Mirgorod. Nikolai Gogol

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Mirgorod - Nikolai Gogol

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irgend so ein Tatarenlump in die Quere kommen, der wird schon merken, was ein Kosakensäbel fürn Ding ist!«

      »Recht so, mein Sohn! Kreuzsakrament noch einmal! Und wenn man’s bedenkt – ich reite mit euch! Bei Gott, ich reit mit. Auf wen, zum Teufel, soll ich hier passen? Ist das ne Arbeit für unsereins: Buchweizen säen, das Haus bewachen, Schafe und Schweine hüten und schön tun mit meinem Weib? Verrecken soll sie; ich bin ein Kosak und mag den Kram nicht! Was frag ich darnach, daß jetzt kein Krieg ist? Ich reit ganz einfach so mit euch ins Lager – weil es mich freut. Bei Gott, ich reit mit!« Der alte Bulba erhitzte sich immer mehr und kam zum Schluß in helle Wut. Er sprang auf und warf sich in die Brust und stampfte mit dem Fuß. »Morgen in aller Frühe wird abgeritten! Worauf denn noch warten? Mit dem Hiersitzen kommen wir nie an den Feind! Was brauchen wir denn die Hütte da! Was brauchen wir den lumpigen Kram! Die Töpfe und Schüsseln!« Sprachs und begann das Geschirr zu zerschlagen und es vom Wandbrett auf den Boden zu werfen.

      Die arme Alte, die solche Anfälle bei ihrem Mann schon gewohnt war, saß betrübt auf der Bank und sah ihm zu. Sie getraute sich nicht, auch nur ein einziges Wort zu sagen. Doch als sie seinen Beschluss vernahm, konnte sie die Tränen nicht halten. Sie blickte auf ihre Kinder, von denen sie sich morgen schon wieder trennen sollte, und unbeschreiblich war die stumme Kraft des Schmerzes, der heiß in ihren Augen flackerte und die zusammengepreßten Lippen zittern hieß.

      Bulba war ein hartnäckiger Eisenschädel, ein Kerl, wie ihn nur das harte sechzehnte Jahrhundert hervorbringen konnte, und nur in jenem von halben Nomaden bevölkerten Winkel Europas, zu der Zeit, da das ganze südliche Altrussland, im Stich gelassen von seinen Fürsten, als Wüste dalag, preisgegeben dem Sengen und Brennen der mongolischen Räuber, deren Überfällen seit Menschengedenken keiner ein Ziel hatte stecken können. Jedoch aus dieser Not erwuchs hier, nachdem ihm Haus und Dach genommen waren, ein wagelustiges Geschlecht; umringt von schlimmen Nachbarn, umdroht von ewiger Gefahr, siedelte es sich auf den Trümmerstätten an, lernte dem Tod gerade ins Auge sehn und verlor die Erinnerung daran, daß es so etwas wie Furcht auf der Welt gibt. Da schlug der von Hause aus friedliche slawische Geist zu kriegerischer Flamme empor, geboren wurde das Kosakentum, der gewaltige, fröhliche Sproß am russischen Stamm. Alle Ufer, alle Plätze an Furten, alle wohnlichen Hänge an den Flüssen des Grenzlandes wurden besetzt von Kosaken, deren Menge niemand ermaß. Jene kecken Kameraden unter ihnen, die vom Sultan gefragt wurden, wie viele es ihrer wären, hatten wohl ein Recht, ihm zu erwidern: »Wer soll das wissen! Die ganze Steppe wimmelt von uns. Wo ein Grashümpel ist, da ist ein Kosak.« Dies war, Gott weiß es, ein loderndes Zeugnis von russischer Kraft: aus der Brust des Volkes hatte der Feuerstahl der Leiden den Funken geschlagen. An Stelle der Fürstentümer von einst, der engen Städtchen, bevölkert von Hundejungen und Jägern, an Stelle der kleinen Fürsten, die sich ewig befehdeten oder Land und Leute verschacherten, erwuchsen wehrhafte Siedlungen, Hetmanschaften und Kosakengemeinden; und um die woben geteilte Gefahr und Haß gegen die räuberischen Ungläubigen ein unverbrüchliches Band. Jedermann weiß aus der Geschichte, wie der Kosaken ewiger Kampf, ihr wildes Leben Europa vor den gewaltigen Anstürmen behütet hat, die es über den Haufen zu werfen drohten. Die polnischen Könige, die statt der kleinen Fürsten Herrscher über diese weiten Landstriche geworden waren, freilich nur Herrscher aus der Ferne und ohne viel Macht, begriffen die Bedeutung der Kosaken sehr wohl und erkannten den Nutzen, den ihre Kampflust und Wachsamkeit ihnen brachten. Sie munterten diesen Geist noch auf und schmeichelten den Neigungen dieser Männer. Unter ihrer fernen Oberhoheit formten die Hetmane, die aus der Mitte der Kosaken selber erwählt wurden, die Gaue und Gemeinden zu Regimentern und regelrechten Wehrkreisen um. Dies war kein stehendes Frontheer – davon fand man hier nichts –, doch wenn es Krieg gab, und es ging eine große Bewegung durch unser Land, dann dauerte es nicht länger als acht Tage, bis jeder hoch zu Roß mit voller Bewaffnung antrat. Der König zahlte nur einen Dukaten Sold auf den Kopf, doch binnen zwei Wochen schon war ein Heer versammelt, wie es keine Aushebung hätte hinstellen können. War dann der Feldzug vorbei, so zerstreuten sich die Krieger über Wiesen und Weiden, zogen zu ihren Dnjeprfurten heim, fischten, trieben Handel, brauten Bier, waren freie Kosaken. Jeder Gast aus dem Ausland bewunderte zu der Zeit ihre vielseitige Geschicklichkeit. Es gab kein Handwerk, worauf sich der Kosak nicht verstanden hätte: er war Branntweinbrenner und Stellmacher, Pulvermüller, Schlosser und Schmied, und nebenbei wußte er tolle Feste zu feiern, zu zechen und zu schlemmen, wie nur der Russe zu schlemmen versteht – das alles war so richtig sein Fall. Außer den eingeschriebenen Kosaken, die verpflichtet waren, sich für den Krieg zu stellen, konnte man jederzeit, wenn Not am Mann war, ganze Horden von Freiwilligen zu den Waffen rufen – es brauchte nur der Oberstleutnant auf die Märkte und Plätze der Dörfer und Flecken zu ziehen, dort auf den Wagen zu steigen und aus vollem Halse zu rufen: »He, ihr Biersäufer und Brauer! Jetzt habt ihr lang genug Bier gebraut und euch auf den Ofenbänken gesielt und mit euern fetten Leichnamen die Fliegen gemästet! Vorwärts für Rittertum und Kosakenehre! Ihr Pflüger, ihr Säemänner, ihr Schafhirten, ihr Weiberhelden, lang genug seid ihr hinterm Pflug gegangen und habt eure gelben Schuhe mit Erde verdreckt, lang genug habt ihr um die Weibsbilder geschwänzelt und eure Ritterkraft bei ihnen gelassen! Heute ruft der Kosakenruhm!« Solche Worte wirkten wie Funken, die auf dürres Holz springen. Der Pflüger zerbrach seinen Pflug, die Brauer ließen ihre Kufen und schlugen die Fässer entzwei, die Handwerker und Händler schickten Gewerbe und Kram zum Teufel, jeder zerbrach die Töpfe in seinem Haus, und alles, was da war, stieg in den Sattel. Kurz, der russische Geist flammte auf und schaute aus tapfern Augen hell in die Welt.

