Pascal – Ein Mord ohne Sühne. Walter Brendel
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Der Anwalt von Martin R. räumte "erhebliche Bedenken an der Glaubwürdigkeit der Zeugen" ein. Er gehe davon aus, dass es von Seiten der Verteidigung Anträge auf Gutachten zur Glaubwürdigkeit der Zeuginnen geben wird. Mehrere Anträge auf einen Ortstermin zur Besichtigung der Räumlichkeiten der Tosa-Klause liegen bereits vor.
Der sechste Verhandlungstag
Am sechsten Prozesstag im Fall Pascal, am 7. Oktober 2004, hat ein dritter Angeklagter überraschend Aussagen angekündigt. Sigmund D. (43) will am nächsten Verhandlungstag (Montag, 11. Oktober 2004) über das Geschehen in der Tosa-Klause
am Tag des Verschwindens des kleinen Pascal vor Gericht aussagen. Laut Anklage
soll Sigmund D. den Jungen in die Gastwirtschaft gelockt haben. Andrea M., eine der
beiden einzigen bis zu diesem Zeitpunkt aussagewilligen Angeklagten, hatten dies vor
Gericht bereits bestätigt.
Im Mittelpunkt des sechsten Prozesstages stand weiter die Angeklagte Andrea M. (40). Sie äußerte sich erstmals auch über den sexuellen Missbrauch ihres eigenen Sohnes. Der Junge, ein Spielkamerad Pascals, war nach ihren Aussagen in der Wohnung eines der Mitangeklagten vergewaltigt worden. Bereits am Montag, dem 4. Oktober, hatte sie die Aussagen von Erika K. zum Mord an dem Burbacher Jungen Pascal in vielen Punkten bestätigt.
Gleich zu Beginn des sechsten Verhandlungstages musste das Landgericht Saarbrücken die Verhandlung zunächst einmal aussetzen. Der Anwalt des Angeklagten Hans-Josef W. (49) hatte auf Wunsch seines Mandanten Haftbeschwerde eingelegt.
Er begründete dies mit der bisherigen Vernehmung der Angeklagten Andrea M. und
Erika K. Aus deren Aussagen lasse sich nicht ableiten, dass Hans-Josef W. zur Tatzeit
in der Tosa-Klause in Burbach gewesen sei.
Das Saarbrücker Landgericht hat den Antrag zur Entscheidung an das Oberlandesgericht weiter gegeben und die Verhandlung wieder aufgenommen. Der Angeklagte sei zwar durch die Aussagen von Andrea M und Erika K. bisher nicht belastet worden.
Trotzdem sei Hans W. weiter dringend tatverdächtig. Es gebe belastende Aussagen von drei weiteren Angeklagten vor der Polizei, erklärte der zuständige Richter.
Der siebte Verhandlungstag
Am siebten Prozesstag im Fall Pascal hat auch der Angeklagte Sigmund D. zu den Vorfällen in der Tosa-Klause ausgesagt. Er bestätigte weitgehend die Aussagen der beiden Angeklagten Andrea M. und Erika K., dass der damals fünfjährige Junge am
30. September 2001 in der Tosa-Klause sexuell missbraucht wurde und zu Tode kam. Während der Verhandlung wurde erstmals auch die Rolle der Angeklagten Christa W. genauer beschrieben.
Pascal sei am Nachmittag in die Gaststätte gekommen. Der 43-jährige Sigmund D., dem Beihilfe zu sexuellem Missbrauch vorgeworfen wird, beschuldigte vier der weiteren Angeklagten, am besagten Tag im Hinterzimmer der Tosa-Klause den Jungen sexuell missbraucht zu haben. Gesehen habe er zwar nichts, aber er habe den Jungen schreien gehört. Dann sei es im Hinterzimmer plötzlich still geworden, sagte er vor Gericht aus. Die Angeklagte Andrea M. habe dann kurze Zeit darauf einen blauen Müllsack aus dem Hinterzimmer gebracht. Sigmund D. will gesehen haben, dass sich darin die Konturen des Kindes abgezeichnet hätten. Der blaue Sack sei dann
kurz darauf von den Angeklagten Andrea M. und Dieter S. sowie der Hauptangeklagten Christa W. weggebracht worden.
