Augusta - Ihre Ehe mit Wilhelm I.. Helmut H. Schulz
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Man schreibt aus Berlin, dass mein Verlobter eine weitere Beziehung zu einer Frau unterhält, was er vielleicht aus einem Bedürfnis seiner Nerven heraus tut. Unsere Moral ist leider ganz konventionell, gleichwohl müssen wir die Formen unseres Umganges miteinander so ausgestalten, dass jedem sein Recht wird. Wenn das, wie in Stella, auf einer einfachen Erweiterung unseres Anspruchs geschieht, spottet die Natur jeder Frömmigkeit. Vor Mama will ich aber lieber über diese Einfälle schweigen.
In Berlin, oder in Potsdam, wo wir wohnen werden, muß unser Haus allen Menschen freien Geistes geöffnet sein; die großen neuen Ideen dieses Jahrhunderts werden bei uns Heimstatt haben und im freundlichen Umgang ausgetauscht werden. Muß mir eine Liste mit den Namen jener Männer anlegen, die in Berlin wirken und wertvoll sind. Humboldt! Mama besteht peinlicherweise darauf, dass alle unklaren Beziehungen meines Verlobten vor unserer Hochzeit gelöst werden müssen. Nun, dergleichen ist für unsere Beziehung ohne alle Bedeutung, da wir beide ja erst zueinander finden müssen. Ich habe den besten Vorsatz dazu.
Geworben war, das Ja-Wort gegeben, nun mussten die Beziehung des Ehemanns in spé allerdings geregelt werden. Zuallererst die zu der Wartebraut Wilhelms, Elisa von Radziwill. Über diese Affäre regte sich der Berliner Hof auf, und nicht nur der; ob aus der Liebe des Prinzen zu jener Frau etwas werde oder nicht, hatten verschiedene Gutachter entscheiden sollen, bis zuletzt der väterliche Machtspruch den Prinzen aus der Entschlusslosigkeit gerissen, als ihm die Braut Augusta befohlen wurde. Er selbst führte eher das Dasein eines jungen Gardeoffiziers mit mehr als einer Amoure, hegte und pflegte jedoch zugleich und ausdauernd das, was er für Liebe hielt zur schönen Radziwill. Inzwischen aber beschlief er noch eine andere; kurz, Mama Maria Feodorowna drängte nicht ohne triftige Gründe zur politischen Regelung dieser so liederlichen wie losen Allianzen. Augusta scheint der leicht skandalumwitterte Herr eher wegen dieser Ärgerlichkeiten interessant gewesen zu sein. Sie zählte allerdings nur 18 Jahre und war gänzlich ohne Sinneserfahrung.
Friedrich Wilhelm III. griff ein, er schickte der verflossenen Braut seines Sohnes Wilhelm anstatt eines Heiratsbriefes ersatzweise einen Orden, den Luisen-Orden, nach der berühmten Königin und Gattin, der Mutter des Prinzen und Brautwerbers. Und Elisa von Radziwill hatte sich diesen Entsagungsorden innerhalb ihres langen Wartestandes redlich verdient, in welchem sich beide, sie und Wilhelm, als Verlobte betrachteten. An sich hatte der Berliner Hof seit der Hurenwirtschaft unter Friedrich Wilhelm II., dem alten Liederjan, einen höchst miserablen Ruf bei den deutschen Fürsten, die es ja eigentlich nötig hatten vor ihrer eigenen Haustür zu kehren. Und die haarsträubende Liebesgeschichte der Elisa und Wilhelms war natürlich europaweit bekannt gemacht worden, dafür sorgten schon die verschiedenen Gesandten. In einer Zeit, in der die Vermählung eines Sohnes oder einer Tochter aus regierendem Hause keine Privatangelegenheit war, hing von solchen Allianzen einiges ab. Im Sommer 1826 waren die Würfel endgültig gefallen, nach einem Jahre dauernden Interim, und Wilhelm erhielt die Allerhöchste Order sich des Heiratsplanes mit der unstandesgemäßen oder dynastisch unzulänglichen Elisa zu entschlagen. Da Wilhelm schien, er habe bloß immer zu gehorchen, und sein Teil sei die bittere Klage über die Härte seines Prinzenschicksals, konnte er einige Jahre später - schon als Ehemann der Augusta - an die Bahre der zu Freienwalde verschiedenen Radziwill treten, und zwar in einem herzzerreißenden Zustand, wie die Schwägerin Elisabeth deutlich bemerkt haben will, was sie auch sogleich an alle Welt schrieb. Daher wissen auch wir, wie es um den armen Wilhelm stand. Daran dass die schöne Radziwill und der nicht ganz so schöne Prinz einander nicht kriegten, soll die Mutter Augustas, Maria Pawlowna, keinen geringen Anteil gehabt haben. Was sich in den Jahren zwischen 1818 und 1826 - auf etwa acht Jahre datiert Wilhelm selber diese Frist - abspielte, davon hat Augusta ohne Zweifel alles, zumindest das sie betreffende, mitbekommen. Varnhagen, als diplomatischer Kopf gut unterrichtet, sagte schon 1826 eine Doppelhochzeit voraus. Karl, der Bruder Wilhelms, würde die Weimarerin Marie, Wilhelm, die jüngere Augusta heiraten, so dachte er sich die Lösung, und so kam es auch. In diesem Falle war das Weissagen allerdings so schwierig nicht. Denn Maria Pawlowna hatte sich tatsächlich nachdrücklich in die Ehekabalen eingeschaltet und in Berlin wissen lassen, dass an eine Verbindung ihrer Tochter Marie mit Karl solange nicht zu denken sei, wie die Affäre Radziwill und Wilhelm in der Schwebe bleibe. In der Ehesache Elisa-Wilhelm unternahm der Vater und König Friedrich Wilhelm III. allerhand Winkelzüge, oder auch nicht Winkelzüge, sondern gut gemeinte Demarchen, um seinem Sprössling entgegen zu kommen. Unter anderem versuchte er, die Großfürstin matt zu setzen, in dem er beim Zaren anfragen ließ, ob der nicht eine Möglichkeit fände, die Radziwill zu adoptieren. Der Zar, Bruder der Großherzogin, fand diese Möglichkeit nicht, und Friedrich Wilhelm III. wusste sicherlich, dass die beiderseitigen Interessen anders gelagert waren, zumindest werden sich die russischen Geschwister abgesprochen haben.
