Fridolin der freche Dachs. Ханс Фаллада
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Fridolin der freche Dachs - Ханс Фаллада страница 4
*
Allmählich wuchs das Jahr in den Sommer hinein, und mit all dem Wachsen und Reifen in Wald und Flur war die Tafel der Dachse immer reichlicher bestellt. Sie brauchten nachts keine langen Expeditionen mehr zu machen, überall gab es Nahrung in Hülle und Fülle. Schnell war der Hunger gestillt, und rasch ging es wieder heim in die Höhle, die bald zu eng wurde für die drei. Viel wurde geschlafen, die Lieblingsbeschäftigung bei Dachsens, und wenn sie bei hellem Sonnenschein Ausfuhren aus dem Bau, gab es keine kindlichen Spiele mehr. Fridolin und Friederike waren jetzt fast ausgewachsen, die fröhlichen Kinderspieltage waren vorbei; wie Mutter Friedesinchen lagen sie wortlos in der Sonne und ließen sich mal den Rücken, mal den Bauch braten.
Überkam Fridolin wirklich noch einmal der alte Jungenübermut, stieß er die Friederike mit dem Rüssel an und forderte sie dadurch auf, mit ihm Totstellen oder Wettgraben zu spielen, so verwiesen ihm die beiden Frauen strenge solch undächsisches Benehmen, schnauften verächtlich durch die Nase und ließen sich stumm weiter rösten. Bei solchen Gelegenheiten war es besonders die Schwester Friederike, die sich durch Griesgrämigkeit und Übellaunichkeit hervortat, sie übertraf überhaupt in diesen von den Dachsen so geschätzten Eigenschaften noch bei weitem die Mutter. Sie war manchmal so einsiedlerisch gesinnt, dass sie nicht einmal Mutter und Bruder einen Schlafplatz in dem ihnen doch allen gemeinsam gehörigen Kessel gönnen wollte. Dann schliefte sie heimlich als erste ein, setzte sich in die Mooshöhle an den Eingang der Röhre und zeigte der nachfahrenden Mutter fauchend die Zähne, ihr Alleinrecht auf den guten Schlafplatz behauptend. Friedesinchen fauchte und fletschte dagegen, und manchmal kam es schon zu kleinen Beißereien, kurz, der Friede, von dem sie alle doch ihren Namen trugen, war völlig aus dem kleinen Heim gewichen.
Aber noch war die Mutter die Stärkere, oft beutelte sie die heranwachsende Tochter kräftig durch und zeigte deutlich, wieviel lieber ihr der stets sanfte Sohn war. Nun begann Friederike, den zu verfolgen, versetzte ihm häufig kleine Bisse, nahm ihm bei den nächtlichen Fahrten die eben erjagte Beute aus dem Maule fort, bedrängte ihn ständig auf seinem Schlafplatz, dass er keine Ruhe bekam und sich nicht richtig ausstrecken konnte.
Da hätte Fridolin wohl manche bittere Träne geweint, wenn Dachse nur weinen könnten, aber auch ohne Tränen war er oft traurig und missmutig, und der schöne Sommer freute ihn gar nicht mehr. Er bedachte auch wie lästig es doch ist, wenn mehrere zusammen leben, und in seinen Träumen sah er sich immer ganz allein in einer wundervoll mit Moos gepolsterten Höhle, nebenan eine Vorratskammer, die schön mit Möhren gefüllt war, und das alles lag fern allen Menschen, allen Hunden, allen Dachsen.
Oft tröstete ihn seine Mutter Friedesinchen mit weisen Worten. »Söhner«, sprach sie, »verzweifele nicht und gib den Mut nicht auf. Deine Schwester kommt in die Monate, da sie sich nach einem eigenen Hausstand sehnt – sie weiß nur selber noch nicht, was sie will. Aber eines Tages wird ihr ein Licht aufgehen, und wir werden Ruhe vor ihr haben!«
Und so kam es wirklich. Eines Nachts machten die drei einen weiteren Ausflug in eine Gegend, in der sie noch nie gewesen waren. Auf einem sandigen Abhang standen vereinzelte Buchen als letzte Ausläufer des Hullerbuschwaldes. Sie waren untermischt mit uralten, vom Winde zerwehten Kiefern, deren dicke Wurzeln sich wie Schlangen über den Sandboden ringelten. In dem Hang gab es viele Löcher von Kaninchenbauten, und von seinem Fuß an streckten sich, soweit das Auge reichte, Felder und Wiesen.
Sobald Friederike diesen Abhang gesehen hatte, fing sie an, unruhig hin und her zu laufen, sie steckte ihre rüsselförmige Nase in jedes Kaninchenloch und stieß kleine, aufgeregte, quiekende Laute aus. Schließlich blieb sie vor einem Loch, über dem sich wie ein Torbogen eine riesige, harzige Kiefernwurzel wölbte, sitzen und erklärte kurz: hier sitze sie, und hier bleibe sie auch.
