Bewusstsein & Kosmos. Thomas Ahrendt

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Bewusstsein & Kosmos - Thomas Ahrendt

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einem Nuklearkrieg zu entgehen.

      Das Aussiedlungsprojekt muss umso schneller angegangen werden gerade weil die Ressourcen schwinden und die Produktionstechnologien mit großen irreversiblen Schäden einhergehen; es könnte diese Risiken verringern oder sogar ausschalten. Vielleicht entsteht in dessen Verlauf sogar eine "bessere" Menschheit, indem das Öffnen eines neuen weiten Lebensraums unser Bestes hervor­ruft und dass das Neuland, das wir uns im Weltraum erschaffen (Go West) beziehungsweise die Be­siedlung der Galaxis usw. uns neue Unabhängigkeit in der Suche nach besseren Regierungsformen, Sozialstrukturen und Lebensweisen gewährt; eine Welt, in der wir unsere Potenziale, unsere Omnipotenz voll entfalten können. Nicht zuletzt und vor allem eröffnet sie die "kosmische Perspektive" - den kosmischen Imperativ; diese ist unvereinbar mit einer rigorosen Stabilisierung, mit dem Status quo, mit statischer Stagnati­on. Da Raumfahrt Wohlstandsperspektiven usw. eröffnet, beseitigt sie also Mängel, die Motivation für "Gegensatz-ismus" sind ( Sozialismus - Kapitalismus; Kollektivismus - Individualismus; Staats­wirtschaft - Privatwirtschaft; Freund - Feind) und aus dem Spannungen inklusive aller weiteren Gefahren und Eskalationen resultieren.

      Mit Raumfahrt gibt es keine "Wachstumsgrenzen" mehr, die nur für eine abgeschlossene Erde zu­treffen, denn wir schwimmen in Energie und sind von Rohstoffen umgeben. Die meisten Grenzen werden durch den "kosmischen Imperativ" gegenstandslos: Das Weltall muss erschlossen werden - das schulden wir nicht zuletzt unseren Nachfahren, denen wir keinen Mangel, sondern Wohlstand und Aktivität und Dynamik vererben sollten. Der leider viel zu große, arme Teil der Weltbevölkerung kann realistische Hilfe nur aus dem Überfluss schöpferischer Erfolge erhalten, also aus denen der Wissenschaft und Technik und einem - umweltverträglichem - Industriewachstum. "Grenzen des Wachstums" gibt es nicht für eine aktive Menschheit, die nach den Sternen greift und ihre Lebensbasis kosmisch sieht. Langfristig bleibt uns oder unseren Nachfahren keine Alternative zur kosmischen Migration, etwa weil die Klimaerwärmung die Erde im 3. Jahrtausend unbewohn­bar macht - es sei denn Geoengineering, also Terraforming und/oder Pantropie, also Human Engineering kehren diese Prozesse um und lassen Spielraum.

      Außerdem ist die (bemannte) Raumfahrt eine Komponente unseres Kulturbedürfnisses, mit der wir uns qualitativ von Urwaldmenschen und "Naturvölkern" unterscheiden. Sie ist eine neue Dimension menschlichen Denkens und Wirkens, durch die wir aus einem begrenzten Planetenraum in die Grö­ße und Weite der Metagalaxis aufbrechen. Mit ihr könnte die Entwicklung vom Homo sapiens weiter zum Homo cosmicus gehen... Die technischen Möglichkeiten um die Welt zu verändern, verlangen aufgrund potenzieller Gefah­ren sehr viel Besonnenheit und Vorsicht. Es ist eine paradoxe Situation: die uns bedrohenden weil potenziell zu missbrauchenden Technologien und die Befreiung von dieser Bedrohung entspringen ein und derselben Quelle. Unsere Zukunft wäre viel optimistischer, gäbe es viele autarke und auto­nome Kolonien auf verschiedenen Welten; jede wäre zu Recht stolz auf ihre Errungenschaften, auf ihre Ingenieurskunst, ihr Sozialgefüge und ihren Genpool; genau diese Individualität, diese Anders­artigkeit - nicht zu verwechseln mit Nationalismus oder gar Rassismus - wäre ein Mittel zum Über­leben. (Nach meiner ganz persönlichen Meinung ist auch die gegenwärtige Gesellschaftsform, also der Kapital-ismus, suboptimal für Wissenschaft und Technik, denn sie ist überwiegend auf Profit ausge­richtet und ihre (Forschungs-)Ergebnisse werden oft militärisch missbraucht. Während Geld für vie­les [Un-]Mögliche da ist, reicht es für Wissenschaft und Technik selten und auch um das wenig Vor­handene reißen sich die Forscher - aus Neid, Prestige, Konkurrenz u.v.a.m. - und sind sich uneinig, aber sie sind eben auch nur Menschen.)