Der Preußenkönig manövrierte also, weshalb? Um den Sohn zu schönen? Jedenfalls zögerte er die letzte Entscheidung über den Eheplan seines Sohnes mit der Radziwill hinaus, ließ etliche Gutachten anfertigen, die für und wider ausfielen und den Anschein erwecken sollten, der Vater träfe tatsächlich alle Vorsorge, dem Glück seines Sohnes aufzuhelfen. Der Zar Alexander I., hatte die Bitte Friedrich Wilhelms Elisa zu adoptieren, also nach Rücksprache mit seiner Schwester in Weimar abgelehnt. Auch eine Annahme an Kindes statt durch den Prinzen August von Preußen, einem Bruder der Luise, Elisas Mutter, kam nicht zustande, und sie hätte auch wohl die Forderung Maria Pawlownas gar nicht erfüllt. Es fragt sich aber doch, welche Absicht der Friedrich Wilhelm III. mit diesem Spiel verfolgte, das letzten Endes dynastisch nichts gebracht hätte, selbst wenn alle Gutachter freudig für den Eheplan mit Elisa gewesen wären. Bewegung kam im Winter 1825 in die Affäre, als alle europäischen Höfe nicht nur Staatstrauer anlegten, sondern eilends Sondergesandte zu den Trauerfeierlichkeiten nach Russland schickten. Auch Wilhelm reiste zu den getauften Bären, streifte Posen, wo sich seine wartende Braut Elisa aufhielt, reiste weiter, und so weiter, und so weiter.
Plötzlich bestand die Großfürstin Maria Pawlowna nach dem Machtwechsel auf dem Zarenthron nicht mehr darauf, dass vor der Eheschließung ihrer älteren Tochter Marie mit Karl die Angelegenheit Elisa-Wilhelm zu bereinigen sei. Möglicherweise hatte sie überhaupt keinen ernsthaften Grund für ihre Vorbedingungen, wollte nur ihre Launen ausleben, und sich nicht aus dem Spiel drängen lassen. Nun aber war es mit dem Zögern Friedrich Wilhelms III. zu Ende, und er erließ einfach eine Order, im Oktober 1826, dass sich beide Prinzen, Karl und Wilhelm, ohne Umstände und Nachfragen ungesäumt nach Weimar zu begeben hätten. Karl galt als so gut wie verlobt. Und so konnte der strenge Befehl für Wilhelm eben nur bedeuten, sich die zweite freie Tochter in Weimar genauer anzusehen. Wieder einmal ballte der Bräutigam in spé die Fäuste, freilich innerlich, denn: Der Befehl zu dieser Reise ist ein Beweis, dass mir das Leben nicht leicht gemacht wird. Wo steht geschrieben, dass das Leben leicht sein muss? Im Übrigen hatte sich zwischen der so lax und leger beendeten Affäre Elisa und der geplanten Brautschau in Weimar diese andere Dame eingeschlichen, Emilie von Brockhausen, die freilich zunächst einsichtig genug war, sich nicht in der eitlen Hoffnung zu wiegen, am Ende ihres Liebesglückes mit diesem schwankenden Freier könne eine Königskrone für sie liegen, wie sie die Schillerwitwe einst deutlich an der Wiege der Augusta gesehen haben wollte. Was nicht heißt, Emilie sei für jedweden Schmerz, für jede Verletzung ihres Selbstgefühls vollkommen unempfindlich gewesen. Auch anderen wurde es offenbar nicht leicht gemacht. Es liegt nahe, in all diesem Hin und Her tatsächlich etwas zu sehen, was der Prinz Wilhelm als Schikane empfand; da er nie selber und unabhängig handelte, musste eben ein anderer die Entscheidung für ihn übernehmen,