Augusta - Ihre Ehe mit Wilhelm I.. Helmut H. Schulz

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Augusta - Ihre Ehe mit Wilhelm I. - Helmut H. Schulz

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gegangen ist. Immer verstanden sie es, Landschaft und Bauwerk miteinander harmonisch zu verschmelzen. Es entdeckt, wer sich Zeit dazu nimmt, überraschende Aussichten, herrliche Blickschneisen auf Seen und Flüsse, auf entfernter liegende höhere Punkte, Türme, Kirchen, Brücken. Für dieses Schloss hatte sich Augusta als Vorbild ein englisches Landhaus gewählt, in der Art der Tudorzeit. Es gelang dem Baumeister Schinkel nicht, ihr diese Schrulle auszureden, die seinem Stilgefühl auf das höchste widersprach. So ist das Beste daran heute der Park. Und es war auch aufgeboten worden, was die Landschaftsgestalter zu bieten hatten. Lenné, auf den man in dieser Gegend auf Schritt und Tritt stößt, machte anscheinend nichts anderes, als dem märkischem Adel Bäume und Gebüsch anzupflanzen. Sanft geschwungene grüne Rasenflächen, nicht zu verwechseln mit dem heutigen Moderasen nach dem Vorbild des Rasens englischer Golfplätze, werden durch Baumgruppen belebt, jedermann kann sich stundenlang in diesen unauffällig geordneten Räumen aufhalten und Ruhe finden. Übrigens hat sich auch Pückler an diesem Park erfolgreich versucht. Was vom Park, das kann von Schloss Babelsberg nicht ebenso gesagt werden kann. Wer nun allerdings ein Liebhaber solch merkwürdiger Gotik ist, der mag auf seine Kosten kommen.

      Dieses Gebäude steht oder stand auf 270 Morgen Erbpacht, Erbpacht von wem? Jedenfalls besaß die Krone offenbar kein Eigentum an Grund und Boden. Lenné machte den Prinzen beizeiten auf die Lage aufmerksam; die Havelseen, Moorlake, oder Glienicker Lake und Tiefer See umgrenzen den späteren Park. Jedenfalls durften beide, Augusta und Wilhelm, sich als Architekten versuchen, und das taten sie auch, da sie auf den stilzuverlässigen Schinkel nicht hören wollte. Besonders Augusta ließ sich die Entwürfe englischer und neogotischer Schlossumbauten kommen, um zu studieren, was man alles unsinnig falsch machen kann. Wilhelm nannte das Ding zunächst sein Cottage, also Landhaus, indessen hatte der Oberbaumeister Preußens ein ziemlich geläufiges Schloss unter der Reißfeder, das sich alsbald für die Bedürfnisse Augustas als zu klein erweisen sollte. Da mal wieder Geldmangel herrschte, konnte fürs erste der Bau nur bis zum fertigen Oktogonturm ausgeführt werden. Und dieser hat es in sich; in den achteckigen Turm- und Arbeitszimmer zog sich Wilhelm zurück, um seinen Herrschaftsbereich optisch zu genießen. Hier las er die Berliner Gazetten, bloß um zu erfahren, dass jeden Tag Revolution ist oder sein konnte, falls nicht die Armee bereit stand, die Jakobiner zu Paaren zu treiben. Jedenfalls aber hatte der General von Schloss Babelsberg aus vor Augen, oder wenigstens in unmittelbarer Nähe was preußisch-brandenburgisch ist, Potsdam mit dem Marmorpalais, die Front des Hauses auf der Pfaueninsel an Havel und Moorlake, die Sacrower Kirche. Übrigens hatten beide Gatten, die sich in dieser Zeit des gemeinsamen Bauens offenbar ganz gut verstanden, das ihnen angebotenen Marmorpalais glatt abgelehnt; Wilhelm meinte, das Schloss sei zu groß, zu repräsentativ, aber eher steckte die Vorstellung Augustas hinter dem Verzicht, sich eine eigene Bleibe zu schaffen. Ganz frei von der Vorliebe für die waffenklirrende Neugotik ihres Gatten, von dem nachgeahmten Krimskrams der Rüstungen und Ritter, ist auch Augusta nicht gewesen. Vereint schufen die beiden Gatten dieses Unikum von Landschloss, aber es ist, wie gesagt, nichts weiter als a matter of taste, derartiges zu mögen. Heute ist es im Übrigen nicht mal mehr eine Geschmackssache, sondern bloß ein Problem geplagter Denkmalsschützer, da selbst der misslungenste Kasten noch immer herrlich ist gegenüber dem Modearchitekten mit dem Manhattankomplex. In Babelsberg sollten übrigens alle Familienszenen spielen, auch die mittlerweile klassisch gewordene - zitatenklassisch - zwischen abdankungsbereitem Wilhelm I. und seinem Kanzler in spé Bismarck. Es ging um die Behandlung des Landtages, sprich des Parlamentes, oder vielmehr dessen Entmachtung.

      Während der langen, Bauzeit wohnte das Paar entweder im Berliner Schloss, was den Vorteil hatte, dass man zu Fuß die Baustelle erreichen konnte, oder in Potsdam, im Neuen Palais, dort wurde auch das erste Kind des Paares geboren, freilich noch vor Beginn des Abrisses und ewig langen Neubaus.

