Fire&Ice 6 - Chris Turner. Allie Kinsley
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Prolog
CHRIS
Seit Wochen gab es für ihn kein anderes Thema mehr, als das 5-jährige Jubiläum seines Clubs. Hierfür hatte er lange und hart gearbeitet.
Die alte Fabrikhalle, in der sein Club lag, hatte er mit seinen eigenen Händen umgebaut. Floor für Floor hatte er eröffnet und die Fläche immer weiter vergrößert, bis er schließlich das gesamte Gebäude erschlossen hatte.
Heute, fünf Jahre nach der Eröffnung, könnte er gut doppelt so viel Platz gebrauchen, um die Partybegeisterten unterzubringen. Dass er nicht mehr Fläche zur Verfügung hatte, verkleinerte das Angebot bei steigender Nachfrage, sodass er sich aussuchen konnte, wer seinen Club betrat und wer nicht.
Um das zu gewährleisten, vertraute er nicht auf eine fremde Security Firma, sondern hatte seinen eigenen Mitarbeiterstab aufgebaut. Genauso wie für Bar und Animation. Wer die High Society in seinem Club haben wollte, musste für entsprechende Qualität sorgen, und das tat er.
Der Club verfügte über insgesamt drei große Floors, in denen es je zwei VIP Bereiche gab. Den größten, hatte er für seine Freunde von Fire&Ice reserviert, welche ihm in wechselnder Kombination die ganze Woche über Gesellschaft leisteten.
Fire&Ice, die Gruppe, mit der er seit über zehn Jahren nach Talin fuhr. Das weltweit berühmte Mittelalterfestival, auf dem über 5000 Mittelalterverrückte ihre Leidenschaft auslebten. Fire&Ice trat während des 14-tägigen Festivals fast jeden Tag mit ihrem Act auf. Über die Jahre hinweg hatten sie eine Mischung aus Feuerspucken und Akrobatik entwickelt, die beim Publikum sehr gut ankam. Dass sie alle gut aussahen, trieb das Ganze sicherlich auch voran.
Die freie Auswahl unter den Frauen zu haben, war einfach spitze und Chris freute sich jeden Abend aufs Neue, sich eines der schönen Mädchen aussuchen zu können. Er musste seinem Sicherheitspersonal nur sagen, welche der Damen zu ihnen durften. Die Frauen waren durch die Bank begeistert.
Sie tanzten den ganzen Abend im VIP Bereich und schmiegten sich an jeden von ihnen. Manche nahm er mit hinauf in seine kleine Wohnung, andere vögelte er gleich hinten in seinem Büro. Das hier war sein Traum vom Glück, alles, was er sich jemals gewünscht hatte.
Am Abend des Jubiläums-Auftritts kam er keine fünf Minuten zur Ruhe, dauernd wurde er irgendwo gebraucht, gab es irgendwo Probleme oder musste er irgendetwas entscheiden.
Seine Freunde feierten seit Stunden und er freute sich darauf, sich nach dem Act endlich ein wenig zu ihnen gesellen zu können.
Gemeinsam begaben sich alle hinter die Bühne und zogen die Anzüge an, die Chris bestellt hatte. Es handelte sich um enganliegende, elastische Materialen, sodass sie ihnen nicht im Weg sein würden. Sogar ihre Köpfe waren bis auf einen großzügigen Mund- und Augenausschnitt komplett bedeckt, damit ihre Identitäten geschützt blieben.
Geldgeile Mädchen und Paparazzi waren das letzte, das seine Freunde und er haben wollten.
Die Tricks und Nummern, die sie aufführten, waren dieselben wie auf dem Mittelalterfestival.
Einige Teile hatten sich schon bei den Proben als schwierig herausgestellt, da die Anzüge bedeutend rutschiger waren, als bloße Haut und die kurzen Hosen, in denen sie sonst immer auftraten.
Doch alles lief wie geplant, der Auftritt schien zu gelingen. Als Höhepunkt stellten sie wie immer eine Art Pyramide dar, bei der die Personen, die ganz oben standen, gemeinsam einen großen Feuerball erzeugten.
