Missbrauchte Kinderseele. Mona Prinz
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Die Lieblosigkeit – Emotionale Grausamkeit
Ich habe oft gehört, dass ich kein Wunschkind war und dies war immer ein Stich ins Herz. Doch auch ich selbst habe mir oft gewünscht, dass ich nicht geboren wäre. Ich wollte dieses schreckliche Leben schon als Kind nicht. Meine Eltern haben es mir gegeben, ohne die Voraussetzungen für ein schönes Leben zu schaffen. Dies habe ich ihr oft zum Vorwurf gemacht und dieser Vorwurf, glaube ich, ist auch berechtigt. Es gibt Paare, die wünschen sich viele und andere wünschen sich keine Kinder. Beides kann ich akzeptieren, doch wer sich zu einem Kind entschließt, sollte auch die volle Verantwortung dafür übernehmen. Wenn dies jemand, aus welchen Gründen auch immer, nicht kann oder möchte, dann ist es sein gutes Recht, kinderlos zu bleiben. Es ist zumindest besser, als ungewollt und ungeliebt auf die Welt zu kommen, denn dies setzt einem Kind die tiefsten Wunden. Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mutti mich irgendwann in meinem Leben jemals in den Arm oder an die Hand genommen hat. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass sie jemals meine Wange oder über mein Haar gestreichelt hat. Sie hat niemals meine Tränen getrocknet, wenn ich traurig war. Sie war nie da, wenn ich sie brauchte und sich mein Herz nach Liebe und Wärme sehnte. Sie hat mich nicht getröstet, wenn ich krank war. Ich kann mich einfach an kein einziges liebevolles Wort oder sonstige nette Geste erinnern. Mir fällt kein einziger Moment ein, indem ich auch nur einmal den Hauch an Liebe und Wärme fühlte. Alles, an was ich mich erinnern kann und was ich fühlte, war diese Lieblosigkeit und diese verdammte Kälte. Ich fühlte mich als kleines Mädchen so allein, mittendrin in einer trostlosen Welt. So verdammt einsam fühlte ich mich an jedem Tag. Das hat meine kleine Seele so sehr verletzt und tief erschüttert, doch die verzweifelten Hilferufe, die ich stumm schrie, hörte niemand. Alles, was davon zurück blieb, war ein Trauma, von dem ich mich kaum noch sollte erholen können und das mich die nächsten Jahre immer wieder verfolgen und einholen wird.
Ich beneidete die anderen Kinder so sehr
Die anderen Kinder wurden im Kindergarten immer so liebevoll von ihren Müttern verabschiedet, während meine Mutti ohne ein einziges liebes Abschiedswort grußlos verschwunden war. Manchmal drehte ich mich um, wollte ihr nachwinken, doch sie war schon verschwunden. Ich zog allein meine Jacke aus und ging zu den anderen Kindern. Eingeschüchtert ging ich zu ihnen, denn ich fühlte mich so unwohl in der Gruppe. Die liebenden Mütter in meinem Umfeld zu sehen, wie sie ihre Kinder förmlich mit Liebe überschütteten, zerbrach mir oftmals nahezu das Herz. Ich habe mir so oft gewünscht, in einer anderen Familie zu leben. Ich habe in meinen Gedanken als Kind oft meine Mutter gegen eine andere eingetauscht. Nachts habe ich oft davon geträumt. Abends, wenn ich die Augen schloss, sah ich mich in einer anderen Familie leben. Ich „sah“, wie ich in einem anderen Bettchen liege. Meine „neue“ Mutti hat mich dann liebevoll zugedeckt, sich an mein Bett gesetzt, mir noch eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen, meine Wange gestreichelt und gesagt „Schlaf gut, mein Kind. Ich hab dich lieb“. Hat meine Mutti mir jemals gesagt, dass sie mich liebt? Nein, das hat sie nie. Bis heute habe ich es kein einziges Mal gehört. Die eigene Mutti gegen eine andere eintauschen zu wollen, möge sich vielleicht gerade sehr hart anhören, doch es gehört eine Menge dazu, um so zu fühlen. Ich wollte doch auch einmal nur glücklich sein und ein wenig geliebt werden. Mehr wollte ich doch gar nicht. Heute sage ich nicht mehr, dass ich meine Mutti eintauschen möchte. Sie und ich, wir haben nicht diese Bindung zueinander aufgebaut, wie sie zwischen Mutter und Tochter sein sollte oder könnte und diese Bindung werden wir auch niemals haben, doch heute als erwachsene Frau sage ich mir, man kann sich seine Mutti nicht aussuchen. Aber als kleines Mädchen, oh ja, da habe ich mir oft eine andere Mutti gewünscht. Eigentlich habe ich mich an jedem einzelnen Tag förmlich danach gesehnt.
