Götterfunken. Chris von Rohr

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Götterfunken - Chris von Rohr

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möchte, dem empfehle ich das grossartige Buch von Guy Deutscher, Im Spiegel der Sprache, in dem der Linguist den Zusammenhang einer Sprache und ihrer Sprecher verdichtet. »Ich spreche Spanisch zu Gott, Italienisch zu den Frauen, Französisch zu den Männern und Deutsch zu meinem Pferd.«

      Die scherzhafte Vermutung Karls V., dass verschiedene Sprachen nicht in allen Situationen gleich gut zu gebrauchen sind, findet wohl auch heute noch breite Zustimmung. Doch ist sie aus sprachwissenschaftlicher Sicht haltbar? Sind alle Sprachen gleich komplex oder ist Sprache ein Spiegel ihrer kulturellen Umgebung – sprechen »primitive« Völker »primitive« Sprachen? Und inwieweit sieht die Welt, wenn sie »durch die Brille« einer anderen Sprache gesehen wird, anders aus?

      Dieses Buch von Guy Deutscher ist eine sagenhafte Tour durch Länder, Zeiten und Sprachen. Auf seiner Reise zu den aktuellsten Ergebnissen der Sprachforschung geht man mit Captain Cook auf Kängurujagd, prüft mit William Gladstone die vermeintliche Farbblindheit der Griechen zur Zeit Homers und verfolgt Rudolf Virchow in Carl Hagenbecks Völkerschau auf dem Kurfürstendamm im Berlin des 19. Jahrhunderts. Mitreisende werden mit einer glänzend unterhaltsamen Übersicht der Sprachforschung, mit humorvollen Highlights plus unerwarteten Wendungen und klugen Antworten belohnt.

      »Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt« (Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus), stimmt, und ich bin – alterseidank – längst niemandem mehr ausgeliefert, der mir nicht passt und nicht gut tut. Meine Ohren führe ich an Orte, wo eher meine Lachfalten gefördert werden denn die Sorgencanyons. Sonst bin ich wohler daheim mit einer guten Buchstabensuppe. In dem Sinne: Salem Aleikum, gehen wir in Frieden, aber gehen wir … mindestens 10 000 Schritte pro Tag, empfiehlt Hausdoktor Ali Mabulu.

      »Danke, dass Sie an der Zukunft der Schweiz mitwirken«, meinte der neue Bundespräsident bei seiner Neujahrsansprache.

      Ich lag auf meiner Denkercouch und sinnierte darüber, was der Bundespräsident uns damit sagen wollte. Zwei Riesenraben flogen am Fenster vorbei. Ich nahm ein paar abgelegte Artikel der letzten Wochen zur Hand und staunte, was da alles drinstand.

      Das Bundesgericht verfügte, dass private Weihnachtsbeleuchtungen um ein Uhr abzuschalten seien – Achtung! – ab dem sechsten Januar schon um 22 Uhr! Eine Bündner Gemeinde will ein Verbot von Gartenzwergen durchsetzen und Hobbyfeuerwerker müssen ab jetzt einen teuren Kurs besuchen, wenn sie Raketen in den Himmel steigen lassen wollen.

      Ich könnte hier 50 Seiten lang den kleinen und grossen Regulierungswahn aufführen. Es grüssen die Ritter der Kokosnuss! Oder anders gesagt: Ich sehe Zeichen von Übermut und trunkener Abgehobenheit, während ein Grossteil der Welt am Taumeln und Ächzen ist.

      Mit anderen Worten, der Staat mischt sich zunehmend dort ein, wo er nichts zu suchen hat: Wir regulieren uns zu Tode und machen keinen Schritt mehr ohne Juristen und Anweisungshandbuch. Eine Welt zum Schreien, ohne nennenswerte Liberalisierungen.

      Erstaunt es da, dass das Verwaltungswesen mehr wächst als die Privatwirtschaft? Jemand muss diesen Irrwitz ja erfinden, bearbeiten und durchsetzen. Der Personalzuwachs der letzten Jahre bei Bund, Kanton und Gemeinden bewegt sich im fünfstelligen Bereich. Auch im nächsten Jahr soll die Staatsquote weiter ansteigen. Nur wenige denken an die Folgen dieser Fehlentwicklung. Man schaue nur mal nach Frankreich. Es erstaunt mich immer wieder, wie wenig wir Bürger uns darum kümmern, wie die sauer verdienten Steuergelder eigentlich eingesetzt werden. Man akzeptiert es einfach als »verlorenes« Geld, als notwendiges Übel, zu dessen Verwendung wir eh nix mehr zu melden haben. Die Puppenspieler lassen ihre Puppen tanzen und die Falschen bereichern sich schamlos.