      Schon in wenigen Jahrzehnten (wenn auch die technologische Singularität eintreten soll) könnten wir mit der Besiedlung der Planetoiden, Monde und Planeten beginnen. Biotechnologie und subzel­lulare Maschinen werden am meisten zu unserer Ausbreitung im Universum beitragen. Die Erforschung und Besiedlung des Sonnensystems wird eine kulturelle Blütezeit und eine Epoche erstaunlicher Fortschritte in Wissenschaft und Technik einläuten; es wird der Anfang der Geschichte sein, nicht deren Ende. Ist intelligentes Leben erst einmal durch die Rohstoffe des Weltalls unabhängig geworden, ist es die wichtigste, größte Ressource im Sonnensystem, dessen Energie- und Rohstoffvorräte versprechen der Menschheit eine unendliche Zukunft; wir können nicht nur den Fesseln der Erde entfliehen, sondern auch denen der Sonne und ihrem feurigen Ende.

      Das All wird auch ein Zufluchtsort für manche Kolonisten sein, die auf der Suche nach Freiheit vor religiöser, politischer und ethischer Verfolgung sind. Weiterhin ist seine wirtschaftliche Erschlie­ßung eine existentielle Notwendigkeit. Die Rohstoffe des Weltalls werden alle Spielregeln verändern und uns fantastische Reichtümer bescheren; durch sie werden schwindelerregende Reisemöglichkeiten möglich. Unsere Nachfahren werden in der Galaxis auf ein breites Spektrum neuer fremder stellarer, planetarer und anderer Umgebungen treffen. Je weiter sie sich dann in der Milchstraße ausbreiten werden, umso größer werden Spezifikation, Dissimilation[1] und Biodiversität, so dass sich die verschiedenen Ableger des Homo Sapiens sapiens aufgrund langer genetischer Isolation und Anpassung an sehr unterschiedliche Welten und deren Anziehungskräfte usw. irgendwann nicht mehr untereinander fortpflanzen können; durch die Kolonisation werden wir Milliarden neue Arten hervorbringen. Mit ihren Technologien werden sie Planeten und Monde terraformen und sich und andere tierische und pflanzliche Arten den Umständen fremder Welten anpassen, so dass Milliarden Rassen, Billio­nen Arten und noch mehr Individuen aus ihnen hervorgehen werden.

      Die Kultur unserer Nachfahren wird anders, ihre Technologien ( zum Beispiel Nano- und Femto­technologie, Wurmlöcher) werden weiterentwickelt, ihre Sprache verändert, ihr Verhältnis zu KI vertrauter und ihr Erscheinungsbild wahrscheinlich ganz anders beziehungsweise viel umfassender als unseres sein. Doch damit wir überhaupt noch in Mega- und Gigajahren existieren, müssen wir schon HEUTE uns und unsere Institutionen ändern, denn sollten wir auch nur etwas gewalttätiger, beschränkter, dümmer und selbstsüchtiger werden - das könnte zunächst nur eine Trendfrage, später Mode und schließlich Kultur werden - haben wir mit großer Wahrscheinlichkeit keine Zukunft. Vielleicht kommt es auch rechtzeitig zum Scheitelpunkt und die Besiedlung des Multiversums ist eine Aufga­be von EXES, Posthumanen und KENEN - von denen wir irgendwie ein Teil sein werden, eventuell als Emulationen...

      Dort bei Alpha Centauri, Epsilon Eridani, Tau Ceti, Sigma Draconis und all den anderen Sternen und Galaxien wird eine uns verwandte Art eintreffen, die unsere Schwächen verringert und unsere antagonistischen Widersprüche annulliert und die unsere Stärken potenziert haben wird - eine Art, die zuversichtlich und vorausblickend lebt und konstruktiv, effektiv, aber auch klug und vorsichtig ist; alles das was man sich von seinen Kindern wünscht und auf die wir stolz sein werden können. Wird unsere Motivation dieselbe sein, während wir uns innerhalb geologischer und kosmologischer Äonen verändern (nach der Scheitelpunkthypothese jedoch schon viel früher)? Vielleicht gibt es dann viel wichtigere Gründe für seine Erforschung als nur die Besiedlung einiger Welten - etwa den, um in die Evolution des Universums einzugreifen; damit würde Bewusstsein dann zum kosmologischen Faktor.

      Bei Raumfahrt geht es um den Aufbruch aus der räumlichen und zeitlichen Begrenztheit in die raumzeitliche (relative) Unendlichkeit des Universums; nur durch sie werden die Begrenzungen der irdischen Biosphäre überwunden. Dieses Überwinden eines begrenzten und bedrohten Planeten­raums und das Erschließen neuer Existenzräume für das Leben in diesem Sonnensystem und - lang­fristig - in interstellaren Dimensionen würde alles bisherige verblassen lassen; mit dem Anbruch des Raumzeitalters kann man durchaus damit rechnen, dass auch das Leben des Homo sapiens und die aus ihm entstehenden Homo sapiens spaciens, Homo galacticus und letztlich Homo cosmicus und die jeweils von ihnen hervorgebrachten Kulturen in die Transzeitlichkeit beziehungsweise Unzeitlichkeit hineinwachsen können.

      Uns nachfolgende Generationen werden den Sprung aus der irdischen Ökosphäre in den Ökokosmos meistern, der sich zunächst auf unser eigenes Sonnensystem beschränkt. Indem sie neue Exo-Ökosysteme erschaffen und die alten auf der Erde umweltfreundlicher gestalten, werden sie ihre irdischen Entwicklungsgrenzen erweitern beziehungsweise aufheben, was möglich wird durch praktisch unerschöpfliche

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