Die Rentenberatung. Wolfgang Wehowsky
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Mütter bzw. Anspruchsberechtigte, die am 31.12.2018 noch nicht Rentenbezieher waren, erhalten für Kinder, die vor dem 01.01.1992 geboren sind, zusätzliche 6 Monate an Kindererziehungszeit (KEZ). Für ein Kind werden somit insgesamt 30 Monate berücksichtigt. Die Anrechnung erfolgt bei dem Elternteil, dem die Kindererziehungszeit zugeordnet ist. Die weitere KEZ wird automatisch dem Rentenkonto gutgeschrieben, in dem bereits eine Kinderberücksichtigungszeit bis zum 24. Kalendermonat angerechnet wurde.
Neurentner/innen ab 01.01.2019 erhalten die Anhebung der Mütterrente bereits mit der ersten Rentenauszahlung. Bei Bestandsrentner/innen (Rentenzahlung bereits vor 2019) führen die Zuschläge an persönlichen Entgeltpunkten rückwirkend zum 01.01.2019 zu einer Erhöhung der Rente. Die Auszahlung der Mütterrente II erfolgt ab März 2019.
Neuregelung für Bestandsrentner, die noch keine Mütterrenten-Zuschläge ab 01.07.2014 erhalten haben bzw. ab 01.01.2019 erhalten werden (z.B. bei Adoptiveltern oder bei Auslandsaufenthalt der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt und späterer Rückkehr ins Inland). Diese Personen haben als Rentenbezieher bislang keine Mütterrente I und II erhalten, weil für eine Bewilligung auf den Erziehungstatbestand im 12. bzw. jetzt 24. Kalendermonat abzustellen war. Hier besteht jetzt die Möglichkeit entsprechende Erhöhungs-Entgeltpunkte ab 01.01.2019 zu beantragen. Allerdings darf die Kindererziehungszeit nicht schon bei anderen Berechtigten angerechnet worden sein. Pro Kalendermonat KEZ werden 0,0833 persönliche Entgeltpunkte erworben. Bei späterer Antragstellung gilt § 44 Abs.4 SGB X. Danach werden Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren – frühestens jedoch ab 01.01.2019 – vor der Antragstellung erbracht.
Bei der Erwerbsminderungsrente (EM) und bei Renten wegen Todes verlängert sich die Zurechnungszeit (§§ 59, 253a SGB VI) im Falle eines Rentenbeginns ab 01.01.2019 oder bei einem Todesfall ab 2019 bis zu der in dem jeweiligen Kalenderjahr geltenden Regelaltersgrenze. Beginnt eine EM-Rente z.B. ab 01.01.2019 erhält der Versicherte eine Zurechnungszeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres plus 8 Monaten. Ein Rentenbeginn 2020 erhöht die Zurechnungszeit auf 65 Jahre plus 9 Monate usw. Dadurch entwickelt sich bei gleichzeitigem Rentenanspruch auf eine EM-Rente und auf eine vorzeitige Altersrente die Rente wegen Erwerbsminderung grundsätzlich zur höchsten Rente. Während bei Altersrenten die Anrechnung rentenrechtlicher Zeiten mit dem Kalendermonat vor dem Rentenbeginn endet, wird die Zurechnungszeit bei einer EM-Rente bis zur jeweiligen Regelaltersgrenze berücksichtigt. Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2031 wird die Zurechnungszeit bis zum vollendeten 67. Lebensjahr angerechnet. Im Schnitt erhöht sich dadurch die Rente um monatlich 70 €. In Einzelfällen kann die Rentenbetragsdifferenz weit über 100 € hinausgehen.
Bei einem Beginn der EM-Rente im Jahr 2019 ist eine ungekürzte Rente (mit Rentenzugangsfaktor 1,0) ab Vollendung des 64. Jahres und 2 Monaten möglich. Wer mit 61 Jahren und 2 Monaten oder früher einen Anspruch auf EM-Rente erwirbt. hat einen Abschlag von 10,8 Prozent (Rentenzugangsfaktor 0,892) hinzunehmen. Wer allerdings bei einem Rentenbeginn oder Tod des Versicherten vor dem 01.01.2024 mindestens 35 Jahre an Versicherungszeiten (§§ 51 Abs.3a und 4, 52 Abs.2 SGB VI) nachweisen kann, dem werden die bis 31.12.2011 geltenden Altersgrenzen von 60 und 63 nicht angehoben. Ab dem 01.01.2024 sind dann für diese Ausnahmeregelung 40 Versicherungsjahre notwendig.
