Augusta - Ihre Ehe mit Wilhelm I.. Helmut H. Schulz

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mit ihrem Gatten trat sie 1808 zum Katholizismus über, nachdem sie 1804 zunächst einmal Protestantin geworden war, sozusagen probeweise, wie es mit dem Christengott gehen würde. Alle vier, die beiden Schlegels, Dorothea Mendelssohn-Schlegel und Frau von Stael dichteten unter anderem heftig. Beide Schlegels waren überdies Gelehrte von Rang, Herausgeber des Athenäums, einer berühmten Zeitschrift, und Chefs der neuen Literaturrichtung Romantik. Friedrich Wilhelm nahm auf österreichischer Seite am Wiener Kongress teil, seltsamerweise kreuzten sich damals alle Wege in Berlin. Man sieht, dass der Literaturbetrieb lebhaft aufgeblüht war. In der Romantischen Schule hat Heine den Fall Schlegels höhnend und süffisant ausgebreitet. Die Salonleiter noch höher hinauf ging es mit einem Schwesternpaar Meier, Sarah und Marianne. Beide entstammten reichen jüdischen Häusern und konnten entsprechend verheiratet werden, nämlich in einen höheren Adel hinein, als ihn Varnhagen zu bieten hatte.

      Die Rahel starb 1833, aber die große Zeit der jüdischen wie der weniger jüdischen Salons neigte sich schon dem Ende zu, als Augusta nach Preußen umzog. Und es ist die Frage, ob die Weimarerin in diese Art der Berliner Salons mit seiner Klatschsucht, seiner üblen Nachrede und der Großkotzigkeit seiner Vertreter, jüdische Bankierstöchter, subalterne Beamte, Seconde-Leutnants und alle Sorten Abenteurer hineingepasst hätte. Warum gerade Salons und überdies jüdische, den neuen kulturell-literarischen Ton angaben, ist eine interessante Frage, die mit dem ersten Assimilationsschub zusammenhängt. Die höheren sozialen Sphären, die Oper, die Adelssalons konnten sich auch reichere Juden nur schwer und nur dann öffnen, wenn sie die Nobilität erwerben konnten, unter Friedrich II. unmöglich, unter seinen Nachfolgern schwer zu erreichen. Der märkische Adel besaß zwar etliche Stadthäuser, aber davon waren nur wenige für größere und regelmäßigere Gesellschaften geeignet, zweitens verhinderte die ländlich-soldatische Lebensweise des preußischen Junkers, seine Bindungen an das Militär mit seinem Korpsdenken, das Führen solcher Salons. Was nichts daran änderte, dass gerade Abkömmlinge des märkischen Ritterstandes poetisch produktive Leute wurden. Im nachfrederizianischen Heer war der Bürger nicht integriert, schon gar nicht der Jude. Diese erstarrten Verhältnisse brachten das sonderbare Gefüge der Salons hervor. In Fontanes Roman Vor dem Sturm, nolens volens, findet, wer danach sucht, eine Darstellung des literarischen Lebens in einer Mischgesellschaft, der Kastalia. Einige junge Männer, Offiziere, in Berlin studierende märkische Ritter und satisfaktionsfähige Bürgerliche, treffen sich zu regelmäßiger Dichterlesung in einem Haus im Berliner Stadtzentrum, in welchem Lewin sehr bescheiden zur Miete wohnt, alles um 1812. Es sind überhaupt finanziell auffallend beschränkte Leute, die diesem Kreis vorstehen, der zwar kein Salon, wohl aber ein Vorläufer des Salons ist. Neuartig ist dieser Querschnitt, die vergangenen Usancen des literarischen Adelssalons schildert der Preuße Fontane treffend anhand des Rheinsberger Hofes und den Empfängen der Tante Lewins. Hier ist einzig der Dorfpastor zugelassen, so etwas wie ein seelischer Apotheker, aber der protestantische Pfaffe hat diese Rolle immer gern gespielt und er spielt sie auch heute noch mit Leidenschaft.