      Taras war einer von den angestammten alten Obersten. Er schien geschaffen fürs Kampfgetümmel und war ein Mann von rauher Geradheit der Sitten. Damals begann schon der polnische Brauch auf den russischen Adel zu wirken. Viele machten sich die fremden Sitten zu eigen, trieben Aufwand, hielten sich zahlreiche Dienerschaft, Falken, Hundemeuten, gaben Gastmähler und befleißigten sich eines höfischen Tons. Das alles war nicht nach Bulbas Sinn. Er liebte das einfache Leben des Kosaken und bekam Streit mit denen von seinen Kameraden, die nach der Warschauer Seite hinüber liebäugelten, weil er sie geradeheraus Leibeigne der polackischen Junker hieß. Ein ewig unruhiger Kopf, hielt er sich für den gottgewollten Schirmer des rechten Glaubens. Er setzte sich selber zum Richter ein und ritt in jedes Dorf, wo die Leute über Bedrückungen durch die Pächter oder neue Erhöhungen des Grundzinses klagten. Mit seinen Kosaken hielt er Gericht und hatte es sich zur Regel gemacht, in drei Fällen ohne langes Besinnen zum Säbel zu greifen: wenn die Kommissare den Ältesten die Ehre nicht gaben und das Haupt vor ihnen bedeckt ließen, wenn sie sich über den rechten Glauben lustig machten und den Sitten der Altvordern die Achtung versagten, und schließlich, wenn die Feinde Ungläubige und Türken waren. Gegen die war es immer erlaubt, zur Ehre des Christenglaubens die Waffen zu brauchen.

      Jetzt freute er sich im voraus bei dem Gedanken, wie er mit seinen beiden Söhnen im Lager erscheinen und sagen würde: »Da seht, was für tüchtige Burschen ich bringe!«, wie er sie allen seinen alten, schlachtgehärteten Kameraden vorstellen, wie er ihre ersten Taten mit erleben würde, beim frohen Kampfspiel und beim weidlichen Pokulieren, das für ihn gleichfalls eine der wichtigsten Pflichten des Ritters war. Zuerst hatte er sie allein reiten lassen wollen, aber angesichts ihrer frischen Mannbarkeit, ihrer gesunden Körperschönheit packte ihn mächtig der soldatische Geist. Er beschloß, selbst mit ihnen zu reiten, und das gleich am nächsten Tag, wenn dafür auch keine andre Nötigung vorlag als sein eigensinniger Wille. Alsbald war er frisch an der Arbeit und erteilte Befehle, wählte Rosse und Sattelzeug für die Söhne aus, sah in Stall und Scheuer nach dem Rechten, bestimmte die Knechte, die morgen mit ihnen reiten sollten. Er übertrug dem Oberstleutnant Towkatsch seine Gewalt und erteilte ihm den gemessenen Befehl, sich ohne Verzug mit dem ganzen Regiment in Marsch zu setzen, sobald er aus dem Lager Botschaft schickte. War er auch angeheitert, und rumorte ihm auch noch der Rausch im Kopf – er dachte an alles. Er kümmerte sich sogar darum, daß die Pferde zu saufen bekämen und ihnen der schönste Großweizen in die Krippen geschüttet würde. Schließlich trat er, matt von der vielen Arbeit, wieder ins Zimmer.

      »Na, Burschen, Schlafenszeit! Und morgen tun wir, was Gott gefällt. Laßt nur sein die Bettmacherei! Wir brauchen kein Bett: wir schlafen im Hof.«

      Die Nacht stieg

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