Johannas Gerechtigkeit (Rache einer Vergewaltigten). Martin Wischmann
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Johannas Gerechtigkeit
( Rache einer Vergewaltigten )
Für Maria, Jasmin, Marvin, Kevin und Maxi,
sowie alle im Diesseits und Jenseits, die mir am Herzen liegen.
Eventuelle Ähnlichkeiten der Charaktere mit realen Personen können durchaus gewollt sein.
Johannas Gerechtigkeit
( Rache einer Vergewaltigten )
Martin Wischmann während seines Sololaufes - Eintausend Kilometer durch Arizona
Liebe Leserin, lieber Leser,
zuerst einmal möchte ich ihnen von Herzen danken, dass sie sich für dieses Buch entschieden haben. Dies zeigt, dass wir, -zumindest stellenweise Denkähnlichkeiten haben. Ja, ich glaube, Sie und Ich haben einiges gemein, auch in Bezug auf Zwischenmenschliches. Sicher gibt es für jeden von uns angenehme, herzallerliebste Mitmenschen, für die wir, ohne mit der Wimper zu zucken, jederzeit bereit wären, bei lebendigem Leibe ein lebenswichtiges Organ zu spenden, aber garantiert auch die ein oder andere abgrundtief gehasste Person der geborenen Kotzbrocken, der wir wünschen, dass sie mit dem Gesicht voraus in einen laufenden Flugzeugpropeller gerät. Ich denke, bei der folgenden Geschichte, die sich im Grunde genommen überall hätte abspielen können, -vielleicht auch ereignet hat, ist es genauso. Sie werden Personen und Charaktere kennenlernen, die sie mögen, ins Herz schließen, womöglich sogar lieben, aber auch das Abscheuliche, Schändliche, nicht für möglich gehaltene Grauenvolle wird ihnen begegnen. Die Geschichte beginnt harmonisch im Kreise der Familie und nimmt alsbald Kurs in Richtung Hölle. Wer Seelenpein, Psycholeid und Gewalt, -urplötzlich in den friedlichen Alltag brechend, selbst in geschriebener Form nicht zu ertragen im Stande ist, sollte das Buch zur Seite legen oder sich unter einer dicken, warmen Decke schutzsuchend gemütlich einkuscheln, wodurch das gelesene Wort jedoch nicht weniger Lieblich oder Entsetzlich wird. Je nachdem! Ich wünsche ihnen das Leben, dass sie verdienen.
Martin Wischmann
05. April 1968
„Wer tut nur so etwas? Welcher Irre erschießt einen Bürgerrechtler, der für Gewaltlosigkeit eintritt?“, fragte Rudolf Wenk seinen am Frühstückstisch sitzenden Schwiegervater Karl König, während im Hintergrund weiter die aktuelle Nachrichtenmeldung aus dem alten Küchenradio drang. „Ich weiß es nicht, Rudolf“, entgegnete der Endfünfziger, „vielleicht handelt es sich bei dem Attentäter um einen Fanatiker, der etwas dagegen hat, das unterschiedliche Kulturen in Frieden miteinander leben. Der Hass unter den Menschen ist so alt wie diese Welt, seit Urzeiten, seit dem Mord von Kein an seinem Bruder Abel, so man an die Bibel glaubt. Ich garantiere dir, dass der gestrige Mord an Martin Luther King nicht der letzte seiner Art bleiben wird. Gestern war es ein farbiger Bürgerrechtsaktivist, der in Amerika gewaltsam aus dem Leben gerissen wurde, morgen ist es vielleicht ein weißer Politiker in Europa, …oder jemand wie du und ich.“ „Überleg mal“, sagte Rudolf, während er aus einer mit Blumenmotiven verzierten, zart rosafarbenen Porzellan- Kaffeekanne kräftig duftenden schwarzen Kaffee in zwei gleichermaßen verzierte Kaffeetassen goss, „sie sagten, dass Martin Luther King nur neununddreißig Jahre alt wurde, gerade mal zwölf Jahre älter, als ich gerade bin. Wie die Zeit so spielt, drüben in Memphis verlor ein Friedliebender sein Leben und hier bei uns in Deutschland, im schönen Hessenland wird zur gleichen Zeit, am 04. April 1968 ein Baby geboren. Ich kann es noch gar nicht fassen, nun Vater eines kleinen Mädchens zu sein.“ „Du sagst es, Rudolf“, stimmte Karl König nickend zu, „es ist auch für mich ein Wunder, zum zweiten Mal Großvater, …Opa zu sein. Ein Jammer, dass meine liebe Erika es nicht mehr erleben durfte. Sie war noch so jung, als sie starb. Und jetzt, …jetzt wäre sie zweifache Großmutter und hätte ihre wahre Freude an den Enkelkindern.