen beiseite. Hinter dem Magier stand eine Frau, gekleidet in eine Rüstung aus gehärteter Essenz, die ihre Konturen nachbildete. Das magisch erschaffene Metall war schartig und rau, die Oberfläche verschlissen. Doch das Schwert schien problemlos einen Magier durchbohren zu können.
Haltlos kippte der Thronfolger zu Boden, spuckte noch einmal Blut und war dann eindeutig tot.
Die Unbekannte blieb einfach stehen. Jen spürte den Blick auf sich ruhen.
»Und jetzt zu euch«, kam es drohend unter dem Helm hervor.
Ein Blutstropfen löste sich von der Klinge und fiel zu Boden.
3. Es ist, wie es ist
Kevin erwachte ruckartig und ging sofort in Abwehrposition.
Im nächsten Augenblick realisierte er, dass dies unnötig war – und nutzlos. Er befand sich in einem kleinen Raum ohne Fenster, neben ihm am Boden lag Artus.
Mit einem Satz war Kevin bei ihm und befühlte seinen Puls. Der Unsterbliche war bewusstlos, seine Brust hob und senkte sich jedoch regelmäßig.
Das einzige Licht kam von irgendwo hinter den Wänden. Deren Material war halb durchsichtig. Damit erhielt der sonst karge Raum, in dem es außer zwei Liegen nichts gab, eine warme Atmosphäre. Eine Tür gab es nicht.
»Wo sind wir jetzt nur wieder gelandet?«, fragte sich Kevin.
Er benötigte drei Schritte, um von einer zur anderen Seite des Raumes zu gelangen. Der Gedanke, dass sie hier für längere Zeit eingesperrt bleiben würden, behagte ihm gar nicht.
»Hallo!«, rief er.
Kameras waren nicht zu sehen, doch beim Einsatz von Magie war das auch nicht nötig. Falls sie von Magiern gefangen genommen worden waren, fragte er sich jedoch, wieso sein Essenzstab noch immer bei ihm war. Er fixierte die Symbole von Alex und Jen auf dem Whisperband, doch es kam kein Kontakt zustande.
Vermutlich war das auch besser so. Die beiden hätten eigenhändig einen neuen Immortalis-Kerker geschaffen und ihn hineingeworfen.
Unweigerlich richteten sich seine Gedanken auf die Ereignisse in Alicante. Er hatte tatsächlich den Wall zerstört. Mit einem einzigen Zauber, den er Artus auf die Lippen gelegt hatte, war das Artefakt zusammen mit Merlin darin vernichtet worden. Das hier war eine neue Zukunft. Eine, in der Chris am Leben war; er es einfach sein musste.
Die Reise hierher war endlos gewesen und ebenso grauenvoll. Die zerbröselnden Statuen, neu geformte Zeit, veränderte Geschichte. Er hatte gespürt, wie die Zeit selbst gelitten hatte. Da war echter Schmerz durch seinen Körper geschossen, ein Widerhall dessen, was die Linie allen Seins empfand.
»Irgendwo hier ist Chris«, flüsterte er.
Im Augenblick der Zerstörung hatte er sein ganzes Denken auf seinen Bruder gerichtet, hatte sich ihm genähert. Zumindest das hatte wohl nicht funktioniert.
»Schauen wir uns einfach um.« Kevin hob seinen Essenzstab. »Potesta Maxima.«
Die gute Nachricht war, dass der Wall eindeutig nicht mehr existierte. Die Essenz wurde nicht abgeschöpft, er besaß stärkere Magie. Die schlechte war, dass der Kraftschlag bereits im Flug erlosch. Einfach so.
»Was …?«
Kurzerhand zeichnete er ein weiteres Symbol in die Luft. Die Essenz loderte rot. »Destrorum Absolutum.«
Nichts geschah. Der Zauber der absoluten Zerstörung hatte wie zuvor der Kraftschlag auf einen Teil der Wand abgezielt. In den Wänden musste es einen Dämpfungsmechanismus geben. Eine Art Permanentzauber, ermöglicht durch beständige Zufuhr an Essenz mittels Bernstein oder eines Artefaktes.
Er musste sich vergegenwärtigen, dass ohne den Wall eine Menge anders gelaufen war. Das betraf die Anwendung von Magie ebenso wie die Strukturen der magischen Welt. Falls der Rat irgendeine Art Schutzmacht aufgebaut hatte, die auch Zeitsprünge lokalisieren konnte, waren sie möglicherweise in Bedrängnis.
Als Kind hatten Chris und er alle möglichen Bücher verschlungen, in denen Autoren-Magier fiktive Szenarien eines unterschiedlichen Verlaufs der Geschichte skizziert hatten. Seine Granny stand da eher auf Krimis, in denen gewitzte Detektiv-Magier Verbrechen aufklärten. Seine Eltern … Der Gedanke brachte zu viel Schmerz mit sich. Doch auch sie mussten am Leben sein, anders konnte es Chris nicht geben. Und laut Moriarty gab es sie beide immer.
»Okay, ruhig bleiben.« Er atmete langsam ein und wieder aus. »Chris ist hier irgendwo. Und Mum und Dad ebenfalls. Eins nach dem anderen.«