Bis 2025 wird die Rentenanpassungsformel um eine Niveausicherungsklausel ergänzt. Das Sicherungsniveau hat danach bei 45 Entgeltpunkten (Standardrentner) mindestens 48 vom Hundert vor Steuern zu betragen. Ein Ausgleichsbedarf für mögliche Rentendämpfungen (wie z.B. 2005 und 2010 – im Westen: -3,81 Prozent und im Osten: -1,83 Prozent aufgrund Absinkens der durchschnittlichen Arbeitsverdienste durch konjunkturelle Schwankungen) wird – selbst nachträglich – faktisch bis zum 30.06.2026 ausgeschlossen.
Die Haltelinie beim Beitragssatz zur Rentenversicherung beträgt von 2019 bis 2025 zwischen 18,6 (darf nicht unterschritten werden) und höchstens 20 Prozent (darf nicht überschritten werden). Ab 01.07.2019 ergibt sich eine Änderung beim bisherigen Midi-Job.
Aus „Midi-Job“ und „Gleitzone“ wird „Übergangsbereich“. Arbeitnehmer zahlten bislang bei einem monatlichen Arbeitsentgelt von 450,01 € bis 850 € verringerte Arbeitnehmerbeiträge. Der Übergangsbereich umfasst nun ein sozialversicherungsrechtliches Arbeitsentgelt von bis zu 1.300 €. Neu ist, dass das vom Arbeitgeber gemeldete volle Entgelt für die Rentenberechnung zugrunde gelegt wird. Die Beitragsentlastung der Arbeitnehmer bleibt erhalten bzw. wird ausgeweitet. Die Differenz zum vollen Arbeitnehmerbeitrag trägt jetzt die Solidargemeinschaft. Ein Verzicht ist somit nicht mehr möglich.
Weitere Veränderungen in der Sozialversicherung ab 01.01.2019
Paritätische Zahlung des Zusatzbeitrages zur gesetzlichen KV; dies bedeutet für Rentenbezieher eine Erhöhung ihrer Nettorente um 0,45 Prozent. Bei Empfängern eines Beitragszuschusses zu einer freiwilligen oder privaten Krankenversicherung steigert sich der Beitragszuschuss ebenfalls um 0,45 Prozent.
Der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung steigt von 2,55 Prozent auf 3,05 Prozent (bei Kinderlosen von 2,8 Prozent auf 3,3 Prozent). Diese Erhöhung ist von den Rentenbeziehern – soweit sie Mitglied in der gesetzlichen Pflegeversicherung sind – in vollem Umfang zu tragen.
Praktische Beispiele zu wichtigen Rechtsänderungen durch das Rentenpaket II ab 01.01.2019
Kindererziehungszeiten (KEZ) für Geburten vor 01.01.1992 (§§ 249, 307d SGB VI)
Kind 1 geb. am 12.03.1985, Kind 2 geb. am 24.01.1991, Rentenbeginn ab 2019
Kindererziehungszeit für Kind 1 vom 01.04.1985 bis 30.09.1987
Kindererziehungszeit für Kind 2 vom 01.02.1991 bis 31.07.1993
Die Versicherte erhält für jedes Kind jeweils 30 Monate KEZ.
Frau D. bezieht seit 01.09. 2011 eine Frauenaltersrente mit einem Abschlag von 18 Prozent. Die bei der Rentenberechnung angerechnete Kindererziehungszeit für ein Kind aus dem Jahr 1982 umfasst 12 Monate und wird mit 0,8197 persönlichen Entgeltpunkten berücksichtigt. Dieser Wert ergibt sich aus 0,9996 Entgeltpunkten für ein Jahr KEZ minus 18 Prozent. Ab 01.07.2014 erhält Frau D. aufgrund der Mütterrente I eine Erhöhung ihrer Altersrente um einen (1,0) persönlichen Entgeltpunkt.
Ab 01.01.2019 erhält Frau D aufgrund der Mütterrente II eine weitere Erhöhung ihrer Altersrente um 0,5 persönliche Entgeltpunkte.
Frau Z. beantragt am 25.11.2020 die Bewilligung einer Mütterrente für ihr Adoptivkind Evelyn geb. 19.06.1990 nach § 307d Abs. 5SGB VI. Es wurde von ihr im 25. Lebensmonat adoptiert.
Rentenbeginn am 01.05.2018. Evelyn wurde am 19.06.1990 geboren und im 25. Lebensmonat adoptiert. Bis zum 25. Lebensmonat konnten keine Kindererziehungszeiten oder Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung angerechnet werden. Ein Zuschlag nach § 307d Abs. 1a konnte für dieses Kind nicht berücksichtigt werden, da im 24. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt keine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung angerechnet wurde.