Stressfrei glücklich sein. Alain Sutter

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Stressfrei glücklich sein - Alain Sutter страница 4

Stressfrei glücklich sein - Alain Sutter

Скачать книгу

bewusst geworden und ich konnte meine Sensibilität langsam, aber sicher mit wahrem Selbstvertrauen paaren – was schließlich zu einer immer größeren inneren Stabilität und Stärke führte, die es mir mehr und mehr erlaubte, mein Leben zu genießen. Ohne dass sich an der Erfolgsgesellschaft auch nur das Geringste geändert hätte, war es mir so möglich, Stück für Stück freier, glücklicher und zufriedener mit mir und meiner Welt zu werden, meine Bedürfnisse in Vorlieben zu verwandeln und allmählich meine Erwartungen gegenüber anderen loszulassen.

      Glücklich, weil erfolgreich

      Wir leben in einer Gesellschaft, in der es wichtig ist, dass nach außen alles gut und schön aussieht. Doch wie üblich, liegt die Wahrheit hinter diesen Fassaden. Und die Abhängigkeit von Erfolg, Aufmerksamkeit, Anerkennung, Lob und Bestätigung anderer löscht mit der Zeit sämtliche Freude und Begeisterung in unseren Herzen aus. In der Gesellschaft der Berühmten und Erfolgreichen frage ich mich, weshalb man auch hier, bei denen, die doch alles haben, was in unserem Wertesystem als erstrebenswert gilt, so vielen fröhlichen Gesichtern mit traurigen Herzen begegnet? Weshalb gibt es auch in diesem Gesellschaftssegment eine große Anzahl von Menschen, die ein Drogenoder Alkoholproblem haben, unter Depressionen, Burn-out oder anderen Stresskrankheiten leiden, ja gar ernsthaft suizidgefährdet sind?

      Erst nach meiner Zeit als Fußballer wurde mir klar, weshalb das so ist. Auf einiges war ich schon während meiner Karriere aufmerksam geworden, denn ich hatte mich ja bereits in jungen Jahren innerhalb dieser Kreise bewegt und war einer von ihnen. Doch welche Zusammenhänge und Mechanismen hier greifen und wie groß meine eigene emotionale Abhängigkeit von der Aufmerksamkeit, Anerkennung und Bestätigung anderer war, wurde mir erst nach meiner aktiven Fußballzeit bewusst.

      Deshalb war dieser Lebensabschnitt, auch wenn es nicht einfach war, ihn mit all seinen Herausforderungen zu bewältigen, für mich so wertvoll.

      Das Ende meiner Karriere

      Nach dem Ende meiner Karriere zog ich mich komplett aus der Öffentlichkeit zurück. Ich lebte in Miami, wo mich niemand kannte. Absichtlich ging ich keiner geregelten Tätigkeit nach. Ich brauchte Ruhe, Zeit und freien Raum, denn ich spürte, wie wichtig es für mich war, mein bisheriges Leben zu verarbeiten und mir über einige Dinge klar zu werden. Es war Zeit, meine Verwirrung zu entwirren. Ich startete meine Lehre und mein Forschungsvorhaben im spannendsten Unternehmen unseres Planeten: dem Leben.

      Die erste Zeit habe ich uneingeschränkt genossen. Frei und unbeobachtet zu sein, keine Verpflichtungen zu haben, keine Erwartungen mehr erfüllen zu müssen, zu tun und zu lassen, wann und was immer ich wollte, ein paar Schritte gehen und schon im Meer baden. Golf spielen, ausgehen, lesen, shoppen, reisen …

      Ein Leben, wie »man« es sich erträumt. Und ich war mir zunächst auch sicher, das sei mein gelebter Traum, denn ich wünschte mir nichts sehnlicher, als nach 13-jährigem hektischem Fußballer-Leben im Glashaus der Öffentlichkeit etwas Ruhe zu finden. Doch das Erwachen kam rasch. Die Ruhe und das Nichtstun wurden bald schon zur großen Belastung. Meine ganz persönliche Lebenskrise begann.

      Denn ich war vorher überzeugt davon, dass sich dieses allgemein bekannte Loch, in das so viele Sportler nach ihrer Karriere fallen, für mich nicht auftun würde. War ich doch einer, der sich schon während seiner Karriere viele Gedanken über die Mechanismen, die als Fallgrube nach der Karriere lauerten, gemacht hatte. Trotzdem war ich absolut nicht vorbereitet auf den emotionalen Entzug, der auf mich wartete und mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte.

      Mein Fußballer-Dasein hatte jede Woche zwei bis drei emotionale Höhepunkte für mich bereitgehalten, dann nämlich, wenn ich in die Stadien einlief und mich die Aufmerksamkeitswelle der Zuschauer überrollte. Diese Aufmerksamkeit, gepaart mit der Bedeutung, die ich diesen Ereignissen beimaß, führte zu ungeheuer intensiven Momenten emotionaler Glücksgefühle. Hormon-Cocktails, die im normalen Alltag nicht existieren.