Umsonst sagte ihr die weise Mutter Friedesinchen, dieser Hang sei mitnichten geeignet für einen Dachsbau. Die Kaninchen, die ein unruhiges und mit Trommeln oft lärmendes Volk sind, würden sie um jede Ruhe bringen; zudem bedinge die Nachbarschaft so vieler Felder und Wiesen ständige Störung durch Menschen und Hunde. Friedesinchen hatte gut reden, das Ei war wieder einmal klüger als die Henne, und Mutter und Sohn mussten schließlich allein heimwandern, Friederike auf dem Karnickelhang zurücklassend.
Auf dem Heimwege aber zeigte Friedesinchen dem Sohn im Walde einen verlassenen Bau, der ihr viel sicherer und ruhiger erschien. Am Hang einer kleinen Höhe mitten im dichtesten Buchenwald lag ein verlassener Fuchsbau, die Röhren mündeten künstlich zwischen riesigen, mit dichtem, grünem Moos bedeckten Findlingsblöcken; im Grunde lag ein kleiner Weiher. Es fehlte natürlich ganz die liebe Sonne, und im Bau selbst herrschte ein fürchterlicher Gestank. Denn der Fuchs ist ganz anders als der Dachs, er ist ein unsauberes Tier, dessen Nase den Gestank liebt. Er scheut sich nicht, den eigenen Dreck, den man ›Losung‹ nennt, in der Wohnung abzulegen, und seine Speisereste lässt er daheim verfaulen und veraasen, und freut sich noch des Gestankes. Aber davon abgesehen, war dies doch eine viel sicherere und ruhigere Wohnung als die von Friederike gewählte – die Mutter schniefte kummervoll, wenn sie an die unvernünftige Tochter dachte.
In der Folgezeit machten Friedesinchen und ihr Sohn noch manchen Besuch bei Friederike. Manchmal trafen sie die Tochter an, die aber nie mehr mit ihnen ein Wort wechselte, ihnen nicht einmal mehr die Tageszeit bot, sondern bei ihrem Kommen sofort mürrisch in den Bau schliefte. Sie war eben völlig zur Einsiedlerin geworden. Oft aber war bei ihrem Kommen Friederike auch auf Nahrungssuche unterwegs, dann kroch die Mutter, neugierig, wie die Frauen nun einmal sind, mit dem Sohn in den ehemaligen Karnickelbau und besichtigte die von der Tochter getroffene Anlage. Hier kargte sie nicht mit dem Lobe, denn Friederike hatte etwas Mustergültiges geschaffen.
Der schön mit Moos und langem Gras gepolsterte Wohnkessel lag wohl zwei Meter tief unter dem Erdboden, und er war so künstlich angelegt, dass eine über ihm stehende Kiefer mit ihrem dicken Wurzelwerk sicheren Schutz gegen das Aufgraben durch böse Menschen gewährte. Neben dem Hauptkessel befanden sich zwei kleinere Kessel, einer zum Klosettchen, der andere zur Vorratskammer bestimmt, und in der Vorratskammer lagen bereits, hübsch geordnet, Bucheln, Eicheln und Wurzeln. Nicht weniger als sieben Schlupfgänge hatte sich Friederike gegraben, und der Ausgang einer jeden Röhre lag fünfzehn bis zwanzig Meter von dem nächsten Ausgang, so dass sie Fluchtmöglichkeiten nach allen Seiten hatte; Die Erde aber bei jedem Röhrenausgang war so glatt und fest wie eine Tenne, so dass sie keine verräterischen Spuren aufnehmen konnte. Nicht weniger als vier steil nach oben führende Schächte sorgten für frische Luft.
»Das ist eine Wohnung«, sagte Friedesinchen zu ihrem Sohn, »auf die der älteste und erfahrenste Dachs stolz sein würde. Man merkt eben doch, dass Friederike von gutem Blute ist; hoffentlich machst auch du deinen Eltern einmal so viel Ehre, Söhner! «
Dies war eine Anspielung auf den nie gesehenen Vater Frieder. Dann aber schüttelte die Mutter doch wieder den Kopf: »Alles schön und gut, und doch wäre die Moossteinhöhle besser gewesen. Diese liegt eben doch zu frei und offen, da können auch die schönsten Notröhren nichts helfen. «
Leider sollte Mutter Friedesinchen mit ihren trüben Vorahnungen nur zu Recht behalten. Als die beiden wieder einmal des Nachts die Wohnung der Schwester besuchten, fanden sie die Tennen glatten Eingänge