Bruder Tier. Karl König

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Bruder Tier - Karl König Karl König Werkausgabe

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schon darben dagegen

      Andere Glieder, die Last des Übergewichtes vernichtet

      Alles Schöne der Form und alle reine Bewegung.

      Von den jungen Straußen und Kasuaren wird erzählt, wie anmutig sie sich noch bewegen. Je älter und größer die Tiere werden, je mehr «die Last des Übergewichtes» von Hals und Beinen hervortritt, umso gröber und plumper wird ihr Verhalten. Die Flügel und der Flug wurden von den Beinen und dem Laufen aufgezehrt. Um der Ausbildung der mächtigen Untergliedmaßen das Gleichgewicht zu halten, schob sich der Hals aus dem Leib heraus; und so entstand die jetzige Form. Diese Laufvögel leben (mit Ausnahme der Kiwis wieder und der in den Regenwäldern Nord-Guineas und Nordost-Australiens lebenden Kasuare) in der weiten Steppe. Sand, Sonne, kurzes Gras und Trockenheit sind ihre Umwelt. Die gewaltigen Madagaskar-Strauße (Aepyornithes) wurden, so meint Portmann, dadurch allmählich vernichtet, dass

      die fortschreitende Rodung des lichten, savannenartigen Waldes vieler Teile von Madagaskar die Tierwelt dieser Wälder immer mehr in die sumpfigeren, unzugänglicheren Urwaldgebiete verdrängt habe. Und: Die Riesenstrauße fielen in diesen sumpfigen Waldungen den Krokodilen zum Opfer.10

      Nicht nur das; das Lebensgebiet dieser Tiere war die Steppe und nicht der sumpfige Wald; deshalb starben sie dahin.

      Bei allen diesen Vögeln überwogen die Kräfte der trockenen Erde. Sie dörrten ihren Leib aus, verfeinerten das Federkleid, schlissen es auf, und der Flieger wurde zum Läufer. (Beim Kiwi ging die Kraft der Flügel in den überlangen, gebogenen Schnabel hinein.) Es ist bezeichnend, dass diese Tiere hauptsächlich auf der südlichen Erdhälfte leben. Sind sie aber nicht die richtigen Gegensätze zu den Pinguinen? Beiden Gruppen wurden die Flügel vom Schicksal gestutzt. Bei den Letzteren aber wurden Hals und Beine nicht ausgestreckt, sondern eingezogen. Jedem Pinguin sitzt der Kopf direkt auf der Brust und die Füße ragen wie kurze, törichte Stummel unter dem Bauch hervor. Hier dörrte nicht die Luft den Leib aus; im Gegenteil: Die Feuchte und die Dunkelheit füllte den Körper so aus, dass Beine und Hals in ihm verschwanden. Diese Gestalt erinnert an Walfisch, Seehund und Delphine. Die Glieder werden zu flossenartigen Anhängseln, weil die Rundung der Leiber, vom Fett geformt, ballonartig aufquillt.

      Im Norden sowohl als im Süden, wo Kälte, Dunkelheit und Wasser zu überwältigenden Kräften werden, entstehen Riesenalk und Pinguin als Gegenbild zu Strauß und Kasuar. Ist es uns heute noch möglich, das verborgene Rätsel in dieser Existenz zu erkennen?

      Der Jahreskreislauf

      In den letzten Jahrzehnten ist das Verhalten großer Pinguin-Kolonien sehr eingehend studiert worden. Dabei ergab sich, dass der Rhythmus des Kommens und Gehens für die einzelnen Arten verschieden ist. So kehren z. B. die von Kearton studierten Eselspinguine auf der Dassen-Insel, nördlich von Kapstadt, zweimal im Jahr ein, im März und im September; und beide Male kommt es zur Eiablage, zur Bebrütung und zum Auskriechen von Jungen. Diese Pinguine legen auch meistens zwei Eier, was im Gegensatz zu den anderen Arten steht, die gewöhnlich nur ein einziges Ei produzieren.

      Die neuerdings von einer französischen Forschergruppe11 studierten Kaiserpinguine wählen gerade den antarktischen Winter, die mörderischste Jahreszeit, die es gibt, zur Brutpflege und Aufzucht der Jungen. Man kann hier kaum mehr von einem Instinkt sprechen, welcher der Erhaltung der Art zu dienen scheint. Die Männchen und Weibchen beginnen im April und Mai auf den Eishochflächen der Antarktis zu erscheinen. Die Zeit der völligen Polarnacht, die Periode der schlimmsten Orkane und der eisigsten Kälte wird ohne jegliche Nahrungsaufnahme, in rührender Hingabe an die eben geborenen Kleinsten hingebracht.

