Das Leben des Giacomo Casanova und seine frivolen erotischen Abenteuer - Teil 1. Giacomo Casanova

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Das Leben des Giacomo Casanova und seine frivolen erotischen Abenteuer - Teil 1 - Giacomo Casanova

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fio – wenn ich kurz sein will, werde ich dunkel – so glaube ich, ich kann ohne Unbescheidenheit die Worte meines geliebten Virgil auf mich anwenden:

       Nec sum adeo inferior: nuper me in litore vidi

       cum placidum ventis staret mare.

      Auch nicht bin ich so schlecht von Gestalt; mich sah ich am Ufer

      jüngst, da des Meers Windstille mir spiegelte. (Voß.)

      Der Kultus der Sinneslust war mir immer die Hauptsache: niemals hat es für mich etwas Wichtigeres gegeben. Ich fühlte mich immer für das andere Geschlecht geboren; daher habe ich es immer geliebt und mich von ihm lieben lassen, soviel ich nur konnte. Auch die Freuden der Tafel habe ich leidenschaftlich geliebt, und ich habe mich für alles begeistert, was meine Neugier erregte.

      Ich habe Freunde gehabt, die mir Gutes getan haben, und ich hatte das Glück, ihnen bei jeder Gelegenheit Beweise meiner Dankbarkeit geben zu können. Ich habe auch abscheuliche Feinde gehabt, die mich verfolgt haben, und die ich nicht vernichtet habe, weil es nicht in meiner Macht stand, dies zu tun. Wer eine Beleidigung vergisst, vergibt sie darum noch nicht; denn um vergeben zu können, muss man heroisches Gefühl, ein edles Herz, einen großmütigen Sinn haben; das Vergessen dagegen beruht auf Gedächtnisschwäche oder auf sanftmütiger Nachlässigkeit, der eine friedfertige Seele sich so gerne hingibt; oft auch auf einem Bedürfnis nach Ruhe und Frieden. Denn der Hass tötet mit der Zeit den Unglücklichen, der ihn groß werden lässt.

      Wenn man mich sinnlich nennt, so tut man mir unrecht; denn meiner Sinne wegen habe ich niemals Pflichten vernachlässigt, so oft ich deren hatte. Aus demselben Grunde hätte man niemals Homer einen Trinker nennen dürfen:

       Laudibus arguitur vini vinosus Homerus

      Weil er den Wein gelobt, gilt als Weintrinker Homerus.

      Ich liebte alle scharfgewürzten Speisen: Makkaronipastete von einem guten neapolitanischen Koch, die Ollapotrida der Spanier, recht klebrigen Neufundländer Stockfisch, Wildbret im höchsten Stadium des Duftes und von Käse gerade diejenigen Sorten, deren Vollendung sich dadurch zeigt, dass die Tierchen, die sich in ihnen bilden, sichtbar werden. Stets fand ich süß den Geruch der Frauen, die ich geliebt habe.

      Was für ein verderbter Geschmack! wird man sagen; welche Schamlosigkeit, ihn ohne Erröten einzugestehen! Diese Kritik macht mich lachen; denn ich glaube, dank meinem derben Geschmack glücklicher zu sein als andere Menschen; ich bin überzeugt, dass er mich genussfähiger macht. Glücklich, wer sich Genüsse zu verschaffen weiß, ohne anderen zu schaden! Töricht, wer sich einbildet, das höchste Wesen könnte Wohlgefallen daran finden, dass ihm zum Opfer Schmerzen, Qualen und Entbehrungen geweiht werden, und es liebe nur die Überschwänglichen, die sich dergleichen auferlegen. Gott kann von seinen Geschöpfen nur die Betätigung jener Tugenden verlangen, deren Keime er in ihre Seele gelegt hat; er gab uns alles nur, um uns glücklich zu machen: Eigenliebe, ehrgeiziges Streben nach Beifall, Nachahmungstrieb, Kraft, Mut und schließlich etwas, das keine Gewalt uns nehmen kann: die Möglichkeit, uns selber zu töten, wenn wir nach einer richtigen oder falschen Berechnung so unglücklich sind, unsere Rechnung dabei zu finden. Dieses ist der stärkste Beweis für unsere moralische Freiheit, die der Sophismus so scharf bestritten hat. Die Natur jedoch sträubt sich gegen den Selbstmord, und mit Recht müssen alle Religionen ihn verbieten.

