Stressfrei glücklich sein. Alain Sutter

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Stressfrei glücklich sein - Alain Sutter

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die Welt durch ihre jeweils subjektive »Brille«. Diese Tatsache führt selbstverständlich dazu, dass sie ihr Bild von jemandem abgeben und nicht das Bild.

      Ich kann mich also auf den Kopf stellen, mich rechtfertigen, kämpfen und wehren gegen das von der Öffentlichkeit gezeichnete Bild, ich habe keine Chance gegen diesen Mechanismus.

      Wenn man in der Öffentlichkeit steht, ist die Gefahr relativ groß, sich manipulieren und instrumentalisieren zu lassen, denn man möchte ja ein gutes Verhältnis zu den Medienvertretern pflegen, damit man von ihnen wiederum mit einem möglichst guten und positiven Bild in der Öffentlichkeit »belohnt« wird. Diese Disziplin habe ich nie besonders gut beherrscht, was mir schließlich doch die eine oder andere mediale Abreibung eingebracht hat.

      So gibt es heute für mich nur eines: Meinen Mitmenschen authentisch, ehrlich und respektvoll zu begegnen, ohne dabei das Gefühl zu haben, es allen recht machen zu müssen. Am Ende des Tages muss ich mir im Spiegel immer noch selbst mit gutem Gewissen in die Augen sehen können.

      Der Damm bricht

      Wird der Druck, dem berühmte und erfolgreiche Menschen in der Öffentlichkeit ausgesetzt sind, mangels Bewusstsein, innerer Stärke und Stabilität zu groß, sehen manche leider nur noch den Ausweg im Drogenoder Alkoholkonsum, schlimmstenfalls beenden sie ihr Leben.

      Amy Winehouse, Romy Schneider, Marilyn Monroe, Elvis Presley, Jimi Hendrix, Whitney Houston, Michael Jackson … Frauen und Männer aus der Filmund Musikbranche, die jung verstorben sind. Gemeinsam ist ihnen, dass sie sehr erfolgreich waren, mit dieser Art von Leben aber nicht zurechtkamen und sehr früh verstorben sind.

      Robbie Williams, Britney Spears, Mel Gibson, Eminem, Eric Clapton … die Liste kann beliebig fortgesetzt werden.

      Sie alle haben oder hatten ein Alkoholoder Drogenproblem, was darauf schließen lässt, dass ihnen trotz ihres Erfolges etwas fehlte und sie nicht wirklich glücklich waren.

      Diego Armando Maradona, Paul Gascoigne, Gerd Müller, Tony Adams, George Best – sie stehen hier nur stellvertretend für Spitzenfußballer, die wohl dem Druck oder Stress für einen Moment mithilfe von Alkohol oder Drogen entfliehen wollen oder wollten.

      Sebastian Deisler und Ivan Ergic berichteten öffentlich über ihre Depressionen. Wie hoch ist wohl die Dunkelziffer derer, die ein ähnliches Schicksal erleiden wie sie oder Robert Enke?

      Viele Erfolgreiche stehen in den Schlagzeilen wegen ausschweifenden Partys, Alkohol und Sex – ständig auf der Suche nach einem neuen Kick.

      Das alles sind hoch begabte Menschen und von daher ist ihre Reaktion nicht weiter verwunderlich, denn meistens sind diese außergewöhnlichen Talente auch immer einen Tick sensibler und eher gefährdet, an diesem inneren Druck zu zerbrechen.

      Bis hierhin habe ich anhand von Beispielen berühmter und erfolgreicher Menschen aufgezeigt, was durch Erfolgsdruck alles entstehen kann. Zum einen habe ich das gemacht, weil ich persönlich das alles so erlebt habe und aus eigener Erfahrung berichten kann. Zum anderen sind solche Beispiele prädestiniert, um die Thematik dieses Buches deutlich zu machen. Doch diese Mechanismen beziehen sich auf menschliche Verhaltensweisen, die völlig unabhängig von Herkunft, Beruf und Status sind. Deshalb gilt der Inhalt dieses Buches selbstverständlich für alle Menschen, egal was und woher sie auch immer sind.

      Die oben beschriebenen Probleme gibt es leider in allen Gesellschaftsschichten, denn der Erfolgsdruck und der daraus entstehende Stress fordern ihre Opfer nicht nur unter Filmstars, Musikern, Unterhaltungskünstlern oder Profisportlern.

      Wie viele Menschen, die mit ihrer stressigen Lebenssituation überfordert oder am Erfolg gescheitert sind, können ihren Alltag nur noch mit einem Schluck aus der Pulle, einer Pille oder einem Pulver meistern?