      Es soll, wie wir lesen, eine schwere Geburt gewesen sein, dreißig Stunden lang hat die Wöchnerin in Wehen gelegen, bis sie am 18. Oktober 1831, mit zwanzig Jahren, einen weiteren Friedrich Wilhelm zur Welt brachte. Letzterer interessiert uns hier vorgreifend aus zwei Gründen; erstens weil es damals schon denkbar war, dass Augusta mit diesem jungen Menschen einen Kron- und Thronfolger geboren hatte, denn der eigentliche Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere vierte, war kinderlos, und würde nach menschlichem Ermessen auch nicht mehr Vater werden. Zweitens aber ist der Sohn der Augusta, dieser Friedrich Wilhelm, der Gatte einer Victoria geworden, die mit ihrer Schwiegermutter Augusta eine permanente Fronde gegen die Preußen bildete.

      Seit zwei Jahren war Augusta nun mit dem Preußen Wilhelm ehelich verbunden, gemeinschaftlich waren sie darangegangen, zwei Häuser zu bauen, für den eventuellen Thronfolger wurde noch ein drittes aufgelegt, weil eben immer alles zu klein geriet. Es zeichnete sich das Problem ihrer Ehe ab: Zu mehr, als zu einem freundschaftlichem Händedruck, zu einem dynastisch-solidarischem Nebeneinander würde man es kaum noch bringen. Augusta war liberal, oder sie galt als Liberale, was vielleicht anders zu bewerten ist, mehr in idealem als realem Sinne, wie Franz Herre meint, der ein kenntnisreiches Buch zwar nicht über Augusta, aber über ihren Gatten und späteren Kaiser geschrieben hat, wobei Augusta hin und wieder vorkommen muss. Seine Bemerkung trifft es indessen ganz gut; liberal sein, galt als modern und aufgeschlossen, wie im Zeitalter davor die religiöse Skepsis, liberal schien dem Stand der aufklärerischen Entwicklung angemessen. Noch immer lag über alle europäischen Monarchien wie ein drohender Schatten die Hand der Revolution, ausgenommen einer, der englischen, deren Königtum paradoxerweise unter dem Schutz einer Revolution stand, welche lange zurücklag und der Dynastie Beschränkung wie Dauer gesichert hatte. Wilhelm hasste die Franzosen, und nicht nur die revolutionären; gab es einen Erbfeind der Deutschen, dann trugen sie französisches Antlitz, aber er stand auch dem englischen System skeptisch gegenüber. Verstanden hat er sicherlich beide nicht, weder die Franzmänner, noch die Briten. Augusta bewunderte alles was englisch war. In den wenigen Jahren ihres Aufenthaltes in Preußen hatte sie sich den Ruf erworben, nicht nur eine Liberale zu sein, sondern eine ausgesprochene Jakobinerin. Es mag die berlinische Eigenart zu gehässiger Abstraktion, mit der allem auf den Grund gegangen wird, auch auf den Hof abgefärbt haben. Hier wurde das Schand- und Schimpfwort Jakobiner hinter vorgehaltener Hand über die Prinzessin weitergegeben. Augusta war zu gescheit, um sich gegen eine dermaßen blödsinnige Verleumdung energisch und öffentlich zur Wehr zu setzen. Allein aus der hinter dem Blödsinn steckenden diffamierenden Absicht ergab sich für das Paar ein dauernder Konfliktstoff. Wilhelm hielt seiner Frau vor, sie selber habe sich mit ihrem Rede- und Austauschbedürfnis den Schaden zuzuschreiben, wollte sie hier leben, müsse sie eben Rückhalt bei der Familie suchen. Zu dieser aber waren die Beziehungen lose und kühl, auf Förmlichkeiten bei den befohlenen Empfängen und Staatsaffären reduziert. In dem offenen Halbkreis mit dem König in der Mitte, bei offizieller Hoftafel, bei Jagden und auf gemeinsamen Reisen entstand kaum Nähe, was auch Schuld dieser Prinzessin war, die sich auf ihre persönlichen Eigenschaften zu viel einbildete, und zu vornehm war, um sich auf den Boden der märkischen Sandbüchse, wie deren erdhafte Ritterschaft, zu stellen. Zudem, ihr konnte nicht entgehen, dass sich Wilhelm einer ihrer Hofdamen - besonders groß war der Prinzenhof zu der Zeit nicht - genähert hatte. Augusta schätzte seine Diskretion, sie war fast modern in ihren Moralauffassungen, da sie wusste, wie viel sie hoffen und von ihrem Gatten erwarten durfte, der sich immerhin über die Vaterschaft gefreut hatte, aber merklich zurückhaltend wurde, wo sie als Frau etwas hätte fordern können. Die Gräfin Oriola, Augustas Hofdame, hatte sicherlich mehr von Wilhelm als seine Gattin, indessen änderte die Prinzessin ihr Verhalten gegenüber der Oriola nicht; sie tat weiter unangefochten Dienst bei Augusta. Man schrieb ihr nach wie vor von den stattlichen Nachkommen ihres Herren Gemahls, sämtlich illegitimer Art, diese sollten schon wegen der Familienähnlichkeit mit Wilhelm auffallen. Er tat wenig für diese Bastarde, und wenn, dann höchst unauffällig, keine erfundenen Titel, keine wirkliche Favoritinnen unter seinen Geliebten. Darin unterschied er sich von seinem Großvater, dem alten Liederjan. Übrigens hätte Augusta auch kaum eine Möglichkeit gehabt, dem Kater Wilhelm die fürstliche Schelle umzuhängen, wollte sie nicht zugleich die schlafenden Hunde, alle ihre zahlreichen Feinde wecken und auf ihre Schande aufmerksam machen.

      Was sie nicht nur beibehielt, sondern nach ihren Wünschen ausbaute, waren die lockeren Gesellschaften. Selbstredend lud sie nicht, sie wählte die besondere Art Einladung halber Liebenswürdigkeit

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