Stressfrei glücklich sein. Alain Sutter

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Stressfrei glücklich sein - Alain Sutter

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ich schon als Kind sehr sensibel war und auch noch keine ausreichende innere Stabilität und Stärke entwickelt hatte, konnte ich mit Konkurrenzkämpfen und Selektionen, in denen einem gesagt wird, ob man gut genug ist oder nicht, schlecht umgehen. Ich fühlte mich einfach nie wohl in diesem Umfeld, in dem mit Disziplin, Gehorsam, Schreien und Drohen versucht werden sollte, das Beste aus den Kindern herauszuholen beziehungsweise um zu sehen, wer zu den Stärksten gehört, in die es sich lohnt zu investieren. Dieses Umfeld war schlicht und einfach nicht gesund für mich, deshalb habe ich auch etliche Spiele oder Trainings abgesagt, weil es mir bereits beim Gedanken, dorthin zu fahren, den Magen umgedreht hat.

      So hörte ich damals auf meine Impulse und war bereit, die Verwirklichung meines Traums als Profifußballer zu riskieren, sollte es dabei zwingend notwendig sein, mich in diesem für mich ungesunden Umfeld zu bewegen.

      Auch später, während meiner Karriere, zog mein Körper immer dann, wenn ich nicht mehr fähig war, diesen inneren Stress und Druck auszuhalten und zu verarbeiten, die Notbremse, um mich vor größerem Schaden zu bewahren: Ich wurde krank.

      Als Schutzmauer vor weiteren Wunden entwickelte ich Verhaltensmuster, die mir dabei halfen, meine kindliche Verletzlichkeit zu schützen. Zum einen legte ich mir als Kind, vor allem auf dem Spielfeld, eine unglaubliche Arroganz zu. Spielte mir ein Mitspieler einen Pass zu, der einen halben Meter neben meinen Füßen ankam, machte ich keinen Schritt, um diesen zu erreichen. Dafür pflaumte ich ihn an, ob er denn keinen vernünftigen Pass spielen könne. Ich lamentierte mit den Schiedsrichtern oder legte mich mit meinen Gegenspielern an. Auch demonstrativ zur Schau gestelltes Desinteresse dem Fußball gegenüber gehörte zu meinen Allüren. Provokant stand ich gelangweilt auf dem Platz herum und brachte damit Trainer und Mitspieler zur Verzweiflung. Dieses Verhalten zeigte sich allerdings nur sporadisch, nämlich immer in Zeiten, in denen ich nicht gut spielte oder wir Spiele verloren hatten und ich irgendetwas brauchte, um mir vorzugaukeln, dass ich schon hätte besser spielen können, wenn ich nur gewollt hätte.

      Dies alles waren in schwierigen Zeiten Hilfeschreie eines Kindes, das einen Weg suchte aus diesem inneren Gefängnis der Angst, verletzt und abgelehnt zu werden, und diesen nicht fand.

      Die meiste Zeit aber genoss ich es, mit meinem Bruder und unseren Freunden Fußball zu spielen. Ich bin unendlich froh, dass ich in solch einem Umfeld aufwachsen durfte und nicht in einer Förderungsmaschinerie, denn damit wäre wohl meine Freude am Fußballspielen schnell erloschen.

      Dass bei all dem Stress die Freude am einst geliebten Sport irgendwann verloren gehen kann, ist für mich aus heutiger Sicht nur logisch. Ich habe mich lange Zeit dagegen gewehrt und bin froh, dass ich mir meine Begeisterung daran wenigsten während meiner Kindheit und die meiste Zeit als Profi erhalten konnte. Aber irgendwann war mir alles zu viel und ich versuchte zwar noch, in Amerika diese Freude wiederzufinden, doch die Spuren der Kritik und des daraus entstandenen Stresses waren zu tief.

      Ich habe mich oft gefragt, was mit mir nicht stimmt, weil ich mein Leben teilweise nicht genießen konnte, obwohl ich doch alles hatte, was man sich nur erträumen kann. Dieser Umstand animierte mich zusätzlich, die Gründe zu finden, warum Erfolg allein nicht glücklich macht.

      Andere Nebenwirkungen des Erfolgs

      Bereits mit siebzehn Jahren wurde ich Profi beim Grasshopper Club Zürich. Zu verdanken hatte ich diesen Sprung Trainer Timo Konjetzka, der mich beim SC Bümpliz 78 entdeckt hatte. Er betreute mich optimal, setzte mich nie unter Druck und gestattete mir, wenn ich müde und erschöpft war, auch schon mal ein Training auszulassen. So konnte ich mich allmählich an die viel höhere körperliche Belastung gewöhnen.

