PLATON - Gesammelte Werke. Platon

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PLATON - Gesammelte Werke - Platon

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Überlege es nur so. Wenn dich jemand fragte: Wer glaubst du wohl kann richtiger Namen beilegen, die Vernünftigeren oder die Unvernünftigeren?

      Hermogenes: Offenbar die Vernünftigeren, würde ich sagen.

      Sokrates: Scheinen dir nun wohl die Weiber die Vernünftigeren in der Stadt zu sein oder die Männer, wenn man es so im Allgemeinen sagen soll?

      Hermogenes: Die Männer.

      Sokrates: Nun weißt du doch Homeros sagt das Söhnchen des Hektor sei von den Troern Astyanax genannt worden; also Skamandrios wohl von den Weibern, wenn die Männer ihn Astyanax nannten?

      Hermogenes: So scheint es ja.

      Sokrates: Nun hielt doch auch Homeros wohl die Troer für verständiger als ihre Weiber?

      Hermogenes: So glaube ich wenigstens.

      Sokrates: Also glaubte er, der Knabe hieße richtiger Astyanax als Skamandrios.

      Hermogenes: Das ist deutlich.

      Sokrates: Laß uns denn zusehn, weshalb wohl. Oder gibt er uns selbst das Warum am besten an die Hand? Er sagt nämlich, denn er allein beschirmte die Stadt und die türmenden Mauern. Darum mag es ganz Recht sein des Beschützers Sohn Astyanax Stadtherrn zu nennen dessen was sein Vater beschützte, wie Homeros sagt.

      Hermogenes: Das leuchtet mir ein.

      Sokrates: Wie so denn? ich selbst verstehe es ja jetzt noch nicht recht, und du verstehst es?

      Hermogenes: Nein, beim Zeus, ich auch nicht.

      (393) Sokrates: Hat etwa, du Guter, auch dem Hektor selbst Homeros seinen Namen beigelegt?

      Hermogenes: Wie so?

      Sokrates: Weil es mir damit fast eben so zu sein scheint wie mit dem Astyanax, und diese Namen ganz hellenischen gleichen. Denn Anax, Herr, und Hektor, Inhaber, bedeuten fast dasselbe, und scheinen beides königliche Namen zu sein. Denn worüber einer Herr ist, davon ist er auch Inhaber; denn offenbar beherrscht er es und besitzt es und hat es. Oder scheine ich dir nichts zu sagen und täusche mich, indem ich glaube die Spur ausgefunden zu haben von Homeros Meinung über die Richtigkeit der Benennungen?

      Hermogenes: Nein, beim Zeus, das nicht, wie mich dünkt, sondern du hast wahrscheinlich wohl etwas gefunden.

      Sokrates: Recht ist es wenigstens, wie mir scheint, eines Löwen Abkömmling Löwen zu nennen, und eines Pferdes Abkömmling Pferd. Nicht so meine ich es, wenn, als ein Wunder, einmal von einem Pferde etwas anderes geboren würde als ein Pferd; sondern was einer Gattung Abkömmling ist der Natur nach, das meine ich, so daß, wenn ein Pferd widernatürlich ein Kalb geboren hätte, was seiner Natur nach Abkömmling eines Stieres ist, man dies auch nicht Füllen nennen müßte, sondern Kalb. Eben so wenig, meine ich, müßte man, wenn von einem Menschen geboren würde nicht eines Menschen Abkömmling ist, sondern ein anderer, diese Ausgeburt Mensch nennen. Und eben so mit Bäumen und allem anderen. Oder dünkt dich nicht so?

      Hermogenes: Mich ebenfalls.

      Sokrates: Wohl gesprochen. Hüte mich nur, daß ich dich nicht übervorteile. Denn nach demselben Verhältnis muß nun auch was von einem Könige geboren wird König genannt werden. Ob aber in solchen oder in anderen Silben dasselbe angedeutet wird, daran liegt nichts, auch nicht ob ein Buchstabe zugesetzt oder weggenommen wird, auch das ist keine Sache, so lange nur das Wesen des Dinges im Besitz ist sich durch den Namen zu offenbaren.

      Hermogenes: Wie meinst du das?