Jason gab das Kommando für die Obermänner, als Chris rechter Fuß leicht abrutschte, gerade, als er den Mund voller Pyrofluid hatte. Er verschluckte sich beinahe und spuckte reflexartig alles aus, da das Verschlucken der Substanz tödlich sein konnte.
Sein Anzug sog sich voll und die stark brennbare Flüssigkeit fing sofort Feuer.
Von dort an verlief für Chris alles wie in einem schlechten Film. Da war nur noch Hitze und Schmerz. Laute Stimmen, Gebrüll, Geschrei. 1000 Menschen, 1000 Hände, die ihn drückten und ihm zusätzlich Schmerzen bereiteten. Er versuchte sich frei zu machen, schlug um sich, wollte weg, nur schnell weg.
Dann wurde alles dunkel.
1 Who's that girl?
CHRIS
Der Unfall war mittlerweile ein Jahr her. Es fiel ihm immer noch sehr schwer, in sein altes Leben zurückzufinden.
Es war einfach zu viel, was er dabei verloren hatte. Die Auftritte mit seinen Freunden. Die Aufmerksamkeit der Frauen. Ob es jemals wieder so werden würde wie früher, wusste er nicht. Es war ihm egal, er hatte sich mit seinem Dasein als Biest abgefunden.
Auch heute, am Jahrestag nach seinem Unfall, saß er in seiner Diskothek im VIP Bereich und betrachtete all die Menschen, die hier feierten. Spaß hatten. Party machten.
Es war eine andere Welt. Er gehörte nicht mehr dazu. Es war sein Club, sein Reich, aber eigentlich war er nicht mehr im Kreis dabei.
All die jungen Männer und Frauen liefen herum, lachten, tanzten und hatten Spaß. Er sah ihnen zu und erinnerte sich an die Zeiten, als es ihm genauso ging. Als er genau dasselbe getan hatte.
Heute nicht mehr. Er hatte sich aus vielen Aktivitäten zurückgezogen. Er war weder zu Tys Hochzeit noch zu Brandons Verlobungsparty gegangen. Auch Talin, letztes Jahr, hatte er verpasst.
Ob er dieses Jahr gehen würde, stand noch in den Sternen. Momentan stand ihm nicht der Sinn danach. Er wollte nur innere Ruhe und Frieden finden. Er sehnte sich danach, vergessen zu können, was aus ihm geworden war. Die Narben physisch und psychisch auszulöschen.
Zu gern würde er die Zeit zurückdrehen. Zurück zu dem Tag, an dem er entschied, die Anzüge für den Sonderauftritt zu kaufen. Jenen Anzug, der Feuer gefangen und somit sein komplettes Leben verändert hatte.
Er war ein Playboy gewesen, ein Spieler, genauso wie Shane und seine anderen Freunde. Er hatte Frauen um sich geschart. Jeden Tag hatte er einen anderen Geier auf dem Tablett serviert bekommen.
Auch heute war es noch so, aber heute konnte er sich noch nicht einmal einreden, dass sie mehr in ihm sahen als Geld und Spotlight.
Das war auch der einzige Grund, warum er überhaupt erwog, jemals wieder mit nach Talin zu fahren. Denn dort war er einfach nur Chris. Nicht Chris Turner, der Besitzer einer der angesagtesten Clubs von Boston. Der Mann, auf dessen Party jeder dabei sein wollte.
In Talin könnte er einfach nur er selbst sein, so wie in den vergangenen Jahren auch. Insgeheim fürchtete er sich auch ein wenig davor, denn es konnte sich schließlich genauso gut herausstellen, dass ihn um seiner selbst Willen niemand begehren konnte.
Dieser Gedanke war grauenhaft und er wusste nicht, ob er das würde verkraften können.
Jeden Morgen war es aufs Neue eine Qual aufzustehen und sich dem Alltag zu stellen.
Vor allem, weil er genau wusste, was