Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski
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Die Hohokam-Kanäle waren in einer für solche Anlagen meist sehr günstigen flachen Landschaft angelegt worden. Das oft bemühte „Ingenieurwissen“ der Kanalbauspezialisten beruhte auf langjährigen Erfahrungen und einer sehr aufmerksamen und gründlichen Naturbeobachtung ihres Aktionsraumes. In einer flachen Landschaft mit regelmäßigen – auch quantitativ unterschiedlichen – Überschwemmungen markiert die Vegetation Wachstumsgunsträume unterschiedlicher Qualität (Bodenqualität, Mächtigkeit des Grundwasserleiters, Höhe des Grundwasserspiegels). Diesen Sachverhalt nutzten und förderten die Hohokam durch den anfänglich sicher sehr geringen und/oder nur an sehr wenigen Stellen betriebenen Kanalbau. Aus dieser günstigen Situation heraus gewannen sie Schritt für Schritt technische und ökologische Erfahrungen, deren späteres Ergebnis von den heutigen Archäologen freigelegt wurde. Aber auch diese Anlagen geben trotz ihrer Größe nur sehr begrenzte Einblicke in das Leben der Hohokam. Sie haben aus einer ökologisch günstigen Chance eine beeindruckende Flusstalkultur geschaffen.
3.1.6.3. Die Wasserreservoire
Hohokam-Menschen erbauten und nutzten auch Wasserreservoire. Neben kleinen Anlagen im Bereich der riverinen Niederlassungen - teilweise mit Kanalanschluss - wurden auch große Reservoire in den flussfernen Trockengebieten angelegt. Der Kenntnisnahme und der wissenschaftlichen Erkundung letzterer wird aber erst in jüngerer Zeit verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl der Sachverhalt der Existenz solcher Anlagen bereits sehr lange bekannt ist, aber Archäologen haben auch nur begrenzte finanzielle Mittel zur Erfüllung ihrer wissenschaftlichen Neugier.
Diese ganzjährig Wasser liefernden Reservoire waren die primäre Lebensbasis für die Errichtung und den Erhalt von dauerhaften Niederlassungen mit Feldern und Bodenbauaktivitäten. Diese Dörfer stellten praktisch Oasen im Trockengebiet dar. Ein Teil dieser Oasendörfer – große Niederlassungen mit Plattformmounds, zahlreichen Adobe-Behausungen, Abfallhaufen und ausgedehnten bodenbauerisch genutzten Flächen – entstand nach 1100 u.Z. und belegt den Drang oder Zwang, bis dato marginale Flächen dem Bodenbau zu erschließen. Solche Anlagen und Siedlungen lagen im Wüstenbereich zwischen dem Tucson- und dem Phoenix-Becken sowie im Bereich des Santa Rosa Wash.
Es gab jedoch im Bereich des Organ Pipe National Monument bereits ältere, aber offensichtlich nur temporär genutzte kleine Niederlassungen aus der Zeit von 775 bis 975 u.Z., die als Camps auf einer Hohokam-Beschaffungsroute für Muschelschalen von der Küste des Golfes von Kalifornien interpretiert wurden. In diesen Campstätten wurde Red-on-Buff Keramik aus dem Phoenix-Becken gefunden. Diese Niederlassungen wurden wahrscheinlich sukzessiv permanent bewohnt und erfuhren in der Klassischen Periode (1150 bis 1400 u.Z.) eine Zunahme der Bevölkerungsanzahl und eine größere Veränderung im Hohokam Niederlassungsmuster. Es entstanden größere Gemeinschaften. Eine dieser Hohokam-Gemeinden bestand z.B. aus einer Dorfanlage, die mit dem Reservoir, den Abfallhügeln, den Röstgruben und den Grubenhäusern (Haus in der Grube) eine Fläche von 105 ha bedeckte. Dieses Dorf wurde von einer Anzahl von kleineren Dörfern umgeben, von denen eines einen Kanal hatte, zu dessen möglicher Funktion keine Aussage vorliegt. Im Gegensatz zu Hohokam-Standorten der klassischen Zeit in anderen Bereichen gibt es in der Organ Pipe Region keine Beweise für übertägige Adobebauwerke, Plattformmounds oder Compounds. Während der klassischen Zeit erloschen die Interaktionen dieser Dörfer mit dem Phoenix-Becken und die Verbindungen zum Tuscon-Becken verstärkten sich.