      Sokrates: Gar nichts besonderes, sondern wie du weißt, daß wir auch die Buchstaben mit Namen nennen, und nicht unmittelbar sie selbst, die bekannten Selbstlauter ausgenommen, den übrigen aber, Selbstlautern und Mitlautern, weißt du wohl, fügen wir noch andere Buchstaben bei, und bilden einen Namen daraus. Allein so lange wir nur die Eigentümlichkeit des Buchstaben mit hineinbringen, und sie sich darin zeigt, ist es ganz recht ihn bei diesem Namen zu nennen, der ihn uns zu erkennen gibt. Wie beim Zet, siehst du wohl, daß die Hinzufügung dieses e und t keinen Schaden tut, daß sich nicht dennoch durch den ganzen Namen die Natur jenes Buchstaben kundgeben sollte, den der Gesetzgeber wollte. So gut verstand er den Buchstaben ihre Namen beizulegen.

      Hermogenes: Du scheinst mir Recht zu haben.

      Sokrates: Ist es nun nicht mit dem Könige eben so? Denn von einem Könige kommt doch ein König, von einem Guten (394) ein Guter, von einem Schönen ein Schöner, und so in allem übrigen, aus jedem von einer Gattung ein eben solcher Abkömmling, wenn kein Wunder geschieht. Also ist dieser mit demselben Namen zu benennen, abwechseln aber kann man mit den Silben, so daß es dem Unkundigen scheint, als hätte jeder einen andern Namen, ungeachtet es dieselben sind, so wie uns die Mittel der Ärzte durch färbende und riechende Stoffe vermannichfaltigt andere zu sein scheinen, obgleich sie dieselben sind; der Arzt aber, welcher nur auf die Kraft der Mittel sieht, erkennt sie als dieselben und läßt sich nicht irre machen durch die Beimischungen. Eben so sieht auch wohl, wer sich auf die Wörter versteht, nur auf das Bedeutsame als ihre Kraft, und wird nicht irre, wenn wo ein Buchstabe hinzugetan oder weggenommen oder versetzt ist, oder wenn auch in ganz andere Buchstaben die Kraft des Wortes gelegt ist. So haben in unserm jetzigen Beispiel Astyanax und Hektor gar keinen Buchstaben gemein als nur das t, und bedeuten doch einerlei. Auch Archepolis, der in der Stadt regiert, wieviel hat es wohl von den Buchstaben der vorigen, und bedeutet doch dasselbe? Und so gibt es noch viele andere Benennungen, die alle einen König anzeigen, und wiederum andere einen Heerführer, wie Agis, Führer, Polemarchos, Kriegesherr, Eupolemos, Gutkrieg. Andere sind ärztlich wie Iatrokles, Helfrich, und Akesimbrotos, Heilmann, und so könnten wir noch mehrere finden, die in Buchstaben und Silben ganz ungleich klingen, der Bedeutung nach aber dasselbe aussprechen. Scheint es dir so oder nicht?

      Hermogenes: Allerdings.

      Sokrates: Das naturgemäß entstandene also muß auch denselben Namen empfangen.

      Hermogenes: Freilich.

      Sokrates: Wie aber was widernatürlich nach Art eines Wunders entstanden ist? wie wenn von einem guten und frommen Manne ein Gottloser abstammt? nicht auch, wie vorher wenn ein Pferd geboren hätte was eigentlich von einem Stier abstammt, uns dies nicht nach dem Erzeugenden seine Benennung erhalten durfte, sondern nach der Gattung, der es angehört?

      Hermogenes: So war es.

      Sokrates: So auch der von dem Frommen abstammende Ruchlose muß seinen Namen erhalten von seiner Art?

      Hermogenes: Allerdings.

      Sokrates: Also nicht Gottlieb, wie es scheint, auch nicht Fürchtegott oder dergleichen etwas, sondern was das Gegenteil hiervon bedeutet, wenn anders Richtigkeit in der Benennung sein soll.

      Hermogenes: Auf alle Weise, Sokrates.

      Sokrates: So scheint auch Orestes, wenn du an Oreinon denkst, ganz richtig genannt zu sein, es sei nun, daß ihm ein Zufall den Namen beigelegt, oder auch

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