Herzensangelegenheit. Nicole Seidel
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Er fuhr zusammen, sichtlich erschrocken über dieses eine Wort, und dadurch verriet er sich. „Woher?”
„Ich bin aus deinem Volk. Meine Königin schickt mich. Sie will ES zurückhaben.” Meine Stimme war fest, fast grausam.
„Niemals gebe ich den Kelch zurück!” Er war aufgesprungen, starrte mich finster an. Bereits in diesem Augenblick begann er mich zu hassen.
Es tat mir weh, diese Veränderung zu sehen. Ich hasste nun fast die, die mir diesen Auftrag erteilt hatten. Und doch blieb ich stark. „Ich kenne deinen wahren Namen, ich kann dich dazu bringen!” drohte ich ihm.
„Ich bin nun mehr ein Mensch als ein Elf.” Unerwartet zog er mich zu sich heran, fest und fordernd. Und dann küsste er mich unerwartet. Widerwillig empfingen meine Lippen die seinen, doch als ich ihm erlag, durchbrach diese Berührung die Grenzen von Vorsicht und traf auf begierige Leidenschaft. Und schon trennten wir uns. Fragend sah er mich an. „Nun?”
Ich wusste es nicht.
„Es wird besser sein, wenn ich jetzt gehe.” Ich wollte mich abwenden, aber Julian ließ mich nicht aus seiner Umarmung gehen.
„Wenn du jetzt gehst, dann kommst du mit Verstärkung wieder und das möchte ich nicht. Die Entscheidung soll noch heute Nacht fallen! Ich lass dir eine letzte Möglichkeit, Nadine.”
Ich schaute ihn verwundert an. Irgendwie machte er einen hilflosen Eindruck, doch das konnte auch an seinem gesenkten Blick und seiner Traurigkeit liegen. Ich wusste nicht, wie weit ich ihm wieder trauen konnte. „Also gut, dann noch heute Nacht.”
„Darf ich mich dir erklären?” Seine Stimme hatte einen unwirklichen Klang bekommen.
„Ja, erzähle mir deinen Standpunkt.”
Julian setzte sich auf die weiße Ledercouch, die unweit im Raum stand und streckte mir eine Hand entgegen. „Willst du dich nicht zu mir setzten, damit ich nicht so laut sprechen muss?”
Nichts sprach dagegen, warum ich es nicht tun sollte. Ich nahm am anderen Ende Platz. „Nun erzähle, Ardoniel.”
„Nenne mich bitte Julian.”
„Das entscheide nur ich ganz allein - Ardoniel!” Ich gab meiner Stimme - entgegen meinem inneren Aufruhr - einen harten Klang.
„Du kennst die Schönheit unserer Königin?! Und es ist kaum verwunderlich, wenn sich ein Elf in dergleichen verliebt. Ich tat es. Und zwar so unwiderruflich, wie ich auch getötet habe! Und auf mich traf zu, dass ich blind vor Liebe wurde. Doch sie verschmähte mich, gewährte mir nicht einmal eine flüchtige Berührung. Da wollte ich nur noch eines, weit fort aus Tierna’na Oge. Doch um an meiner Sehnsucht nicht zu verzweifeln, stahl ich den Kelch, in den ihr Abbild geritzt war.”
„Dabei tötetest du den Hüter dieses heiligen Symbols!”
„Ich wusste nicht, was ich tat. Ich war von Sinnen. Verfolgt von Schattengeistern und ihrer unerreichbaren Schönheit. Verschmäht, gedemütigt und zu einem Verbannten geworden, wegen einer Verehrung und Leidenschaft, die einem zum Wahnsinn treiben kann, bleibt diese Liebe unbeantwortet. Ich litt und …leide noch immer.” Ein Schluchzen durchbrach sein Gerede und Tränen flossen aus seinen blaukristallenen Augenseen. Da barg er sein Gesicht vor Scham darüber in seinen Händen.