Es ist anzunehmen (Aussagen liegen dazu nicht vor!), dass die ersten Oasennutzungen durch die Hohokam an natürlichen Bodeneinsenkungen entstanden, die durch wasserführende Schichten permanent mit Wasser versorgt wurden, wobei der Wasserspiegel entsprechend der Verdunstung und dem Grundwasserzustrom schwankte. Das Vorhandensein von aquatischer Fauna und von Pollen spezieller Pflanzen wasserreicher Gebiete deuten an, dass diese Teiche oder kleinen Seen Rückstandsräume wasserreicherer Zeiten waren. Die Nutzung dieser Orte durch schweifende Menschengruppen ist eine natürliche Erscheinung. Dass solche Orte von den erd- und wasserbauerfahrenen Hohokam eventuell technisch erweitert oder gestaltet wurden und, initiiert von solchen natürlichen Oasenräumen, an günstigen Orten neue Einsenkungen bis zu erreichbaren wasserführenden Schichten einschließlich von Erfassungsanlagen zum Auffangen von abfließendem Oberflächenwasser gegraben wurden, ist dann nur eine logische Schlussfolgerung. Die Anlage der Dämme ist im Wesentlichen nur eine Aufhäufung des ausgehobenen Erdmaterials. Inwieweit wenigstens der Dammfuß aus wasserstauendem bindigen Boden bestand oder eine solche Außenschicht als Versickerungsschutz bekommen hatte, ist mangels konkreter Angaben nicht zu beantworten. Die Dämme und ihr wahrscheinlich geförderter Bewuchs haben aber sicher als Windschutz dämpfend auf die windgeförderte Verdunstung gewirkt. Reservoire, die nur vom aufgefangenen Oberflächenwasser hätten existieren wollen, wären unter den Bedingungen der Sonora-Wüste ohne Grundwasserzufluss nicht ganzjährig wirksam gewesen. Die Nutzung wie auch der Bau und die Erweiterung solcher wasserspendenden Anlagen lag im Erfahrungsschatz der Hohokam. Die Tiefe und das Volumen einer solchen Anlage, die Wasserergiebigkeit und die Nutzungsmöglichkeiten des Wassers hingen ganz von den konkreten geologisch-hydrologischen und topographischen Bedingungen ab.
3.1.6.4. Die Ballspielplätze (750/775 bis 1150/1250 u.Z.)
Ein Kennzeichen der Hohokam-Kultur sind spezielle Erdbauanlagen: eingetiefte Zeremonialplazas. Sie bestanden aus einer eingemuldeten ovalen bis elliptischen Fläche, deren Erdaushubmassen – analog dem Kanalbau – zu mehr oder minder hohen flachen seitlichen Begrenzungswällen aufgehäuft wurden, die sich an den „spitzen“ Enden des Ovals aber nicht berührten. Im Gebiet zwischen Tucson und Flagstaff wurden bis jetzt mehr als 250 solcher Anlagen in 160 größeren Wohnstandorten entdeckt. 40% der gefundenen und als „Ballspielplätze“ bezeichneten Anlagen liegen im Phoenixbecken. Diese Plätze sind aber über das gesamte Hohokam-Gebiet verteilt. Davon sind bis jetzt nur wenige ausgegraben und erforscht worden. Die Gesamtzahl liegt aber noch höher, da z.B. die entsprechenden – mindestens 8 – Anlagen aus dem nördlichsten zeitweise von den Hohokam bewohnten Gebieten im Wupatki-Becken hier noch nicht mit erfasst wurden. Im Wupatki-Becken wurden Ballspielplätze erst nach 1070 u.Z. von den eingewanderten Hohokam errichtet, deren Nutzung spätestens bis 1300 u.Z. mit dem Verlassen dieser Niederlassungen eingestellt wurde. An Hand der wenigen erforschten Anlagen dieser Art ergeben sich folgende Aussagen:
Ca. 206 Ballspielplätze wurden hauptsächlich zwischen 750 und 1000 u.Z. benutzt. Zwischen 1150 und 1250 u.Z. erlosch die rituelle und säkulare Rolle dieser Plätze und die Aktivitäten auf ihnen und in ihrer Umgebung erloschen ebenfalls. Eine Ausnahme stellt nur die relativ isolierte, nördlichste Gruppe von Ballspielplätzen im Bereich von Wupatki auf dem Colorado Plateau dar. Im Süden wurden nach 1250 u.Z. wahrscheinlich keine Ballspielplätze mehr gebaut. Die Konzentration der Ballspielplätze lag im Phoenix- und im Tucson-Becken.
Die meisten hatten eine Umwallung aus Erdstoffen, es gab aber auch Umwallungen aus Gesteinsbrocken, die an den Außenseiten der Aufwallung mauerartig gestapelt waren (z.B. in der Rock Ball Court Site) und auch wenigstens eine Anlage (in Wupatki), deren Umfassung aus einem Gesteinsmauerring mit Erdhinterfüllung bestand. Der einzige im Mogollon-Gebiet errichtete Hohokam-Ballspielplatz aus der Zeit zwischen 1000 und 1150 u.Z. befindet sich in der Stove Canyon Site in der Nähe des Point of Pines Pueblos und war durch eine große ovale Eintiefung gekennzeichnet, die von einer größeren Anzahl von großen Basaltblöcken umgeben war. Die Längsachse des Platzes hatte eine grundsätzliche Nord-Süd-Orientierung. Die Eintiefung beträgt ca. 0,5 m unter die ursprüngliche Erdoberfläche. Der Boden der Eintiefung besteht aus geglättetem weißgelbem Lavazersatz des weichen, verwitterten oberen Teils eines natürlichen Felsuntergrundes. Die Grabarbeit war für die Erbauer kein nennenswertes Problem, ihre Grubenhäuser waren auch in diese Schicht