Die Weltsicht einer ziemlich verrückten Puppenmacherin. Julianne Becker

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Die Weltsicht einer ziemlich verrückten Puppenmacherin - Julianne Becker Der Weg der Puppen

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war es bei mir. In welche Hölle musste er fallen, zumindest wenn er schon sensibel und in sehr hohen Schwingungen lebte. Und es handelte sich dabei eben nicht um die eigenen Probleme, sondern um die momentanen Probleme, Wünsche und Sorgen von allen Zuschauern, die sie eingespeist hatten in sein großes, charismatisches Feld. Und vielleicht schlug es sich bei ihm statt in Exzessen auch nur in körperlichen Problemen und Krankheiten nieder.

      Denn diese fremden Feldinhalte, das Zeugs der Fans, verbündeten sich aber natürlich mit allen eigenen Problemen und beschleunigten eigene Erfahrungen. Eine Art persönliche Schnellreife musste das sein! Whow! Und vielleicht hatte der Star dann erfahrene Kollegen, die ihm Tipps gaben, damit umzugehen und er probierte aus, und manches funktionierte und manches nicht. Die Menschen liebten den Star, weil er ihnen ihre Sorgen abnahm, und eben nicht nur für den gesamten Zeitraum des Konzertes, sondern auch in der gesamten mitgeführten Menge!

      Da besaß ein Mensch so viel Charisma und was hatte er davon? Nun, auch das war leicht zu beantworten: Er bekam neben seiner Künstlergage auch die ganze Lebenskraft aller Zuschauer, die diese für die Dauer des Konzertes auf ihn richteten, und die stand ihm nun alleine zur Verfügung und er konnte sie dafür nutzen, sich selbst ein gutes Leben zu erschaffen. Und deshalb, und weil sie wieder in sich alleine waren, spürten auch die Zuschauer ein kleines Katerchen danach.

      Und das Vermögen, das er nun verdiente, war nur die materielle Entsprechung des Feldes dieser riesigen Schöpferpotenz, die ihm seine Fans zur Verfügung stellten. Und bei all der Absorbertätigeit hatten er sich das doch auch redlich verdient.

      Charisma

      Mit Charisma hatte ich mich immer wieder mal beschäftigt, allerdings vorher noch nie auf Feldebene. In einer Vorlesung über die großen Berühmtheiten der Psychotherapie im Umgang mit schwer verhaltensgestörten Kindern war ich über die Bemerkung meines Professors gestolpert, dass diese Therapeuten zwar große Erfolge verzeichnet hatten und ganze Schulen gegründet, ihre Methoden sich jedoch so unterschieden, dass ihr Erfolg vielleicht mehr ihrem persönlichen Charisma und nicht so sehr ihren verschiedenen Methoden zuzuschreiben sei.

      Ich erinnerte mich noch, dass ich dachte, warum stopft er dann unsere Köpfe voll mit all diesem Zeug, statt uns Charisma zu lehren? Oder wenigstens darüber zu forschen! Charisma konnte man erkennen und sich darüber unterhalten, also: Was nahm man da eigentlich wahr? Die Ausstrahlung eines Menschen! Also doch sein Feld, oder?

      Diese Ausstrahlung, der Glanz, der einen irgendwie als Lebendigkeit umgab, schien fast nicht vorhanden, wenn ein Mensch sich müde oder krank zur Arbeit schleppte. Betrachtete man aber den gleichen Menschen in einem Zustand von Inspiration oder Verliebtheit, dann strahlte er, so sagte schon der Volksmund. Nun, wenn er strahlte, wie z.B. ein Atomreaktor, dann emittierte er Quanten, dann sandte er Lebensenergie aus, der Volksmund sprach von: "Er strotzt nur so vor Energie." Also handelte es sich eigentlich um das Lebendige selbst, was mehr oder weniger erkennbar durch diesen Menschen hindurchfloss, seine Lebenspotenz. Ein charismatischer Mensch war dann jemand mit mehr Lebenskraft, mit mehr Gedanken- und Gefühlskraft, mit mehr schöpferischer Potenz. Und Charisma war wie Angst keine feste Eigenschaft sondern, wie ich im Laufe meines Lebens entdeckte, ein Potential, das in jedem Menschen vorhanden und durch Seelenintegration freigelegt und wesentlich verstärkt werden konnte.

      Aber zurück zu diesen berühmten charismatischen Pädagogen: Die entlasteten wahrscheinlich die ihnen anvertrauten sehr schwierigen Kinder, in dem sie deren Zeugs immer wieder übernahmen. Sie stellten sich als Felder-Waschmaschinen zur Verfügung. Man musste sich nämlich die Psyche dieser verhaltensgestörten Kinder als besonders chaotisch und randvoll geladen vorstellen, ihr innerer Cocktail enthielt meist drastischste und unkontrollierbare Emotionen und Handlungsimpulse. Wenn sie dieser Cocktail abgeben konnten, dann entluden sie ihr Zeugs in die Aura des anderen und waren danach besser in der Lage, eine innere Ordnung aufzubauen. Das Gerümpel musste doch erst einmal raus, bevor man ein Zimmer bewohnen und einrichten konnte.

