Beleuchtung in Innenräumen - Human Centric Integrative Lighting. Tran Quoc Khanh
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Beleuchtung in Innenräumen - Human Centric Integrative Lighting - Tran Quoc Khanh страница 25
3.3.1 Visuelle Verarbeitungssysteme [1]
Der Vorgang der visuellen Signalverarbeitung beginnt mit den Absorptionsprozessen in den Fotorezeptoren. Die Zapfen und die Stäbchen absorbieren bestimmte Spektren, die heute durch psychophysische Methoden oder Direktmessverfahren bestimmt werden können. Das Aktionsspektrum eines Fotorezeptors beschreibt den Zusammenhang zwischen dem Bestrahlungsspektrum und der Ausgangsleistung des Fotorezeptors. Dies kann nach Isolation und spektraler Vermessung der einzelnen Zellen bestimmt werden (Saugelektrodenverfahren). Abbildung 2.4 zeigt die relativen spektralen Empfindlichkeiten der Stäbchen, der Zapfen sowie die der ipRGC. Wie in jedem biologischen System unterscheiden sich auch diese Funktionen durch ihre spektrale Ausprägung unter den verschiedenen Personen voneinander: Die in der Abb. 2.4 gezeigten Kurven gelten für den sog. „Normalbeobachter“. Die für die Lichttechnik nach wie vor wichtigste Kurve ist jedoch die spektrale Hellempfindlichkeitsfunktion V(𝜆). Sie setzt sich aus den LMS-Fotorezeptorsignalen nach Gl. (3.3) zusammen.
Abb. 3.6 Spektrale Empfindlichkeitskurven für Tagessehen, Nachtsehen und das beispielhafte mesopische Sehen. Quelle: TU Darmstadt.
Die Gewichtung eines Spektrums optischer Strahlung mit der Hellempfindlichkeitsfunktion V(𝜆) ist die Grundlage für viele lichttechnische Bewertungsgrößen. Sie beschreibt in einer ersten (groben) Annäherung die menschliche Hellempfindung im fotopischen Bereich (Tagesehen) und ist in der Abb. 3.6 zu sehen. V′(𝜆) beschreibt die Hellempfindung im skotopischen Helligkeitsbereich (Nachtsehen). In der Abb. 3.6 ist ein Beispiel für eine sog. mesopische visuelle Empfindlichkeitsfunktion (im Übergangsbereich zwischen Tagessehen und Nachtsehen) ebenfalls dargestellt (gelbe Kurve). Im mesopischen Bereich gelten – je nach Leuchtdichteniveau und Sehaufgabe – sehr unterschiedliche Empfindlichkeitsfunktionen, was wegen dessen Komplexität den Rahmen dieses Buches sprengen würde.
3.3.1.1 Horizontalzellen-Bipolarzellen-Schicht
Die Horizontalzellen der Bipolarschicht erhalten Signale von vielen Fotorezeptoren und senden diese an die Synapsen zwischen den Rezeptoren und den bipolaren Zellen. Durch ihre Fähigkeit der lateralen Signalinhibition sind sie für die Lokaladaptation oder auch für die Kontrastverstärkung im Auge wesentlich.
Abb. 3.7 Verschaltung in der Bipolarschicht (nach Hubel, 1989 [2]). Reproduziert mit Genehmigung von der Springer Nature Customer Service Center GmbH.
Die Bipolarzellen (s. Abb. 3.7) sind für die Reizweiterleitung von den Fotorezeptoren zu den Ganglienzellen zuständig.
Gleichzeitig wandeln die Bipolarzellen das Konstantspannungssignal der Rezeptoren in ein frequenzmoduliertes Signal um. Man unterscheidet im Wesentlichen zwei Gruppen: die ON-Bipolarzellen, die mit Stäbchen und Zapfen verschaltet sind und das negative Signal der Fotorezeptoren invertieren, und die OFF-Bipolarzellen, die nicht invertierend und nur mit den Zapfen verbunden sind. Sie dienen vor allem zum Scharfsehen in der Fovea. Weiterhin haben die OFF-Zellen keine direkte Verbindung zu den Ganglienzellen.