Im Gegensatz zu den Zeugenaussagen von Erika K. und Andrea M. schilderte Sigmund D. die Geschehnisse in der Tosa-Klause weitgehend zusammenhängend. Und er beschrieb auch Details von Christa W.'s Rolle. Sie habe dem Kind Süßigkeiten
gegeben, die Musik lauter gedreht, als das Kind geschrien habe, und sie habe den blauen Sack mit weggebracht.
In Bezug auf seine eigene Rolle verstrickte er sich allerdings in Widersprüche. Während er bei ersten Vernehmungen noch ausgesagt hatte, es habe eine Absprache mit Christa W. gegeben, Pascal in die Tosa-Klause zu locken, zog er diese Aussage während der Verhandlung zunächst zurück. Im Kreuzverhör räumte er aber die Absprache wieder ein. Der Anwalt von Christa W. zweifelt die Glaubwürdigkeit von Sigmund D. an: Die Frage sei, ob man einem Mitangeklagten glauben könne, zumal
wenn er sich in solche Widersprüche verwickle.
Bereits am Vormittag hatte Sigmund D. in der Verhandlung vier Mitangeklagte beschuldigt, den Spielkameraden des vermissten Pascal im Hinterzimmer der Tosa-Klause sexuell missbraucht zu haben. In der Gaststätte habe mehrmals pro Woche sexueller Missbrauch stattgefunden. Die Wirtin der Tosa-Klause, die Angeklagte Christa W., habe dafür gesorgt, dass die Gaststätte abgeschlossen war, und von dem
Beteiligten anschließend Geld genommen.
Er selbst habe aber keinen Kindesmissbrauch begangen. Vielmehr hätte er gegenüber der Wirtin von einer „Sauerei“ gesprochen, woraufhin er bedroht worden sei. Er habe dann aus Angst geschwiegen.
Am achten Verhandlungstag im Fall Pascal, am 14. Oktober 2004 wurden erstmals auch Zeugen gehört. Die Zeugin Tanja K. hat die Hauptangeklagte Christa W. in der
Vernehmung des achten Prozesstages schwer belastet.
Die 28-jährige Hausfrau, die gelegentlich in der Tosa-Klause als Bedienung gearbeitet hatte, war nach eigenen Angaben am Abend des 30. September 2001 in der Gaststätte - an dem Tag also, an dem der kleine Pascal verschwunden ist. Vor Gericht sagte sie aus, dass an jenem Abend in der Tosa-Klause schlechte Stimmung gewesen sei. Man habe sogar versucht, sie gar nicht erst in die Kneipe hinein zu lassen. In der Nähe des Tresens will sie den blauen Müllsack gesehen haben, in dem laut Anklage die Leiche Pascals gesteckt haben soll. Außerdem erklärte die Zeugin, dass die Hauptangeklagte Christa W., die Wirtin der Tosa-Klause ihr gedroht habe.
Tanja K. solle über den blauen Müllsack schweigen, andernfalls würde ihren Kindern
etwas zustoßen. Zu Beginn des achten Prozesstages war zudem ein 50-jähriger Mann, Peter S., befragt worden, der bereits wegen Missbrauch von Pascal zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war. Zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Mordes an dem Jungen befand er sich jedoch nicht in der Tosa-Klause. Die Aussage des Mannes musste nach kurzer Zeit unterbrochen werden, da ein Zeugenbeistand hinzugezogen werden sollte.
Bereits zwei Tage zuvor, am 12. Oktober war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Saargemünd im Umfeld des Falls Pascal gegen einen französischen Staatsbürger ermittelt. Nach SR-Informationen soll der Mann den Sohn der ebenfalls angeklagten Andrea M. sexuell misshandelt haben. Im März dieses Jahres kam es zur Anklage. Der Verdächtige bestreitet alle Tatvorwürfe. Er befindet sich zurzeit gegen Meldeauflagen auf freiem Fuß. Nach Angaben des Saargemünder Staatsanwalts ist derzeit nicht vorgesehen, dass er im Saarbrücker Prozess aussagt. Eine entsprechende Anfrage liege nicht vor.
Der Hinweis auf den Verdächtigen war von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken gekommen.
Sie war im Rahmen ihrer Ermittlungen im Fall Pascal auf den Franzosen aufmerksam geworden. Der Mann ist in einer Grenzgemeinde unter derselben Adresse gemeldet wie einer der Hauptangeklagten im Fall Pascal.
Die Staatsanwaltschaft scheint mit den Aussagen der ersten acht Prozesstage nicht unzufrieden und sieht sich in ihren Vorwürfen von Mord und sexuellem Missbrauch
bestätigt.