Das Wunder der Heilung. Patric Pedrazzoli
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Also sagte ich zu und am Morgen danach trat ich früh aus meinem Schlafzimmer direkt in den Yogaraum, um mitzumachen. Yogi gab das Yoga. Ich setzte mich und versuchte, die vorgegebenen Übungen zu machen. Alle anderen konnten es recht gut, nur ich fühlte mich wie eingerostet und konnte nicht einmal meine Zehen berühren. Vermutlich hatte ich wohl die letzten Jahre zu viel Zeit auf dem Sofa verbracht. Nach dem Yoga fühlte ich mich sehr gut, so, als ob ich Bäume ausreißen könnte. Ich beschloss daher, ab jetzt jeden Tag zum Yoga zu gehen, um mich zu entrosten, und erst danach mit Pati und Hanumann weiter zu philosophieren über das Leben und den Tod, über Gott und die Welt.
Eines Morgens blieb ich nach dem Yoga noch länger im Ashram und Yogi saß neben mir. Einer der Schüler hatte mir erzählt, das Yogi auch Handlesen könne, daher streckte ich ihm spontan meine Hand zu. Er schaute meine Linien an und erzählte mir dann einiges über mein Leben. Es war sehr spannend, was dieser kleine unscheinbare Mensch alles über mich wusste, nur dadurch, dass er sich meine Hand ansah. Er zeigte mir ein M in meiner Hand und sagte, das wäre ein magisches M. Ich fand das alles sehr spannend, wusste aber nicht, was das bedeutet und nahm daher spontan seine Hand und sah das gleiche M bei ihm. Plötzlich flossen aus meinem Mund die Worte: »O, you are my master«. (oh, du bist mein Meister). Sogleich antwortete er: »Yes, I am and I give you your spiritual name.«. (Ja, das bin ich und ich gebe dir deinen spirituellen Namen.) Ich hatte den Eindruck, als ob er das schon seit dem ersten Tag meiner Ankunft gewusst hätte und so lange geduldig gewartet hatte, bis ich ihn zu meinem Meister erkor. Nun hatte ich einen Meister (Yoda, meinen Jedi-Meister), wusste aber eigentlich noch gar nicht wofür.
In der kommenden Nacht wachte ich plötzlich halb auf und halb im Schlaf tanzten große farbige Mandalas vor meinen Augen, beschrieben mit Sanskritwörtern (Kraftbilder mit Inschriften indischer Yogis), das dauerte etwa eine Stunde und danach schlief ich wieder ein. Am nächsten Morgen konnte ich mich an keines der Bilder erinnern oder es verstehen, aber es kam mir wie eine Einweihung vor, nur in und für was? Ich entschloss mich dann, mit dem Meditieren anzufangen, obwohl ich keine Ahnung hatte, wie das geht. Ich setzte mich einfach abends hin und dachte über Themen wie Freunde und Freundinnen, Lehrer, Verwandte, Erlebnisse usw. nach, schaute mir in Gedanken alles an, was war positiv, was konnte ich davon mitnehmen, und was war negativ und was konnte ich davon verzeihen und loslassen. Nach jedem Thema atmete ich tief ein und aus und es fühlte sich jedes Mal so an, als würde Ballast abgeworfen; mehr oder weniger Ballast je nach Thema. Ich nahm mir vor, sobald ich diese Themen abgeschlossen hätte, würde ich zum Abschluss ein heiliges Bad zur spirituellen Reinigung im Ganges nehmen.
Naga Babas und Yogis
Innerhalb der Kumbh Mela badeten an astrologisch bestimmten Tagen Hunderttausende oder Millionen Pilger im Heiligen Fluss Ganges. Heute war wieder so ein Tag und ich beschloss, nach Haridwar zu fahren, das circa 24 Kilometer von Rishikesh entfernt liegt. In Haridwar angekommen, lief ich lange durch die Straßen und nahm die verschiedensten Eindrücke von Pilgern auf. Da kamen ganze Familien in ihren schönsten Kleidern bis hin zu Bettlern, Familien mit Kranken, einige im Rollstuhl oder auf Liegen, ganz alte Leuten saßen auch auf dem Boden und das alles auf engstem Raum.
Auf einmal fühlte ich eine gewaltige Energie in mir und ich begann zu laufen, so viel Power auf einmal hatte ich noch nie gespürt. Ich lief parallel zu einer abgesperrten Zone, die mit einem Zaun und Tausenden von Polizisten vom normalen Publikum abgesperrt war. Plötzlich sah ich sie zu Tausenden: die Naga Babas (das heißt: mit nichts als einem Lendenschurz und heiliger Asche bekleidete Sadhus, heilige indische Mönche, die während der ganzen Kumbh Mela zugegen sind und aus den entlegensten Orten Indiens zusammenkommen), die Meister und Yogis, die zum Teil seit Jahrzehnten nicht aus ihren Höhlen oder aus dem Himalaya gekommen waren. Die seit Jahrzehnten am Meditieren waren, abgeschieden von allen Menschen und der Zivilisation, manche wie Tiere, manche ganz edel aussehend, doch ein Leuchten ging von ihnen allen aus. Einige hatten Rastahaare bis zum Boden, manche hatten zur Feier des speziellen Baderituals im Ganges die Haare geschnitten. Sie alle kamen, ohne dass man sie gerufen hätte, sie waren nur einem inneren Ruf gefolgt, an diesem Tag ihre Höhlen zu verlassen, um zu baden und sich spirituell zu reinigen, um danach wieder zurückzukehren. Das war ein wahnsinniges Erlebnis und ein gewaltiges Energiebeben in mir.