Ich erfuhr die Wahrheit über meinen brutalen Vater – Ich war erschüttert
In den ersten Jahren war meine Mutti allein erziehend. Sie hat sich kurz nach meiner Geburt bereits scheiden lassen. Ich habe irgendwann gehört, wie meine Mutti meiner Oma die Scheidungsunterlagen vorgelesen hat, auf denen ausführlich stand, dass Alkohol und große Gewalt die Trennungsgründe waren. Körperliche Gewalt gegen meine Mutti, die ich, besonders als ich klein war, nicht verstehen konnte. Sie muss enorm darunter gelitten haben und es hat mich als kleines Kind sehr erschrocken, wie brutal und grausam erwachsene Menschen sein können. Und spätestens in diesem Moment wusste oder zumindest fühlte ich, dass diese kleine Welt alles andere als heil war. Doch die Gewalt war auch gegen mich, sein eigenes Kind, gerichtet. Ich hörte, wie sie erzählte, wie er mich oft stundenlang geschüttelt und brutal geschlagen hat, wenn ich geweint habe. Einmal hat er mich sogar mit dem Kinderwagen die Kellertreppe hinunter gestoßen. Dann war für einen Moment Stille. Ich lag scheinbar leblos da und alle dachten, ich sei tot, hörte ich sie zu meiner Oma sagen. Ich konnte das Gehörte kaum begreifen und meine kleine Welt war nun so völlig zerbrochen. Meine Gedanken überschlugen sich. Ich war noch sehr klein, weiß es nur vom Hören und kann mich auch nicht daran erinnern, an das, was er uns angetan hat, dennoch sehe ich diese brutalen Bilder auch heute noch vor mir und ich konnte sie nie wieder vergessen und aus meinem Kopf verdrängen.
Meinen gewaltvollen Vater wollte ich niemals wiedersehen
Ich kannte meinen Vater zu dieser Zeit nicht, doch allein nur von dem, was ich über ihn hörte, wollte ich ihn auch niemals im Leben kennenlernen. Er muss ein Monster sein, dachte ich mir. Was für einen schrecklichen Papa habe ich, fragte ich mich oft voller Bange. Und zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich große Wut auf meine Mutti, dass sie mir keinen vernünftigen Papa ausgesucht hat. Ich war froh, dass er nicht da ist und ich hatte riesige Angst, dass er irgendwann wieder zu uns zurückkommt. Ich flehte meine Mutti sehr oft mit Tränen in den Augen an, dass sie ihn nicht mehr in unsere Wohnung lässt. Nachts konnte ich vor Angst oftmals kaum schlafen und ich habe geschaut, ob die Wohnung auch wirklich verschlossen ist. Ich hatte immer Angst, dass er irgendwann kommt und uns verprügelt. Schon als kleines Mädchen hatte ich so große Angst vor diesem Monster, wie er es in meinen Augen war. Und während ich in meinen Gedanken immer wieder im Kinderwagen die Stufen hinunterrollte, zuckte ich jedes Mal aufs Neue förmlich zusammen. Ich habe mich oft gefragt, wie ein Vater zu solch einer Tat in der Lage sein kann. Ein liebender Vater macht doch so etwas nicht. Ich würde meine Tochter niemals schlagen und das habe ich auch niemals getan. Doch heute weiß ich, er war niemals ein liebender Vater. Er war überhaupt kein Vater, denn wozu er noch alles in der Lage sein wird, seinem