Banner des Lichtes. Frater LYSIR
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Es ist auch fraglich, wie man etwas, wie das eben Beschriebene, ein allem immanentes Wesen, überhaupt benennen und fassbar machen sollte, da es, ewig wandelbar, in allem wohnt und alles umgibt, belebt und beseelt.
Wenn man nun also durch die Augen der Flammenträger blickt, lassen sich die Fragen um den Schöpfer und die Schöpfung in etwa so beantworten - wenngleich auch hier wieder nur mit Metaphern gearbeitet werden kann, da etwas Unbeschreibliches eben nicht beschrieben werden kann - und so heißt es im Liber Abyssos bereits aus dem Mund des Schöpfers selbst:
„Beschreibe mich und ich werde mich wandeln, benenne mich und ich werde ein anderer Sein.“
Was ist also der Schöpfer und was ist Schöpfung?
Schöpfung selbst ist das erste Aufblitzen des Funkens innerhalb der Nicht-Existenz, jener dämmrigen See, die die Ursubstanz von allem ist, das sein kann. Es ist die unendliche Möglichkeit dessen, was im Erwachen des ersten Bewusstseins, das der Schöpfer selbst ist, sein könnte, aber niemals vorher war. Der Schöpfer ist jenes Bewusstsein, welches gleichzeitig auch das Gerüst und der Schaltplan allen Werdens ist.
Woher kam der Schöpfer?
Wenn man den Schöpfer verorten müsste, dann kann man dies am besten mit kabbalistischen Begriffen tun und hier das Konzept „Ain“ bemühen, das Nichts oder anders gesagt die Nicht-Existenz. Hier muss allerdings bedacht werden, dass Nicht-Existenz nicht das Fehlen jeglicher Existenz ist, ganz im Gegenteil.
Die Nicht-Existenz ist der Schöpfungspfuhl, in dem das Potenzial von allem, was sein kann, existiert, aber eben noch nicht in eine Form – die Existenz – gegossen wurde. In dieser Emanationsstufe gibt es nichts, außer der unendlichen Möglichkeit des Werdens und hier liegt der Ursprung des Schöpfers selbst, als Bewusstsein jenes unendlichen Schöpfungspotenzials, aus dem heraus alles entspringt, was in Form, also in die Existenz, gegossen wird.
Namen für den Schöpfer gibt es jedoch keine, die Bestand haben können, da etwas namenlos Allumfassendes, was das unendliche Potenzial von allem, was sein kann, verkörpert, nur schwer in eine Form gegossen werden kann. Dennoch muss es zum besseren Verständnis beschrieben werden, damit es erfassbar wird.
Die Vokabel „Gott“ löst in vielen Menschen entsprechende Assoziationsketten aus, daher ist dies eine Vokabel, die sehr kontraproduktiv wäre. Man könnte hier jetzt auf andere Sprachen ausweichen, egal, ob es jetzt das Hebräische ist, wo man „JHVH“ sagen, bzw. schreiben würde oder man könnte das Henochische bemühen, wo dann die Vokabeln „Iabes“, „Iad“, Iada“ oder „Iaidon/Iaisg“ verwendet werden würden, doch all diese Worte, die zwar den „Schöpfer“ meinen, sind unzutreffend, da mit ihnen immer ein greifbarer Schöpfer, also ein Schöpfer, der bereits Teil der gewordene Schöpfung ist, bezeichnet wird und das trifft nicht auf den Schöpfer in der Nicht-Existenz zu.
Diese Begriffe und Vokabeln sind jedoch nicht falsch, im Gegenteil, sie beziehen sich auf eine andere Art des Schöpfers, denn es gibt insgesamt drei Schöpfungsprozesse in den kosmischen Hallen, von denen der Schöpfer in der Nicht-Existenz der erste und einzige aus sich heraus erschaffende Schöpfungsimpuls ist.
Die beiden anderen Schöpfungsprinzipien, erschaffen aus anderen Quellen heraus, da sie beide erst unterhalb der Nicht-Existenz – der kabbalistischen Emanation Ain - entstanden sind, nämlich im „Hort der Werdung“, der Entsprechung des „Ain Soph“ und in der „Halle der Schöpfung“, der Entsprechung des „Ain Soph Aur“.
Mit den Schöpfergöttern der verschiedenen Religionen und Kulturen, ist also, mit wenigen Ausnahmen, immer die Schöpfungskraft, die sich in der Halle der Schöpfung manifestiert hat, also der dritte Schöpfer, gemeint. Ausnahmen bilden hier lediglich die Schöpfungsmythen der Sumerer und der Babylonier, die von einer Schöpfung im ersten Werden, also im Hort der Werdung, sprechen, und die zwei duale Schöpfungsprinzipien dort verorten, die beide jeweils das Konzept der Ordnung und des Entstehens und das Konzept des Chaos und des Vergehens verkörpern.
