Co. Aytch - Erinnerungen eines Konföderierten an den Bürgerkrieg. Sam Watkins

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Co. Aytch - Erinnerungen eines Konföderierten an den Bürgerkrieg - Sam Watkins Zeitzeugen des Sezessionskrieges

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abgeben wollte?“

      Weißt du, mein lieber Leser, es war dies unser erstes Gefecht und den Offizieren war noch nicht klar gewesen, dass Geschosse und Kanonenkugeln blind sind, dass sie keine Augen haben und nichts sehen können. Die Offiziere glaubten, dass sie die Geschosse irgendwie anziehen würden und dass die gemeinen Soldaten nicht getroffen würden. Ich habe immer auf die einfachen Soldaten geschossen. Sie waren es, die auf uns schossen und uns töteten und wenn ich einen feindlichen Soldaten tötete oder verwundete, nun, so waren meine Überlebenschancen umso besser. Offiziere waren für mich stets eher harmlose Figuren. Ich glaube, Oberst Feild war wohl der einzige Oberst während des gesamten Krieges, der genau so oft eine Muskete abfeuerte wie ein gemeiner Soldat. Wenn ich einmal auf einen Offizier schoss, so war es stets auf sehr große Entfernung. Wenn wir jedoch auf kurze Entfernungen kämpften, so war es mir immer wichtiger, jene zu töten, die auch versuchten, mich zu töten.

       Sewell Mountain

      Von Cheat Mountain aus unternahmen wir mehrere Gewaltmärsche. Am Tag und in der Nacht, über Hügel und majestätische Berge und durch malerische offene Täler. Mal war die Landschaft schön und fruchtbar, mal unwirtlich und kärglich. Wir kamen durch Städtchen und Dörfer, deren Namen ich bereits vergessen habe, wir überquerten Bäche und Flüsse und mit ununterbrochenen, schier endlosen Märschen durchquerten wir das Kanawha-Tal, passierten die Salzwerke und waren fast wieder am Ohio River, als wir schließlich Sewell Mountain erreichten. Hier stießen wir auf General John B. Floyd, der sich eingegraben und seine Stellung stark befestigt hatte, um sich dem Vormarsch der Unionsarmee entgegenzustellen. Zwei Tage vor unserer Ankunft war er gegen eine Linie der feindlichen Stellungen angestürmt und hatte sie eingenommen. Ich weiß nichts über diese Schlacht. Hierfür müsst ihr euch an die Geschichtsbücher wenden. [Anm. d. Übers.: Gefecht bei Kessler's Cross Lanes] Ich schreibe lediglich aus dem Gedächtnis und das alles ist schon 20 Jahre her, aber ich erinnere mich, dass ich damals in den Zeitungen etwas über irgendeinen tapferen Mann las, ich weiß nicht mehr, ob er ein Hauptmann, Oberst oder General war, aber ich weiß noch, dass in den Berichten stand: „Er suchte nur Tand und Ansehen vor den Mündungen der Geschütze, doch er erlangte Ehre auf dem Totenbett des Ruhmes.“ Ich entsinne mich, dass es großartig klang, wenn man es so las.

      Nun, mein lieber Leser, dies ist alles, was ich über diese große Schlacht weiß. Ich erinnere mich nur noch an das, was die Zeitungen darüber schrieben, aber du weißt ja, dass die Zeitungen natürlich immer nur die Wahrheit sagen. Ich erinnere mich auch noch daran, dass Rinderleber damals einen Golddollar pro Stück kostete und hier erhielten wir zum ersten Mal unseren Sold in konföderierter Währung. Wir rasteten einige Tage und marschierten schließlich weiter.

      Sewell Mountain, Harrisonburg, Lewisburg, die Kanawha-Salzwerke, vor und zurück, das schien damals auf dem Programm zu stehen. Rosecrans, der clevere alte Fuchs, beschäftige sowohl Lee als auch Jackson, die beide versuchten, ihn zu fangen, aber Rosey wollte sich nicht schnappen lassen. Marsch, Marsch, Marsch – stampf, stampf, stampf – zurück durch das Tal nach Huntersville und Warm Springs und das schönste Tal der Welt, das Shenandoah-Tal, hinauf durch Städtchen und prächtige Farmen, vorbei an schönen Herrenhäusern, saftigen Weiden und Feldern mit Getreide im Überfluss, welches später ein Unionsgeneral (der kämpferische Joe Hooker) dermaßen gründlich plündern und niederbrennen ließ, dass selbst „eine Krähe, die über das Tal hinweg fliegt, ihren eigenen Proviant mitnehmen muss.“ [Anm. d. Übers.: Die Verwüstung des Shenandoah-Tals hatte General Philip H. Sheridan zu verantworten, dem auch das von Watkins verwendete Zitat zuzuschreiben ist] Wir marschierten weiter und erreichten Winchester. In der Nacht, in der wir ankamen, blies ein regelrechter Orkan und jedes Zelt und jedes Dach in Lees und Jacksons Armee wurde umgeblasen. Dies war der erste Anblick, den wir von Stonewall Jackson hatten: Er ritt auf seinem alten rotbraunen Pferd, seine Füße waren angezogen, so als seien seine Steigbügel viel zu kurz für ihn und seine alte, schäbige Mütze hing ihm weit über die Stirn. Seine Nase trug er hoch in der Luft und sein rostiger alter Säbel schepperte an seiner Seite. So sah er aus, der große Held von hundert Schlachten. Sein Geist ist im Jenseits bei all den Gesegneten, die vor ihm dahingingen, aber seine Geschichte ist auf ewig der Stolz des ganzen Landes und sein Gedächtnis wird immer geehrt werden von den alten Soldaten, die ihm den Krieg hindurch gefolgt sind.