      Bereits nach drei Monaten, immer noch siebzehn Jahre alt, erhielt ich das erste Aufgebot für die Schweizer Nationalmannschaft. Jetzt begann das Spiel mit Lob und Kritik auch öffentlich stattzufinden, was dem Ganzen zusätzlich noch eine ganz andere Dynamik verlieh und eine mir unbekannte Dimension annahm, mit der ich lange Jahre zu kämpfen hatte.

      Als Jahrhunderttalent gepriesen zu werden, war anfänglich sehr schmeichelhaft und angenehm, führte aber zu enormen Erwartungen an mich. Es besserte meine Angst, die Erwartungen anderer nicht zu erfüllen, sie zu enttäuschen und dadurch von ihnen kritisiert zu werden und erneut Verletzungen davonzutragen, nicht wirklich. War mir doch damals noch nicht bewusst, dass man andere gar nicht enttäuschen kann – es kann sich nur jeder selbst täuschen mit seinen Erwartungen, die er an andere stellt. Somit müssen wir den enttäuschten Menschen auch keine weitere Bedeutung mehr beimessen, wenn sie uns verantwortlich machen wollen für ihre eigene Enttäuschung. Vielmehr sollte jeder aufhören, Erwartungen auf den Schultern anderer Menschen abzuladen und sich stattdessen besser um sich und sein eigenes Leben kümmern.

      Mit meinen Erfolgen wurden äußere Einflüsse immer größer. Plötzlich bekam der finanzielle Aspekt mehr Bedeutung, der für mich bis dahin keine Rolle gespielt hatte. Stimmen wurden laut, die meinten, ich würde als Nationalspieler viel zu wenig verdienen. Ich hatte einen Vertrag über fünf Jahre beim Grasshopper Club Zürich (GCZ) unterschrieben. Die vereinbarte Summe war für einen Spieler, der aus der zweiten Liga kam, angemessen. Für einen Nationalspieler jedoch viel zu niedrig.

      Bei Vertragsabschluss hatte ich eine Reihe von mündlichen Zusicherungen des damaligen GCZ-Präsidenten Karl Oberholzer erhalten: Sollte ich im Laufe dieser fünf Jahre Stammspieler werden, würde mein Gehalt den Leistungen angepasst. Und sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ich im selben Zeitraum gar noch Nationalspieler würde, stände einer nochmaligen Lohnerhöhung nichts im Wege. Niemand ging ja davon aus, dass ich dies alles innerhalb von drei Monaten erreichen würde.

      Meiner guten Leistungen wegen trugen andere Vereine Angebote an mich heran, in denen ich das Fünffache verdient hätte. Mein Fokus verlagerte sich langsam, aber sicher weg vom Fußballspielen und hin zum Geldverdienen. Was zur Folge hatte, dass ich immer mehr Stress aufbaute, weil ichmeinen Blick auf eine Nebensächlichkeit richtete, die mich davon abhielt, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren – den Fußball. Das wirkte sich dann direkt auf meine Leistungen aus, die immer schlechter wurden, was wiederum zur Folge hatte, dass sich noch mehr Stress und Unzufriedenheit in mir ausbreiteten.

      Die Präsidentschaft hatte ein Jahr nach meiner Vertragsunterzeichnung beim GCZ gewechselt und der neue Präsident, Dr. Thomas Preiss, wusste natürlich nichts von meinen mündlichen Abmachungen mit Karl Oberholzer.

      Die Wichtigkeit, die ich plötzlich meinem Verdienst beimaß, führte schließlich zu einer regelrechten Schlammschlacht meinerseits in Richtung des Grasshopper Clubs Zürich. Ich fühlte mich durch meine eigene Wahl, wie ich die Gegebenheiten sehen wollte, ungerecht behandelt, und die Tatsache, dass ich den Vertrag selbst unterschrieben hatte, geriet bei mir vollkommen in Vergessenheit. Ich übernahm nicht mehr die Verantwortung dafür.

      Nach einem sechsmonatigen Streit mit dem Grasshopper Club Zürich erpresste ich mir quasi meinen Wechsel zu den Berner Young Boys, indem ich dem GCZ drohte, mit dem Fußballspielen aufzuhören, falls sie mich nicht ziehen ließen. Schließlich kam ein zweijähriges Leihgeschäft zustande.

      Mein Abstecher nach Bern und seine Folgen

      Der Abstecher nach Bern war kurz und lehrreich. Mittlerweile war ich neunzehn Jahre alt. Zwei Monate vor Saisonende wurde ich fristlos entlassen. Im Nachhinein betrachtet waren die zehn Monate bei den Berner Young Boys für mich ein schönes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn man sich für stark hält, obwohl man schwach ist, die falschen Prioritäten im Leben setzt, sich selbst und seine Taten zu wichtig nimmt und die Verantwortung für das eigene Leben nicht übernimmt – als »Ausgleich« dafür aber allem und jedem die Schuld in die Schuhe schiebt und alle mit dem, was sie vermeintlich falsch machen, konfrontiert.

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