“ Mit einem knappen, „Tja, wirklich traurig“, stimmte Rudolf kopfnickend seinem Schwiegervater zu, während er mit den beiden fast randvollen Kaffeetassen, behutsam Richtung Küchentisch schritt und sie dort vorsichtig abstellte. Die beiden Männer genossen sichtlich zufrieden den starken Bohnenkaffee, dessen wohliges Aroma die gesamte Räumlichkeit der Küche ausfüllte. Der hochgewachsene, schlanke Rudolf saß mit einem dunkelblauen Trainingsanzug bekleidet auf einem der knarrenden, alten Holzstühle und blickte entspannt aus dem Küchenfenster, hinüber zu der im Morgennebel liegenden Wiese, die sich hinter dem Haus anschloss. Der legere Trainingsanzug wurde von Rudolf gerne in der Freizeit getragen, denn im Berufsleben waren gut geschnittene Anzüge mit Krawatte und Lackschuhen Pflicht, denn als Versicherungsvertreter kam es für ihn auf ein gepflegtes Äußeres an. Aus dem gleichen Grund trug er sein mittelblondes Haar stets akkurat frisiert und kurz, Vorgaben des Arbeitgebers, denen sich Rudolf wortlos unterordnete. Karl hingegen, saß mit einer abgewetzten Jeanshose und bis zu den Ellbogen hochgekrempelten Hemdsärmeln, einen Arm auf den schweren Eichenholz Küchentisch gestützt da und schlürfte den Kaffee Zug um Zug auf. Sein rot-weiß kariertes Hemd hatte einige Flecken an der linken Seite, denn der Mann betrieb eine kleine Landwirtschaft, bestehend aus Kühen, Rindern, Schweinen und Hühnern auf dem Anwesen, welches seit Generationen als Birkenhof bekannt war, da um das Anwesen herum zahlreiche, meist ältere Birken standen. Auch an diesem Morgen hatte der stämmige Mann mit dem dunklen, dichten Schnurrbart, -den man in der Region Schnorres nannte, und den kleinen freundlichen Augen schon die Tiere gefüttert und die Ställe ausgemistet, bevor er den wohlverdienten Kaffee zu sich nahm. Für gewöhnlich kochte seine Tochter Marianne Wenk, die vierundzwanzigjährige Ehefrau von Rudolf den Frühstückskaffee, ebenso half sie seit ihrer Kindheit mit ganzer Kraft auf dem Hof mit. Somit wusste man auf dem Hof, was echte Arbeit ist, denn in der Landwirtschaft gibt es keine Stechuhr und keine Feier- und Sonntage und Karl beneidete gerade in den letzten Jahren, seid seine Kraft spürbar nachließ, einige seiner ehemaligen Schulkameraden, die Beamte oder bleistiftspitzende Staatsdiener, wie er sie augenzwinkernd nannte, geworden waren, denn am Schreibtisch würde seiner Meinung nach Alles, aber keine Sache stattfinden, die den Begriff Arbeit verdiene, was nicht selten zu Unstimmigkeiten führte. Doch in den letzten fünf Wochen war Karl auf sich alleine gestellt, aufgrund der Schwangerschaft seiner Tochter. Karl fiel die harte Arbeit als Landwirt schon lange nicht mehr so leicht wie früher, darum war er froh, als ihm Rudolf am Vorabend die Nachricht der glücklich verlaufenen Geburt aus dem Krankenhaus mitbrachte. Mutter und Kind waren wohlauf. Dies freute freilich alle miteinander am meisten, denn die bodenständige Familie war sich immer bewusst darüber, dass einzig die Gesundheit das höchste Wohl auf Erden, -das größte Glück überhaupt darstellt. Sowohl Rudolf als auch seine noch im Krankenhaus befindliche Ehefrau Marianne waren von ihren Eltern an den christlichen Glauben angelehnt erzogen worden. Zwar nicht beinhart streng, aber Werte wie Nächstenliebe, Menschlichkeit und Anstand waren hoch angesetzte, wichtige Werte, -das Anhäufen und Vermehren von Besitztümern und Reichtümern war ihnen, -selbst nur als Denkansatz völlig fremd und unverständlich. Die Familie lebte Tag für Tag und wusste, dass jeder neue Morgen, der Beginn eines weiteren Arbeitstages war. Gewiss, die Arbeitszeiten von Rudolf, der bei einer mittelständigen Versicherungsgesellschaft seit gut fünf Jahren beschäftigt war, waren seit Jahren die gleichen, -er arbeitete von Montag bis Freitag, je von neun bis achtzehn Uhr und hatte etwa vier Wochen Urlaub pro Jahr. Im Grunde war bei ihm jede einzelne Arbeitsstunde gleich, glich wie ein Ei dem anderen. Hätte er an einem einzigen Tag im Jahr auch nur drei Minuten nach achtzehn Uhr Feierabend gehabt, hätte er es rot im Kalender vermerkt, Die freien Tage am Wochenende nutzte Rudolf jedoch immer, um sich von der “schlauchenden Arbeitswoche“, wie er es nannte, -häufig von Schwiegervater Karl belächelt, zu erholen. Auf dem Hof, bei der Landwirtschaft, half er so gut wie nie, was seinem Schwiegervater von Anbeginn der Ehe mit Marianne missfiel. Karl hätte sich einen Schwiegersohn gewünscht, der mit ganzer Kraft in die Landwirtschaft eingestiegen wäre, denn so wie jetzt würde der Hof nicht mehr lange zu bewirtschaften sein, …vermutlich. Karls Hoffnung war es, dass er mit nunmehr neunundfünfzig Jahren noch so lange zusammen mit Tochter Marianne die Arbeit würde leisten können, bis ein Mitglied der nächsten Generation auf dem Hof vollzeitig