       Romney

      Unser Marsch nach Romney und von dort aus weiter fand mitten im Winter, im Januar 1862, statt. Selbst die ältesten Bewohner der Region konnten sich an keinen kälteren Winter erinnern. In der gebirgigsten Landschaft von ganz Virginia und weiter oben an der Grenze zu Maryland und Pennsylvania schien der König der Stürme mit all seiner Macht zu herrschen. Schnee und Regen und Graupel und Stürme jagten dahin und lachten und kreischten und heulten und klagten und ächzten in höchster Wut und bitterstem Zorn. Die Soldaten wurden auf diesem Marsch niedergeschlagen und entmutigt. Während sie marschierten, hingen Eiszapfen von ihrer Kleidung, ihren Musketen und ihren Tornistern; viele hatten ernsthafte Erfrierungen und ich hörte von vielen, die am Wegesrand erfroren. Meine Füße schälten sich auf diesem Marsch wie eine Zwiebel und ich habe mich bis zum heutigen Tag nicht völlig davon erholt. Schnee und Eis auf dem Boden wurden von den Soldaten festgestampft und die Zugpferde der Artillerie rutschten aus und stürzten, verletzten sich und töteten manchmal ihre Reiter. Der Wind heulte laut und hell und es schien, als würde uns das Mark in den Knochen gefrieren. In der ganzen Armee wurden die Soldaten rebellisch – beinahe aufrührerisch – und sie schimpften und verfluchten Stonewall Jackson und sie nannten ihn „alter Narr Tom Jackson“. Sie gaben ihm die Schuld an dem kalten Wetter, sie gaben ihm die Schuld an allem und wenn er an einem Regiment vorbeiritt, so nutzten sie die Gelegenheit, ihn mit gedämpfter Stimme zu verfluchen und sie flüsterten „alter Narr Tom Jackson“, gerade laut genug, dass er es hören konnte. Soldaten aus allen Einheiten verließen die Marschordnung, blieben am Wegesrand stehen und schworen, dass sie solch einem Anführer nicht mehr länger folgen würden. Als Jackson Romney erreichte und schon bereit war, Banks und Meade einen empfindlichen Schlag zu versetzen, der möglicherweise den Verlauf des Krieges und die Geschichte des Südens verändert hätte, gerade da weigerten sich seine Truppen, weiterzumarschieren und so kehrte er um, marschierte zurück nach Winchester und bot der Führung in Richmond seinen Rücktritt an. Aber dem Ersuch des großen Generals wurde nicht stattgegeben. Es war seine Bestimmung, einige der härtesten Schlachten des Krieges auszufechten und dabei seine überragende Feldherrenkunst unter Beweis zu stellen.

      Während wir uns noch an diesem Ort (Romney) befanden, wurde ich eines Nachts mit zwei weiteren Soldaten als Wachtposten über eine Hängebrücke geschickt. Einer von den beiden hieß Schwartz, der andere Pfifer – er sprach den Namen „Fifer“ aus, aber er wurde mit einem „P“ geschrieben. Beide waren reinrassige Deutsche und gehörten Kompanie "E", den „German Yagers“ unter Hauptmann Harsch an, der allgemein nur „Gottverdammt“ genannt wurde. Nachdem wir die Brücke überquert und unseren Posten für die Nacht bezogen hatten, sah ich, wie ein weiterer Schneesturm aufzog. Zickzackförmige Blitze begannen aufzuleuchten und es schien, als explodierten mehrere Schichten von wilden Flammen direkt über unseren Köpfen und zischten direkt um uns herum. Die Naturgewalten schienen ein einziges Nordlicht bestehend aus ununterbrochenen Blitzen zu sein. Die Blitze schienen sich gegenseitig zu durchbohren, die einen von Norden, die anderen von Süden. Weiße Wolken zogen auf und sie sahen aus wie riesige weiße, von lebendem Feuer umgebene Schneebälle. Der Boden, die Hügel und die Bäume waren mit Schnee bedeckt und die Blitze schienen „King, King Canico“ auf der rauen Oberfläche zu spielen. Falls es überhaupt donnerte, so war lediglich ein knarrendes bis polterndes Geräusch hörbar. Die Bäume und Hügel schienen von züngelndem Feuer umgeben zu sein. Ich erinnere mich noch heute an diesen Sturm als den Anblick, der in meinem bisherigen Leben den größten Eindruck in meinem Gedächtnis hinterlassen hat. Als die Blitze erstarben, erhob sich der dichteste Schneesturm, den ich jemals gesehen habe. Der Schnee fiel so schnell und so dicht, dass mir davon ganz warm wurde. Mir war danach, meinen Mantel auszuziehen. Ich war am Erfrieren. Der Wind klang wie angenehme Musik. Ich fühlte mich großartig, glorreich und auf seltsame Art besonders; wundervolle Dinge begannen in meinem

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