      Dabei mussten diese Kinder außerdem noch mit ganz viel äußerer Ordnung gestützt werden und da hatten die Pädagogen-Stars aus der Vorlesung meines Professors ganz unterschiedliche Konzepte entwickelt und umgesetzt, aber viel wichtiger war möglicherweise die Entrümpelung des Inneren ihrer Schützlinge, und diesen Effekt übersah man dann ganz. Daher der Erfolg vor allem charismatischer Pädagogen und der eher mäßige durch ein alleiniges, strukturelles, äußeres Unterstützungskorsett. Diese Kinder brauchten offensichtlich eine emotionale Bindung zu einem charismatischen Menschen, um sich überhaupt vertrauensvoll öffnen zu können.

      Und was mir dann in meiner eigenen Praxis dazu noch auffiel: Gerade meine schwierigsten Kandidaten hatten meist auch noch Lebensumstände, die sie nur sehr selten in Kontakt zur Natur brachten, und die Leser wissen bestimmt selbst, wie gut diese aufräumen kann. Die Natur ist die beste Waschmaschine von allen. Mir hatte der Aufenthalt in Ullas Hütte ja auch sehr geholfen.

      Es gab also Kinder, die waren innerlich extrem problemüberladen und wenn man sich mit ihrem persönlichen Hintergrund vertraut machte, verstand man das auch. Und manchmal brachten sie zusätzlich sehr anstrengende Probleme aus anderen Leben mit, oder wie sonst sollte ich mir den Bericht einer Mutter erklären, dass ihr Sohn, sobald er laufen konnte, den ein Jahr älteren Bruder ständig in ausgesprochen bösem Hass verfolgte, und das ohne jeglichen äußeren Anlass. Mir gegenüber hatte der gleiche Junge auch wiederholt gesagt, er würde seinen Bruder am liebsten umbringen. Und natürlich kam er auch mir selbst einmal damit. Nach dem Unterricht sagte er aggressiv und zornig zu mir:

      "Weißt du, dass ich dich umbringen könnte?"

      Und ich verstand das so, dass in ihm so eine gewaltige zerstörerische Kraft tobte, dass er diese Potenz dazu genau spürte und von den Gedanken und Gefühlen geradezu überschwemmt wurde. Es war auch in meinem Unterricht nicht so gelaufen, wie er es wollte und das machte ihn sehr wütend. Ich hatte die Wut ausgelöst, aber nicht verursacht. Und ich sagte zu ihm:

      "Ja, ich weiß. Aber warum solltest du das tun?"

      Und schaute ihm dabei wohlwollend in die Augen. Dann grinsten wir uns beide an und er ging sichtbar erleichtert in die Pause. Er hatte sich wohl ein wenig entlastet. Jede Moralpredigt hätte in ihm noch mehr Probleme und inneres Chaos erzeugt, er spürte doch schon selbst, er war böse und er wollte so nicht sein. Es war einfach in ihm drin.

      Und das konnte nicht aus diesem Leben stammen, diesen Hass hatte er eindeutig mitgebracht. Und Kinder wie er hatten eine dicken Panzer entwickelt um sich stabil zu halten, weil es ja in ihnen schon so ungeheuer emotional und gedanklich waberte und tobte, und deshalb konnte nur ein starkes charismatisches Feld bis zu ihrem Kern dringen und sie öffnen, sie entlasten und Angebote zu neuen Einsichten unterbreiten. Und ich dachte: Herr Professor, sie hatten recht, Charisma tat es wirklich!

      Diktatoren in einem neuen Licht

      Daher kam auch die Verführungskraft von Diktatoren, sie drangen mit einem starken, charismatischen Feld gerade bei Menschen mit einem dicken Charakterpanzer durch und beeindruckten und berührten sie. Bei denen war ihre Wirkung besonders stark und vor allem bindend. Wo bisher nie ein Lichtstrahl in den Kerker fiel, wurde jeder durchkommende Strahl als selten, einzigartig und göttlich erlebt. Und dieser Kerker entstand durch einen dicken Charakterpanzer bei einem Menschen, der aus einem geringem Selbstwertgefühl heraus und vermutlich zusätzlich mit jeder Menge ungelöster Lebensthemen belastet und ein starkes mentales Korsett bauen musste, um sich zu schützen.

      Aber das funktionierte auch nach innen, in der Regel musste er auch alle Verdrängungen und Verletzungen in Schach halten. Wurde er als Kind nicht geliebt, war das schon allein verletzend genug gwesen, um sich mit einem Charakterpanzer schützen zu müssen. War er außerdem bedrängt,

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