Die Amakrinzellen bilden eine weitere laterale Verbindung zwischen den OFF-Bipolarzellen und mehreren Synapsen zwischen den ON-Bipolarzellen und den Ganglienzellen. Dabei optimiert die Amakrinzelle die Bildung eines ON-Signals auf doppelte Weise: Sie bildet Synapsen mit ON-Bipolarzellen und gibt ihre Exzitation an die ON-Bipolarzelle weiter. Durch inhibitorische Synapsen unterdrückt die Amakrinzelle zusätzlich die Aktivität von OFF-Bipolarzellen. Durch diese Kombination aus Aktivierung von ON-Bipolarzellen und Hemmung von antagonistischen OFF-Bipolarzellen kann auch bei einer schwachen Exzitation der Stäbchen-Bipolarzelle (bei wenig Licht) schon ein brauchbares ON-Signal entstehen.
3.3.1.2 Ganglienschicht
Die Ganglienschicht besteht aus den normalen Ganglienzellen, denen – je nach Lage – ein (in der Fovea) oder mehrere Fotorezeptoren (bis zu 130 in der Peripherie) zugeordnet sind. Durch die laterale Verschaltung der Netzhautzellen hat jede Ganglienzelle ein relativ großes Einzugsgebiet. Das Gebiet, das alle auf eine individuelle Ganglienzelle wirkenden Netzhautzellen umfasst, nennt man rezeptives Feld. Man kann das Ausmaß dieser rezeptiven Felder ermitteln, indem man das Ausgangssignal einer Ganglienzelle registriert und mit einem feinen Lichtstrahl die Netzhautzellen Punkt für Punkt abtastet. Jeder Punkt, der bei Beleuchtung eineReaktion der Ganglienzelle auslöst, gehört zu dessen rezeptivem Feld.
Man findet bei solchen Untersuchungen rezeptive Felder mit variablem Durchmesser, im Mittel von 50 μm. Die Beleuchtung des inneren Bereiches (nah der Ganglienzelle, von der man ableitet) ergibt eine Aktivierung der Ganglienzelle (ein sog. ON-Response). Außerhalb dieses zentralen ON-Feldes erzeugt man durch Belichtung eine Hemmung der Ganglienzelle, denn dabei überwiegt die laterale Inhibition die Hemmung der Ganglienzelle durch ihre Nachbarzellen.
Die Erkenntnisse über die Verschaltung der normalen Ganglienzellen und der intrinsisch fotoempfindlichen Ganglienzellen (ipRGC) miteinander und zu den Rezeptoren sowie daraus die Beiträge der Zapfen- und Stäbchensignale zu visuellen und nicht visuellen Verarbeitungen sind in den letzten Jahren durch intensive Forschungsarbeiten der Neurobiologie und Zellenforschung stark angewachsen. In der Abb. 2.2 sind die Verschaltungen der Signale der LMS-Zapfen und der Stäbchen zueinander und zu den Bipolarzellen veranschaulicht, die wiederum miteinander über die Amakrinzellen kommunizieren und Signale an die ipRGC übertragen. Die ipRGC sind selbst fotoempfindlich und absorbieren Photonen in deren melanopsinhaltigen Pigmenten. Das gesamte Signal einer ipRGC besteht somit aus den Signalen aus den Zapfen, Stäbchen und aus den selbst generierten Signalen. Die normalen Ganglienzellen enthalten dagegen nur Signale aus den Zapfen und den Stäbchen.
Eines der wichtigsten Ergebnisse der jüngsten neurobiologischen Forschung ist in [3] beschrieben. Ein neuer Typ von Amakrinzellen wurde identifiziert, die auf der Eingangsseite anregende Eingangssignale von ON-Bipolarzellen erhalten, die mit S-Zapfen direkt verbunden sind. Auf der Ausgangsseite dieser Amakrinzellen werden hemmende Signale an die ipRGC übertragen. Diese Ergebnisse sind insofern bedeutungsvoll, da sie zeigen, dass die Signale der ipRGC immer eine Komponente von S-Zapfen enthalten, die eine signalhemmende Wirkung aufweisen. Eine Vergrößerung der Signale der S-Zapfen führt zu einer Reduktion der ipRGC-Signale und zu einer Vergrößerung des Augenpupillendurchmessers [4, 5].