Ich fasste ihn tröstend um die gebeugten Schultern, mir bewusst, welch geistige Wunde ich erneut bei ihm geöffnet haben musste. „Wenn du sie so sehr liebst, dann solltest du den Kelch allein deshalb wieder zurückgeben.”
„Aber ein Verbannter bliebe ich?!” Fragend sah er mich dabei an und wischte sich die Tränen fort.
Ich nickte.
„Kannst du mich so zurücklassen? Ohne jede bildliche Erinnerung meiner Liebe. Ohne ihr Bild, das ich zumindest berühren kann. Verlassen und auf ewig dazu bestimmt mit trauerndem Herzen einer stetig verblassenden Liebe nachzuträumen? Ohne Hoffnung auf Vergebung?”
„Du hast getötet. Und ich bin sicher, du würdest es wieder tun.”
Julians Blick darauf wurde mehr als geheimnisvoll – unberechenbar und voll wildem Feuer. Was würde er tun, nachdem sein Gejammer nicht bei mir überzeugt hatte?
„Du lässt mir keine andere Wahl”, sagte ich und wollte als nächstes die magische Bannformel aussprechen. „Ardoniel, tha an brataich a’snamh…” Mitten im Satz wurde ich unterbrochen.
Julien hatte mich gepackt und schlanke, kräftige Hände legten sich um meinen Hals. Ich versuchte mich zu befreien, vergebens. Er war zu stark für mich. Ich begann zu röcheln, die Luft wurde mir knapp und mein Kehlkopf brannte wie Feuer.
Schließlich flimmerten meine Augen, doch bevor er mich in die Dunkelheit verbannte, hörte ich ihn noch sagen: „Du lässt mir keine andere Wahl, Elfin. Und du hattest recht.” Und seine Stimme überschritt die Grenze zum Wahnsinn.
Ich verlor das Bewusstsein. Meine Seele löste sich von dem menschlichen Körper, der bereits starb und ging zurück in ihren ursprünglichen Leib.
Ich durchwanderte die Wohnungen der Menschen, ohne sie mit meiner Gegenwart zu stören, bis ich in mein Heim kam, wo meine wirkliche Wesensgestalt lag. Er ähnelte ein wenig der rotblonden Frau, deren menschliche Gestalt ich mir ausgeliehen hatte. Meine Seele betrat den dort wartenden und schlafenden Elfenleib und kehrte dann, erwacht, nach Tierna’na Oge zurück.
Man würde mit Verstärkung auf die Erde zurückkehren, um den Kelch nun mit Gewalt an sich zu bringen. Das hatte er richtig geraten. Aber hätte er gewusst, dass ich mich nur eines menschlichen Hilfskörpers bedient hatte, hätte er größere Vorsicht walten lassen, um meinen Tod zu garantieren.
Und beinahe hätte ich seinen Lügen und seinem Gejammer Glauben geschenkt, weil er mir so verdammt gut gefallen hatte...
Ende
Erstellt 1986, überarbeitet 1998
Elric und die Chaoslady
Die Sonne war deslängst untergegangen und schwere Wolken verhinderten den Blick auf den vollen Mond. Ebenso schwarz schimmerten die schroffen Felsen am Meeresufer und schaumige Wellen brachen sich daran. Trotz des stürmischen Wetters, das langsam begann heraufzuziehen, war diese Nacht geeignet.
Leichter Regen, der von der Gischt stammt und vom Wind herüber geweht wurde, drohte mein kleines Feuer auszulöschen. Selbst mir bekam die Nässe nicht, ich fror in meinen feuchten Kleidern und mein Umhang bot mir nur noch wenig Schutz.
Endlich entschloss ich mich, meinen offenen Beobachtungsplatz direkt am Strand aufzugeben, um in die windgeschützten Felsen zu flüchten. Das Feuer ging aus und ich tastete mich vorsichtig im Dunkeln heran. Irgendwann erreichte ich eine geschützte Mulde, in die ich mich kauerte und erschöpft und ärgerlich einschlief.
Unbemerkt - während ich schlief - strandete