Diese beiden Prinzipien sind Apsu und Tiamat. Hier muss allerdings erwähnt werden, besonders im Hinblick auf Tiamat, dass diese beide Namen in der sumerischen Zeit keine manifestierten Prinzipien waren, sondern lediglich philosophische Konzepte, wobei Apsu das Konzept des Süßwassers, also das lebenspendende, schöpferische Prinzip, verkörperte und Tiamat das Salzwasser, also das lebensfeindliche, vernichtende Prinzip. Erst in der Blütezeit des babylonischen Reiches wurden aus diesen beiden philosophischen Konzepten echte Gottheiten, aus denen, und hier besonders aus dem Körper der durch Marduk erschlagenen Tiamat, laut der Enuma Elish, die manifeste Schöpfung entstand. Wobei es in diesem Schöpfungsmythos spannend zu sehen ist, dass hier durch Marduk, der durch den Mord an Tiamat, zum Schöpfer der Welt wurde, zum ersten Mal eine dritte Schöpfungsebene durchscheint.
Doch zurück zu der Frage nach einer Bezeichnung für den Schöpfer in der Nicht-Existenz, die beiden anderen Schöpfungsebenen werden im Folgenden noch näher beleuchtet, erläutert, benannt und verortet werden.
Da sich bereits gezeigt hat, dass in allen menschengemachten Schöpferbegriffen, nie der Schöpfer in der Nicht-Existenz gemeint war, sondern in den meisten Fällen der Schöpfer in der Halle der Schöpfung und in wenigen alten Hochkulturen sogar marginal die Rede von den Schöpfungsprinzipien im Hort der Werdung die Rede ist, ist es nötig, sich wieder in die Sicht der Seraphesh, der Flammenträger, selbst zu begeben, wo einige Hilfsbezeichnungen als Übersetzung der kosmischen Schwingungen übermittelt werden und aus der folgende Buchstabenzusammenstellungen entstehen würden: „Lonshallah“, was die Macht der Schöpfung bezeichnet, also eben dieses angesprochene unendliche Seinspotenzial der Nicht-Existenz. Doch zumeist fallen in Bezug auf den Schöpfer in der Nicht-Existenz in den Übermittlungen der Seraphesh nur zwei Titel, die dieses Schöpfungskonzept umschreiben: Diese lauten „Der Herrscher auf dem beinernen Thron“ und „der höchste Souverän“.
Man kann hier aber auch einen klassischen Namen wählen, der diesen „höchsten Souverän“ betitelt, einen Namen, der sich in der magischen Literatur findet und dessen Klang dort einiges an Assoziationsketten und Gedankenbildern auslöst, sodass man hier zumindest eine Ummantelung schaffen kann, um der Formlosigkeit ein greifbares Gesicht zu geben. Dies ist der Name „Choronzon“.
Wenn man nun den Namen Choronzon hört, dann werden gewisse Assoziationen laut, da dieser Name kein unbekannter innerhalb der Literatur ist. Gleichzeitig muss man jedoch sagen, dass seine Erwähnung sich hauptsächlich im Bereich der Kabbalah, bzw. auch der magischen Philosophien, die sich auf die kosmische Kabbalah beziehen, findet. Manchmal wird Choronzon auch mit den Titeln „Herr der Lügen“ oder „Meister der Täuschung“ belegt, wobei dies eher einen Schutzmechanismus darstellt, sodass der schwache Geist des Menschen nicht zerbricht.
Wenn man sich aber einem omnipotenten Konzept literarisch annähern will, muss man sich zwangsläufig mit Lügen, Täuschungen, Illusion und Fantastereien behelfen, da das Unbeschreibliche sonst nicht beschrieben werden kann.
Doch letztendlich wird man Choronzon nur in sich selbst erfahren können, nämlich exakt in dem Moment, bevor aus der Asche, zu der man geworden ist, der Phönix aufersteht.
In diesem Kontext muss man immer bedenken, dass Choronzon mit dem Abgrund, dem Abyss, eng verbunden ist und genau diesem Aspekt wird in der Literatur hauptsächlich Rechnung getragen. Hier rückt sein Aspekt des Transformators und der Transzendenz in den Vordergrund, doch bevor Transformation stattfinden kann, müssen zuerst Zerstörung und Vernichtung