      Ich betrachte das Treiben in Bern hie und da aus nächster Nähe. Folgendes ist mir aufgefallen: Selten hört einer dem anderen richtig zu. Eine richtige, vertiefte Debatte findet kaum statt. Fast jeder geht mit vorgefasster Meinung ans Rednerpult und liest meist parteigetreu vom Zettelchen ab. Andere verstecken sich während dieses 50-%-Jobs hinter dem Laptop, lesen Zeitung oder gucken auf ihr Handy. Als ich das zum ersten Mal sah, war ich konsterniert – was soll das? Ist das seriöse Arbeit, für die man 130 000 Franken plus fette Zusatzvergütungen pro Jahr bekommt? Und dann diese ewige Unruhe? Ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn ein Privatunternehmen, ein Fussballklub oder eine Band solche respektlosen Meetings abhalten würde? Könnte dabei etwas Konstruktives herausschauen?

      Schmunzeln musste ich, als letzthin ein geschätzter Kolumnenkollege etwas überspitzt einen Berufspolitiker fragte, ob er wirklich glaube, dass es sich bei der Politik beziehungsweise der Angewohnheit, allen Geld zu versprechen, dabei aber nur Kosten zu verursachen, tatsächlich um einen ehrbaren Beruf handle, der entlöhnt werden müsse. Und ob es denn nicht reichen würde, wenn wir den Parlamentariern einfach die Reise- und Verpflegungskosten vergüten würden. Die Antwort des Parlamentariers können Sie sich vorstellen, liebe Leser. Mitwirken könnte auch mal genaues, selbstkritisches Hinschauen sein!

      Ich lese auch von Staatsstellen, die für das tägliche Kopieren von Dokumenten 7000 Franken pro Monat bekommen und von dem Führungschaos beim Bundesamt für Strassen. Die meisten Ämter können über ihre Leistungen und damit über ihr Budget frei entscheiden. Was die Arbeit tatsächlich kostet und ob für Preisgünstigkeit und Effizienz gesorgt wird, durchschaut längst niemand mehr und es wird eh meist nur die teuerste, aber längst nicht beste Variante bevorzugt. Siehe das Informatik-Insieme-Debakel, wo Insidergeschäfte, Filz und mangelnde Transparenz einen Fehleinkauf forcierten. Den Steuerzahler kostete das 102 Millionen Franken. Als wäre das nicht schon beunruhigend genug, werden parallel dazu Schulden angehäuft, als gäbe es kein Morgen. Sparen, das sollen gefälligst die anderen oder im dümmsten Fall halt die zukünftigen Generationen.

      Nein, es reicht nicht mehr, nur die Abzocker in der Wirtschaft an den Pranger zu stellen und masszuregeln. Wir müssen jene Hochmütigen in der Politik, die hart verdientes Geld arg- und schamlos abkassieren und verschleudern, genauso kritisch angehen und kontrollieren. Je schneller, desto besser, denn ihr Treiben wird zunehmend dreister und die Leistung nicht besser. Dazu schaden sie all jenen, die einen respektablen, kräftezehrenden Herzblutjob im Staatswesen machen.

      Etwas überspitzt ausgedrückt: Wenn man jedoch Menschen zu viel Geld fürs Nichtstun gibt, werden sie übermütig, verlieren Bodenhaftung, Motivation und wälzen die Verantwortung ab. Es ist eine Krankheit, gegen die eigentlich nur Fasten helfen würde, aber eben, wer hat den Mut und die Eier, das durchzusetzen? Für einen lumpigen Haufen Geld hat schon manch einer seine Seele und sogar die Familie verkauft. Wir kultivieren hier phasenweise ein falsches Anreizsystem aus dem Allesversprecher und Lügner wachsen, die logischerweise nicht mehr aus dem süssen Honigtopf wollen. Und neuerdings verbandelt sich sogar die freie Wirtschaft mit dem antiliberalen Staat, um an die Steuergelder zu kommen. Eine extrem ungesunde Entwicklung.

      »Wenn das Geld regiert und nicht mehr dient, dann sagen wir Nein! Auch zum spirituellen Alzheimer, zur mentalen Erstarrung und zum Terrorismus des Geschwätzes, der Krankheit der feigen Menschen, die nicht den Mut haben, direkt mit jemandem zu sprechen.« Das sagte kürzlich der Papst Franziskus. Ich habe selten so weise Worte von einem Kirchenoberhaupt gehört. Er scheint ein gebödeleter Mann zu sein.

      Nun, Herr Bundespräsident, der Papst und ich sind zur Mitwirkung an unserer Zukunft bereit!

      Für viele mag die Weihnachtszeit nur noch Ärger und Stress bedeuten. Die ganze Materialschlacht, Konsumwut und Rastlosigkeit haben die einstigen Sinn- und Glücksgefühle dieses Rituals fast besiegt. Man mag nun gläubig sein oder nicht, wer aber in diesen Tagen an nichts Grösseres als an sich selbst und seinen Porsche glaubt, kann auch unter vielen Menschen recht einsam und leer bleiben.

      Ich verbinde das Christkindfest immer wieder mit dem Glück, mit Eltern und Grosseltern feiern zu können, einem Glück, das es für mich nicht mehr

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