      Ein vermeintlicher starker Geist sagte mir eines Tages, ich könnte mich nicht einen Philosophen nennen und gleichzeitig an die Offenbarungen glauben. Aber wenn wir sie im Physischen nicht bezweifeln, warum sollten wir sie nicht auch in den religiösen Dingen zulassen? Es handelt sich nur um die Form. Der Geist spricht zum Geist und nicht zu den Ohren. Die Uranfänge alles unseres Wissens müssen denen offenbart worden sein, die sie in dem großen und erhabenen Prinzip, das sie alle einschließt, uns mitgeteilt haben. Die Biene, die ihren Stock, die Schwalbe, die ihr Nest, die Ameise, die ihre Höhle baut, die Spinne, die ihr Netz webt – sie hätten niemals etwas gemacht, hätten sie nicht vorher eine Offenbarung empfangen, die von Ewigkeit her da sein musste. Entweder müssen wir dies glauben, oder wir müssen zugeben, dass die Materie denkt. Warum nicht, würde Locke sagen, wenn Gott es gewollt hätte? Aber da wir es nicht wagen, der Materie so viel Ehre zu erweisen, so wollen wir uns doch lieber an die Offenbarung halten.

      Der große Philosoph Locke, der, nachdem er die Natur studiert hatte, jubelnd verkünden zu können glaubte, dass Gott nichts weiter sei als die Natur selber – er starb zu früh. Hätte er noch einige Zeit gelebt, so wäre er viel weiter gegangen, aber seine Reise wäre nicht lang gewesen. Er hätte sich selber in seinem Schöpfer gefunden und hätte ihn dann nicht mehr leugnen können: in eo movemur et sumus – in ihm leben und sind wir. Er würde ihn unbegreiflich gefunden haben und hätte sich nicht mehr darum beunruhigt.

      Könnte Gott, der Uranfang aller Anfänge, der selber niemals einen Anfang gehabt hat, sich selber begreifen, wenn er, um sich zu begreifen, seinen eigenen Anfang kennen müsste?

      O glückliches Nichtswissen!

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       John Locke

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       Spinoza

      Spinoza, der tugendhafte Spinoza, starb, ehe er zu diesem Besitze gelangt war. Er wäre als Weiser und mit gerechtem Anspruch auf Belohnung seiner Tugenden gestorben, wenn er an die Unsterblichkeit seiner Seele geglaubt hätte.

      Es ist falsch, dass echte Tugend nicht auf Belohnung Anspruch erheben dürfe, sondern dadurch ihrer Feinheit Abbruch tue. Im Gegenteil, die Tugend wird dadurch gestärkt; denn der Mensch ist zu schwach, als dass er tugendhaft sein wollte, nur um sich selber zu gefallen. Ich glaube, dass jener Amphiaraos, qui vir bonus esse quam videri malebat – der lieber ein rechtschaffener Mann sein als scheinen wollte, der Fabel angehört. Ich glaube mit einem Wort, es gibt auf der Welt keinen ehrenwerten Menschen ohne alle Ansprüche, und ich will von den meinigen reden.

      Ich erhebe Anspruch auf die Freundschaft, die Achtung und die Dankbarkeit meiner Leser. Auf ihre Dankbarkeit: wenn das Lesen meiner Erinnerungen sie belehrt und ihnen Vergnügen macht. Auf ihre Achtung: wenn sie mir Gerechtigkeit widerfahren lassen und mich reicher an guten Eigenschaften als an Fehlern finden. Auf ihre Freundschaft: wenn sie mich dieser würdig finden wegen des Freimutes und des Vertrauens, womit ich mich ohne Verkleidung, ganz wie ich bin, ihrem Urteil überliefere.

      Sie werden finden, dass ich stets die Wahrheit so leidenschaftlich geliebt habe, dass ich oft zunächst gelogen habe, um Menschen, die ihre Reize nicht ahnten, mit der Wahrheit bekannt zu machen. Sie werden nicht auf mich schmälen, wenn sie mich die Börse meiner Freunde leeren sehen, um meine Launen zu befriedigen; denn diese Freunde trugen sich mit chimärischen Plänen, und indem ich ihnen Hoffnung auf deren Erfüllung machte, hoffte ich selber sie von ihrer Torheit zu heilen, indem ich sie sie erkennen ließ. Ich betrog sie, um sie vernünftig zu machen, und ich hielt mich nicht für strafbar; denn ich handelte nicht aus Habsucht. Die Summen, die ich benutzte, um mir meine Vergnügungen zu verschaffen, waren zu Zwecken bestimmt, die von Natur unmöglich sind. Ich würde mich schuldig fühlen, wenn ich heute reich wäre. Aber ich habe nichts; ich habe alles verschwendet; und dies tröstet mich und rechtfertigt mich. Es war Geld, das zu Torheiten bestimmt war. Ich habe es seiner Bestimmung nicht entfremdet, indem ich es für meine eigenen Torheiten verwandte.

      Sollte ich mich in meiner Hoffnung getäuscht haben und dem Leser nicht gefallen, so gestehe ich: Dies würde mir leid tun; aber doch nicht so sehr, um mich bereuen zu lassen, meine Lebensgeschichte niedergeschrieben zu haben; denn trotz alledem bleibt es dabei,

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