      Diesbezüglich war mein Leben als Fußballer sehr intensiv. Erst als diese Momente nicht mehr in meinem Leben vorhanden waren, realisierte ich, wie stark diese »Droge« ist. Mir wurde bewusst, dass ich während meiner Karriere ein Emotions-Junkie geworden war.

      Da mein Entzug ebenso freiwillig wie radikal war – ich füllte das entstandene Loch weder mit Inhalt (Arbeit) noch mit Ersatzbefriedigungen (Drogen, Alkohol, Partys, etc.) – traf er mich mit voller Wucht.

      Eine Szene, die mich tief berührte und mir die ganze Stärke dieser »Droge« zeigte, war zum Beispiel das Abschiedsspiel von Diego Armando Maradona. Einem der begnadetsten Fußballer aller Zeiten. Als er nach dem Spiel von seinen Fans und Mitspielern verabschiedet wurde, weinte er wie ein kleines Kind, dem gerade das Wichtigste in seinem Leben weggenommen wurde. Sein Gesichtsausdruck und seine Körperhaltung schrien förmlich danach, nicht gehen zu müssen. Er liebte diese Bühne so sehr, dass er wohl am liebsten nie von ihr abgetreten wäre. So weinte er hemmungslos, denn er musste etwas loslassen, obwohl er noch nicht bereit dazu war. Doch genau dafür ist Trauer – die sich hier in ihrer Reinheit zeigte – da: um uns zu helfen, etwas loszulassen, was wir gar nicht loslassen wollen. Er liebte dieses Spiel und war mit ganzem Herzen dabei. Das Spielfeld war seine Bühne, wo er die Aufmerksamkeit erhielt, die ihm immer wieder Glücksgefühle schenkte. Doch was würde nach dem Abpfiff geschehen? Wenn alle seine Fans das Stadion verlassen hatten und für ihn der Alltag zum Alltag wurde, ohne Aufmerksamkeit, Anerkennung, Lob und Bestätigung anderer?

      Tief ergriffen saß ich damals vor dem Fernseher und habe mit ihm geweint. Ich wusste genau, was in ihm vorging. Mein »neuer« Alltag hatte mir gezeigt, was Sache war. Ein Leben ohne diese Kicks, in ein Stadion mit 30–40 000 Menschen »einzumarschieren«, ohne dieses enorme Maß an Aufmerksamkeit mit der Chance auf Anerkennung, Lob und Bestätigung. Ein solches Leben kam mir doch sehr langweilig und öde vor. Ich empfand es zeitweilig wie eine als Paradies verkleidete Hölle.

      Wäre da nicht meine Frau Melanie gewesen, die mich mit unendlicher Geduld unterstützt und meine Launen ausgehalten hat, weiß ich nicht, ob ich diese Phase meines Lebens so gut überstanden hätte. Ich hätte wohl nie die Chance gehabt, mich aus dieser Abhängigkeit zu befreien und jemals frei zu genießen, was ich habe, tue und bin, ohne dies zu brauchen. Dafür werde ich ihr ewig dankbar sein.

      Zum Glück war ich stark genug, diese Umstände ohne Drogen und Alkohol auszuhalten, was leider für viele in solchen Krisen ein beliebtes Mittel ist, um der öden Realität, dem Alltag, zu entfliehen. Während dieser Zeit schien es mir, als sei das Beste in meinen Leben schon vorbei, alles Weitere konnte sich nach diesen »Höhepunkten« nur noch im Bereich des Mittelmäßigen, das heißt Langweiligen bewegen.

      Wie man sich doch täuschen kann.

      Heute bin ich unendlich dankbar für diese Erfahrung. Sie hat dazu geführt, dass ich die Freude und Magie des Moments – eine Gabe, die ich als Kind schon hatte – wiederentdeckte und mir bewusst werden konnte, was Glück wirklich bedeutet. Mein Mut, diesen Weg konsequent zu gehen und nicht die Flucht zu ergreifen, schenkte mir im Laufe der Zeit wahrhaftes Selbstvertrauen und eine immer größer werdende innere Stärke und Stabilität.

      Auch die Augenblicke der Zufriedenheit mit mir, meinem Leben und meiner Umwelt vermehrten sich zusehends und führten mich immer wieder in den Zustand des stressfreien Glücks, das an keine äußeren Umstände und kein Ereignis gebunden war. Diese tiefen Momente des Glücklichund Zufriedenseins stellten all die früher erlebten Glücksgefühle in den Schatten und ließen sie allmählich verblassen.

      Bekannt und unglücklich

      Liegt das persönliche Scheitern erfolgreicher und berühmter

Скачать книгу