Professor Unrat. Heinrich Mann

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Professor Unrat - Heinrich Mann

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      Heinrich Mann

      Professor Unrat

      oder Das Ende eines Tyrannen

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel I

       II

       III

       IV

       V

       VI

       VII

       VIII

       IX

       X

       XI

       XII

       XIII

       XIV

       XV

       XVI

       Impressum neobooks

      Kapitel I

      Da er Raat hieß, nannte die ganze Schule ihn Unrat. Nichts konnte

      einfacher und natürlicher sein. Der und jener Professor wechselten

      zuweilen ihr Pseudonym. Ein neuer Schub Schüler gelangte in die Klasse,

      legte mordgierig eine vom vorigen Jahrgang noch nicht genug gewürdigte

      Komik an dem Lehrer bloß und nannte sie schonungslos bei Namen. Unrat

      aber trug den seinigen seit vielen Generationen, der ganzen Stadt war er

      geläufig, seine Kollegen benutzten ihn außerhalb des Gymnasiums und auch

      drinnen, sobald er den Rücken drehte. Die Herren, die in ihrem Hause

      Schüler verpflegten und sie zur Arbeit anhielten, sprachen vor ihren

      Pensionären vom Professor Unrat. Der aufgeweckte Kopf, der den

      Ordinarius der Untersekunda hätte neu beobachten und nochmals abstempeln

      wollen, wäre nie durchgedrungen; schon darum nicht, weil der gewohnte

      Ruf auf den alten Lehrer noch so gut seine Wirkung übte wie vor

      sechsundzwanzig Jahren. Man brauchte nur auf dem Schulhof, sobald er

      vorbeikam, einander zuzuschreien:

      »Riecht es hier nicht nach Unrat?«

      Oder:

      »Oho! Ich wittere Unrat!«

      Und sofort zuckte der Alte heftig mit der Schulter, immer mit der

      rechten, zu hohen, und sandte schief aus seinen Brillengläsern einen

      grünen Blick, den die Schüler falsch nannten, und der scheu und

      rachsüchtig war: der Blick eines Tyrannen mit schlechtem Gewissen, der

      in den Falten der Mäntel nach Dolchen späht. Sein hölzernes Kinn mit dem

      dünnen, graugelben Bärtchen daran klappte herunter und hinauf. Er konnte

      dem Schüler, der geschrien hatte, »nichts beweisen« und mußte

      weiterschleichen auf seinen magern, eingeknickten Beinen und unter

      seinem fettigen Maurerhut.

      Zu seiner Jubelfeier im Vorjahr hatte das Gymnasium ihm einen Fackelzug

      gebracht. Er war auf seinen Balkon getreten und hatte geredet. Während

      alle Köpfe, in den Nacken gelegt, zu ihm hinaufsahen, war plötzlich eine

      unschöne Quetschstimme losgegangen:

      »Da ist Unrat in der Luft!«

      Andere hatten wiederholt:

      »Unrat in der Luft! Unrat in der Luft!«

      Der Professor dort oben fing an zu stottern, obwohl er den Zwischenfall

      vorausgesehn hatte, und sah dabei jedem der Schreier in den geöffneten

      Mund. Die andern Herren standen in der Nähe; er fühlte, daß er wieder

      einmal »nichts beweisen« könne; aber er merkte sich alle Namen. Schon

      tags darauf gab der mit der gequetschten Stimme dadurch, daß er das

      Heimatsdorf der Jungfrau von Orleans nicht kannte, dem Professor

      Gelegenheit zu der Versicherung, er werde ihm im Leben noch oftmals

      hinderlich sein. Richtig war dieser Kieselack zu Ostern nicht versetzt

      worden. Mit ihm blieben die meisten in der Klasse zurück von denen, die

      am Jubiläumsabend geschrien hatten, so auch von Ertzum. Lohmann hatte

      nicht

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