      Wie viele Schüler, Studenten oder Lehrlinge kiffen, trinken oder greifen zu Ecstasy oder anderen Designerdrogen, um dem inneren Stress für einen Moment zu entfliehen?

      Und ist die steigende Gewaltbereitschaft vieler Jugendlichen und Erwachsenen vielleicht auch nur ein Ventil, um den inneren Druck abzulassen?

      Die Zahl der an Depressionen erkrankten Menschen zum Beispiel in der Schweiz, in der man von 5–8 % der Bevölkerung spricht, also etwa 350bis 400 000 Menschen, von denen ein Drittel schwerste Depressionen haben, also etwa 130 000, zeigt deutlich, dass (zu) viele mit dem Druck nicht zurechtkommen.

      Auch Suizidstatistiken sprechen eine deutliche Sprache. In der Schweiz etwa ereignen sich täglich 40 Suizidversuche, von denen durchschnittlich vier »erfolgreich« sind. Rechnet man dies hoch, wären das 1460 Suizidtote und 14 600 Suizidversuche im Jahr, wobei man davon ausgeht, dass sich etwa zehnmal mehr Menschen ernsthaft Gedanken über Suizid machen als diejenigen, die es tatsächlich versuchen – das wären dann 146 000. Und das in einem Land wie der Schweiz, das als eines mit der höchsten Lebensqualität jährlich ausgezeichnet wird.

      Stress, Druck und seine Folgen

      Der Druck, erfolgreich sein zu müssen und Aufmerksamkeit zu erhalten, um sich gut und glücklich zu fühlen, kann mit der Zeit die große Freude, die bei allen erfolgreichen Menschen die anfängliche Triebfeder ihres Tuns war, ersticken. Ich habe das persönlich so erlebt. Als Kind spielte ich Fußball aus reiner Freude am Spielen. Als ich im Alter von fünf Jahren einem Fußballverein beitrat, war ich den meisten anderen Kindern bereits einen Schritt voraus, weil ich etwas talentierter war als sie. Schnell bekundeten Trainer, Eltern und Zuschauer ihre Freude an mir. Ich erhielt Aufmerksamkeit, Lob und Anerkennung für die guten fußballerischen Leistungen, was mich natürlich freute und sich gut anfühlte.

      Wegen meines Talents aber stiegen bald schon die Ansprüche und Erwartungen an mich. War ich dann bei Spielen nicht besser als meine Kameraden, folgten schnell auch Kritik und Häme. Das verletzte mich und fühlte sich entsprechend schlecht an. So war mein Befinden plötzlich direkt an meine Erfolge gekoppelt. Spielte ich gut und erfolgreich, fühlte ich mich gut und glücklich. Spielte ich durchschnittlich oder schlecht, fühlte ich mich schlecht und unglücklich. Mehr und mehr wurde ich emotional abhängig von meinen fußballerischen Erfolgen und Misserfolgen. Ich wurde quasi zum Sklaven meines so sehr geliebten Hobbys.

      Die Zusammenhänge waren mir damals natürlich nicht bewusst; ich wollte einfach jedes Spiel unbedingt und um jeden Preis gewinnen. Weshalb das so war, sollte mir erst später klar werden. Aber der Druck, gewinnen und erfolgreich sein zu müssen, lastete schon bald auf mir, obwohl ich mich in einem Umfeld bewegte, das keineswegs erfolgsbesessen war. Meine Eltern und Trainer setzten mich nicht speziell unter Druck, ich bewegte mich in einem ganz normalen Dorfverein-Umfeld. Das reichte für einen sensiblen Jungen, wie ich es war, jedoch vollkommen aus, um in Zeiten des Misserfolgs Verletzungen davonzutragen. Eine Tatsache, die einmal mehr zeigt, dass das, was der Norm entspricht, nicht immer für jeden gesund sein muss.

      Als wir bei einem E-Junioren-Turnier »nur« den zweiten Platz herausspielten, überfiel mich eine solch unsägliche Traurigkeit, dass ich kaum zu weinen aufhören konnte. Niederlagen wurden für mich zu persönlichen Katastrophen.

      Der Mechanismus »Aufmerksamkeit und Anerkennung durch Erfolg« begann bei mir im Alter von etwa 14 Jahren zu greifen, dem Alter, in dem Auswahlen zusammengestellt werden. Die Aussichten, was der Erfolg alles Gutes bringen kann, helfen natürlich, den Konkurrenzkampf anzuheizen; der Druck, der dabei als Nebenwirkung bei den Kindern zum Tragen kommt, ist aber leider nicht wegzudiskutieren. Damals war mir natürlich noch nicht bewusst, dass der Druck, den ich verspürte, nicht von außen kam und nichts mit den Umständen zu tun hatte. Er entstand allein durch meine

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