      Neben diesem Salontyp entwickelten sich bald auch andere, freiere Formen, alles das wäre in der Friderizianischen Zeit gar nicht denkbar gewesen, weil das Personal für solch edlen Wettstreit gefehlt hätte. Ein ganz anderes Produkt der Salons, freilich nicht nur der Salons, ist der neuartige Antisemitismus. Es konnte wohl nicht anders sein, dass dem bürgerlichen Aufstieg nach dem Fall der Judengesetze die Assimilation und dieser die Abgrenzung der Christenheit folgte. Wilhelm Hauff verfasste beispielsweise gegen Ende der 20ger Jahre des Jahrhunderts schon einen Jud Süß, und Hauff war kein Antisemit. Gemeint ist natürlich jener Jud Süß-Oppenheimer; der Fall wäre zu bekannt, als dass hier näher auf ihn eingegangen werden müsste, wenn Hauffs Sicht auf Personen und Vorgänge nicht kommendes ahnen ließe. Süß wurde 1738 hingerichtet; Hauff aber beschreibt den Sturz des Geheimen Finanzrates Oppenheimer 1827, also neunzig Jahre später. Der Ewige Jude tritt zusammen mit Satan in einem Teil der Memoiren des Satan auf. In: Das gebildete Judenfräulein porträtiert Hauff nun einen neuen Typus des Salonfräuleins. Wie war sie graziös, das heißt geziert, wie war sie artig, nämlich kokett, wie war sie naiv, andere hätten es lüstern genannt. >Ich liebe die Tiplomattiker<, sagte sie unter anderem mit feinem Lächeln und vielsagendem Blick. >Es ist so etwas Feines, Jewandtes in ihren Manieren. Man sieht ihnen den jungen Mann von jutem Geschmack schon von die Ferne an, und wie angenehm riechen sie nach Eau de Portugal!< >O gewiß, auch nach Fleur d’Orange und dergleichen. Wie nehmen sich denn die hiesigen Diplomaten? Kommen sie viel unter die Leute?< >Nun, sehen Sie, wie das nun jeht, die älteren Herren haben sechs bis sieben Monate Ferien und reisen umher. Die jüngeren aber, die indessen hier bleiben und die Geschäfte treiben, sie müssen Pässe visitieren, sie müssen Zeitung lesen, ob nichts Verfängliches drein ist, sie müssen das Papier ordentlich zusammen legen für Sitzungen. Nun, was nun solche jungen Herren Tiblomen sind, das sein janz scharmante Leute, wohnen in die Chambres ganiers, essen an die Tables d’hote, jehen auf die Promenade schön ausstaffiert comme il faut, haben zwar jewöhnlich kein Jeld nich, aber desto mehr Ansehen.< Und an anderer Stelle: Der Reiis-Effendi und der Teufel in der Börsenhalle. >....Ä Korrier aus Wien? Gott’s Wunder! Wer hat’n gekriecht? Ä Fremder, der Zwerner von Dessau. Wie, kaaner von unsre Lait? Nicht der Rothschildt, der grauße Baron, nicht der Bethmann? Auch nicht der Metzler? Waas? Was hat er gebracht, der Korrier? Abraham, wie stehen se? Wie werden se stehen! Wer kann’s wissen, solange der Zwerner aus Dessau nicht ist auf der Börsenhalle. Levi! hat er’s Oltematum angenommen, der Reiis-Effendi? Hat er oder hat er nicht. Wie werden se stehen?< Oder Satan befragt das schöne Judenfräulein über ihre Leseneigungen: >Ach, was haben Sie für eine schöne, gebildete Sprache, mein Fräulein! Wurden Sie etwa in Berlin erzogen?< > Finden Sie das ooch? erwidert sie anmutig lächelnd. Ja, man hat mir schon oft das Kompliment vorjemacht. Nee, in Berlin drein war ich nie, ich bin hier erzogen worden; aber es macht, ich lese viel und bilde auf die Art meinen Jeist und mein Orkan aus.< > Was lesen Sie, wenn ich fragen darf?< > Nu, Belletres, Bücher von die schöne Jeister. Ich bin abonniert bei Herrn Döring in der Sandjasse, nächst der Weißen Schlange, und der verproviantiert mich mit Almanachs und Romancher.< > Lesen Sie Goethe, Schiller, Tieck und dergleichen?< > Nee, das tu ich nich. Diese Herren machen schlechte Jeschäfte in Frankfort. Es will sie keen Mensch, sie sind zu studiert, nicht natürlich jenug. Nee, den Joethe lese ich nie wieder! das is was Langweiliges. Und seine Wahlverwandschaften! Ich werde rot, wenn ich nur daran denke. Wissen Sie, die Szene in der Nacht, wo der Baron zu die Baronin,- ach, man kann’s ja nicht sagen, und jedes stellt sich vor -. <

      In der Sommerzeit war Pause, die bürgerlichen Notabeln, auch die jüdischen, übersiedelten in ihre Landhäuser an der Spree und enthoben sich des Zwanges ihrer Besuchs- oder Empfangstage. Mit Einzug des Herbstes siedelte man zurück, das Gesellschaftskarussel wurde wieder in Bewegung versetzt. Nach dem traditionell still begangenen Totensonntag lief allmählich die Saison an, die Ballzeit begann, Theater boten neue Aufführungen. Ein besonderes Element der Salons bildeten die Offiziere, deren Regimenter in Berlin und Potsdam in Garnison lagen, in Berlin vornehmlich die Gendarmen, dem teuersten und elegantestem Reiterregiment Preußens, in dessen Korps überhaupt nur Hochadel oder zumindest Uradel eintrat. Besonders anstrengenden Dienst hatten die jungen Herren nicht, daher bevölkerten sie die Berliner Salons; diese unbekümmert bis aufgeregte Jugend lieferte der Gesellschaft die Liebesaffären, sie waren das Salz in der sonst recht schalen Suppe. Neben Themen, die alle gleichermaßen interessierten, obenan die Liebe, und es gibt ja auch nichts anregenderes, beherrschte der Klatsch den Salon. Gipfelpunkt war allemal der Ehrenhandel, Pistolen- oder Degenduell, das immer tragisch endete, auch wenn keiner ernsthaft verletzt worden war. Um einem Kameraden Unannehmlichkeiten zu ersparen, schlichteten ältere Offiziere lieber die Streitigkeiten, was auch nicht ganz leicht war, denn sie hatten nicht nur die Streithähne zu zügeln, sondern auch gegen die öffentliche Meinung anzukämpfen. Fontanes Romane spielen alle in der Zeit nach 1800, also der großen Zeit der Salons, und nicht wenige leben von einem tragischen gesellschaftlichen Konflikt.

      Was bei Fontane höchst ernsthaft behandelt wird, dem hat Hauff, vielleicht passender schon als moderner Schriftsteller bezeichnet, eine andere Note abgewonnen. Auffallend oft befassen sich seine kleineren literarischen Arbeiten mit dem Salon, bei ihm dem ästhetischen Tee. Da er Süddeutscher und später

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