      Die meisten anderen Arten brüten, soweit es uns bekannt ist, während des antarktischen Frühjahrs und Sommers. Es lässt sich daher kein einheitlicher Lebensrhythmus für das Pinguingeschlecht nachweisen. Die verschiedenen Arten haben ihre individuellen Perioden des Wanderns. Es ist aber zweifellos, dass das Auftauchen der Pinguine auf ihren Brutplätzen mit der Rückkehr aller anderen Zugvögel in die Heimat zu vergleichen ist. Das Brüten ist für die Pinguine die Zeit der Arbeit und des Wachens. Es ist Liebe, Geburt und Kampf, die sie in diesen Monaten durchleiden; und erst wenn sie wieder in die wässerigen Traumlande des Meeres zurückkehren, beginnt die Freude und das Spiel. Was für die Vögel unserer Regionen «der Süden», das ist für die Pinguine «das Meer». Sie sind Vögel, die nicht nur ins Wasser gefallen sind, sondern die sich das Wasser als ihr Paradies erkoren haben. Sie streben so nach dem Wasser, wie die anderen Vögel ihr fernes Traumland zu erreichen trachten. Auf dem Lande aber versuchen sie, obwohl sie nicht fliegen können, sich wie alle anderen Vögel zu verhalten. Sie zeigen vogelartige Gesten und Gebräuche der vorhochzeitlichen Zeit. Sie bauen die verschiedensten Nester, sind durch Jahre hindurch monogam und auf die Brutpflege besonders bedacht. Diese Vogel-Verhaltensweisen sind bei den Pinguinen noch gesteigert, oft sogar karikiert und ins Bizarre verzogen. Da sie aufrecht gehen, kommt es in der Werbe- und Brautzeit zu richtigen Kussszenen, bei denen das Paar die Schnäbel aneinanderreibt und auch die Köpfe aneinanderschmiegt. Das junge Männchen breitet oft die Flügelstummel aus und versucht, sein Weibchen zu umarmen. Dabei werden alle möglichen Laute, Schreie und bellende Töne ausgestoßen.

      Der Nestbau wird von beiden Partnern gemeinsam durchgeführt. Erst arbeitet der eine, und wenn er müde ist, kommt der andere daran, bis nach Tagen das Gehege (meistens eine Vertiefung im Boden, die einer kleinen Höhle gleicht) fertig ist. Dann steigen nach getaner Arbeit Mann und Frau gemeinsam zum Strand herunter und haben dort ihr Bad und ihre Abendmahlzeit. Dann trifft man sich zu einer Plauderstunde mit seinen Bekannten, flaniert die Hauptstraßen entlang, um endlich ins neugebaute Haus zurückzukehren.

      Das nach drei bis vier Wochen gelegte Ei wird mit Erstaunen und Freude begrüßt, und wieder sind es beide Eltern, die das Geschäft des Brütens abwechselnd miteinander besorgen. Es ist eine Zeit der Gefahr und Bedrohung. Räuberische Möwen lauern überall darauf, die kostbaren Eier zu stehlen und zu verspeisen. Nur etwa die Hälfte aller Küken kriechen aus, und auch diese werden in großer Zahl noch Opfer der Feinde und unwirtlichen Lebensbedingungen. Für die Kleinen der Kaiserpinguine gibt es kein Nest. Das Ei wird in einer Bauchfalte aufgehoben und ausgebrütet, und das Pinguinkind hockt durch Wochen auf den Füßen des Vaters, von dessen Bauch überwölbt, geschützt und gewärmt. Die Mutter ist fern, irgendwo in den Gewässern, um sich neue Kräfte anzuessen. Die Väter aber stehen zu Hunderten und Tausenden in der eisigen Polarnacht dicht aneinandergedrängt, um den vernichtenden Todesstürmen standzuhalten. Sie bilden ganze Trauben von Pinguinen, die sich gegenseitig das letzte Maß an Wärme, das ihnen geblieben ist, zuführen. Wenn die Jungen schlüpfen, kehren die Mütter vom Meer zurück, während die abgemagerten Väter jetzt dorthin gehen, um sich erneut Kräfte anzuessen. Am Boden dieser Vogel-Traube hocken die kleinen, fast federlosen Pinguinkinder und warten auf den Strahl der nach Wochen wiederkehrenden Sonne. Das Leben der Pinguine ist nicht nur Spiel und Lust. Wenn sie an Land sind, dann tragen sie ihr Vogelschicksal gleich einer schmerzlich lastenden Erinnerung mit sich, und Qual und Not sind ihr Teil.

      Sie müssen einmal ihr Vogel-Dasein fortgeworfen haben, um ein anderes, ein besseres Leben vielleicht, zu erwerben. So tauchen sie ins Meer, müssen dafür aber ein- oder gar zweimal im Jahr ihrer Verzauberung entraten, um sich ihrer Vogel-Existenz schmerzlich zu erinnern. Kearton beschreibt, dass die einige Wochen alten Pinguine noch große Scheu vor dem Wasser hätten und nur mit der größten Mühe und Geduld der Eltern dazu gebracht werden, die ersten Tauch- und Schwimmversuche zu machen. Er fügt aber noch etwas hinzu:

      Manchmal scheinen sie merkwürdigerweise das Gefühl zu haben, ihre Flossen wären Flügel und mit ein wenig Übung könnten sie sicher fliegen. Jedenfalls habe ich oft beobachten können, wie junge Vögel in deutlichem Bemühen mit den Flossen schlugen, als wären sie überzeugt, dass man es so machen müsste … Diese Versuche sieht man so häufig, dass es sich meiner Meinung nach nicht nur um Entspannung der Muskeln handeln kann. Vielleicht ist es ein Vermächtnis aus früheren

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