Manche Yogis waren absichtlich verkrüppelt, um symbolisch das Leid der Menschheit und der Erde zu tragen und manche aus anderen spirituellen Gründen. Wieder andere hatten ein Bein hochgebunden, und dies seit Jahrzehnten. Ich dachte noch, wie kann man sich so etwas antun und warum? Einige, so schien es, liefen gar nicht mehr auf dem Boden, sondern schwebten leicht darüber. Es gab alles, was man sich nur vorstellen kann, und auch was jenseits jeder Vorstellung ist. Doch da waren sie. Yogis mit unermesslichen Kräften und speziellen Fähigkeiten, den Siddhi (Fähigkeiten wie, sich an anderen Orten zu materialisieren, an verschiedenen Orten gleichzeitig zu sein, übers Wasser zu laufen, Knochenbrüche und unheilbare Krankheiten durch eine Berührung zu heilen und vieles Unglaubliche mehr). Da würden wir im Westen von Wundern sprechen und von Dingen, die unmöglich sind. Ich sage euch, diese Kräfte gibt es wirklich, auch wenn ich das damals noch nicht glauben konnte. Der Zug der Yogis hatte mich so in den Bann gezogen, ich war wie hypnotisiert, setzte mich nieder und schaute stundenlang zu, mich faszinierte dieser Anblick.
Am Abend fuhr ich, überflutet von Eindrücken, zurück nach Rishikesh in meinen kleinen Ashram, um alles Erlebte und Erfahrene zu verdauen. Die Eindrücke waren gigantisch für mich. So vieles, von dem ich geglaubt hatte, dass es nicht möglich sei, hatte ich heute gesehen und erlebt. Das Erlebte setzte wiederum eine gigantische Transformation bei mir in Gang. Es zerstörte mein bisheriges Bild vom Leben und der Welt. Es war sehr intensiv und gleichzeitig auch sehr sanft und liebevoll, trotzdem musste ich es erst einmal verarbeiten.
Versöhnung mit meiner Familie
Ich war nun bald einen Monat in Rishikesh und Ostern stand vor der Tür. Ich ging weiterhin morgens zu Yogi ins Yoga, tagsüber zum Philosophieren ins Swiss Cottage und abends vor dem Schlafen meditierte ich. Es kam der Gründonnerstag, ich meditierte über meine Mutter und versöhnte mich wie immer am Ende der Meditation mit ihr. Danach schlief ich ein. Am nächsten Morgen wachte ich auf und machte einen Spaziergang. Gegen Mittag überkam es mich dann, mir wurde schlecht und ich bekam Fieber. Irgendetwas musste raus und wurde innerlich verbrannt und aufgelöst. Am Abend ging es mir schon ein wenig besser und ich konnte im Bett über meinen Vater meditieren. Da hatte sich so einiges bei mir angestaut, da unser Verhältnis nicht immer das Beste war, eigentlich ganz normal bei einem pubertierenden Jungen, dass es da nicht einfach ist zwischen Vater und Sohn, aber ich konnte auch da viel loslassen.
Am nächsten Morgen erwachte ich wiederum ganz frisch, jedoch holte mich auch an diesem Tag die Meditation des Vorabends ein und ich bekam wieder hohes Fieber, so hoch, dass ich am Abend kaum im Sitzen meditieren konnte. Während ich also im Schneidersitz dasaß, kippte ich immer wieder seitlich auf meine Rippen. Ich meditierte an dem Abend über Gott, ihn hatte ich bisher vergessen. In der Schule hatte ich noch öfter an ihn gedacht, auch war er mir über die spannenden Geschichten von Jesus immer sehr nahe gewesen. Danach kamen die Zeiten, in denen die Mädchen und der Ausgang viel wichtiger wurden, sodass ich ihn nach und nach vergessen hatte. Auch mit ihm machte ich zum Schluss mein Versöhnungsritual, danach schlief ich ein.
In der Nacht erwachte ich mit den schlimmsten Bauchkrämpfen, die ich je hatte, und das über Stunden. Mein Körper litt Höllenquallen, doch innerlich fühlte ich mich immer freier und unberührter gegenüber meinem Körper. Ich spürte ihn zwar, merkte jedoch ganz genau, dass mein Wesen und der Körper nicht dasselbe sind, sondern dass ich in diesem Körper wohne, aber ansonsten vollkommen losgelöst von ihm bin.
Meine Freunde aus dem Swiss Cottage hörten von meinem Leid, machten sich Sorgen und kamen vorbei. Als sie mich sahen, wollten sie mich sofort ins