Sinnvoll zu betrachten. Geshe Kelsang Gyatso

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Sinnvoll zu betrachten - Geshe Kelsang Gyatso

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      1. Kapitel

      Der Nutzen von Bodhichitta

      DIE ERKLÄRUNG DER BEDEUTUNG DES TEXTES

      Der Hauptteil des Textes hat zwei Teile:

      1. Die vorbereitende Erklärung

      2. Die eigentliche Erklärung der Stufen des Pfades zur Erleuchtung

      Die vorbereitende Erklärung hat drei Teile:

      1. Die Verehrung

      2. Das Versprechen, den Text zu verfassen

      3. Der Grund, den Text zu verfassen

      DIE VEREHRUNG

      [1a] Der eigentliche Text beginnt mit der Ehrerbietung oder Verbeugung Shantidevas vor den Buddhas (wörtlich vor den Sugatas: denjenigen, die zur Glückseligkeit gegangen sind), vor den edlen Söhnen und Töchtern sowie vor allen anderen heiligen Objekten der Verehrung. Mit dieser Verbeugung drückt Shantideva seinen Respekt für die drei kostbaren und erhabenen buddhistischen Zufluchtsobjekte aus - Buddha, Dharma und Sangha. Eine ausführliche Erklärung dieser Drei Juwelen wird weiter unten im Kommentar gegeben. An dieser Stelle genügt folgende Erklärung: Buddha ist ein vollständig erleuchtetes Wesen, Dharma ist die spirituelle Lehre, die solch ein Wesen weitergibt, um die Lebewesen aus Leiden und Unzufriedenheit zum vorübergehenden und endgültigen Glück zu führen. Sangha ist die Gemeinschaft derjenigen, die dieser erleuchtenden Lehre folgen.

      Warum ist es notwendig, zu diesen drei Objekten Zuflucht zu nehmen? Wenn ein kranker Mensch gesund werden will, muß er sich auf einen geschickten Arzt, wirksame Medikamente sowie freundliche und aufmerksame Krankenschwestern verlassen. Auf die gleiche Weise sind alle fühlenden Wesen, die im Teufelskreis Samsaras gefangen sind, von der Krankheit ihrer Verblendungen befallen, da sie nichts gefunden haben, zu dem sie wirklich Zuflucht nehmen können. Nur indem sie sich auf den vollkommenen Arzt - Buddha -‚ auf das Dharma-Heilmittel und die Sangha-Krankenschwestern verlassen, werden sie von ihrer Krankheit geheilt. Wenn wir unsere Unzufriedenheit und unsere Leiden beenden wollen, müssen wir deshalb diese drei kostbaren und erhabenen Juwelen entdecken und uns ihnen anvertrauen.

      Am Anfang des ersten Verses erweist Shantideva den Drei Juwelen seine Ehrerbietung, um die Hindernisse zu beseitigen, die beim Verfassen des Textes entstehen könnten. Er verbeugt sich zuerst vor den Sugatas, den Buddhas, die den Wahrheitskörper eines erleuchteten Wesens (Skrt. Dharmakaya) sowie alle Dharma-Juwelen besitzen. Dann erweist er seine Ehrerbietung dem Sangha, indem er sich vor den edlen Söhnen und Töchtern Buddhas verbeugt. Zum Schluß erweist er seine Ehrerbietung allen Äbten und Lehrern sowie allen anderen Wesen, die der Verehrung würdig sind. Dies beschließt seine Verehrung.

      DAS VERSPRECHEN, DEN TEXT ZU VERFASSEN

      [1b] Als nächstes kommt das traditionelle Versprechen, den Text zu verfassen. Es war üblich, daß die Autoren zu Beginn eines Werkes ein Versprechen abgaben, das als kurze Einleitung zum Thema diente, das behandelt werden sollte. In diesem Text möchte Shantideva eine Synthese aller Pfade vorstellen, die zur Erlangung der höchsten Erleuchtung, der makellosen Erfüllung der Buddhaschaft, führen. Das ist die Bedeutung des Bodhisattvacharyavatara. Denn es ist nur durch die Lebensweise eines Bodhisattvas möglich, d.h. wenn man sich auf die Handlungen der Söhne und Töchter der Sugatas einläßt, dieses höchste Ziel zu erreichen.

      Zwei Vorteile entstehen durch das Studium dieses kostbaren Textes. Der vorübergehende Nutzen besteht darin, daß man ein Verständnis des gesamten Pfades zur Erleuchtung gewinnt und dadurch fähig wird, diesen Pfad zu praktizieren. Der endgültige Nutzen besteht darin, daß die makellose Erfüllung der Buddhaschaft durch das Vertrauen in diesen Text tatsächlich im eigenen Bewußtsein realisiert werden kann.

      Der endgültige Nutzen hängt vom vorübergehenden Nutzen ab. Der vorübergehende Nutzen hängt von der Bedeutung des Textes ab, der seinerseits vom Text selbst abhängt. Diese Abhängigkeit wird als Beziehung des Textes bezeichnet. Deshalb weist im ersten Vers Shantidevas Versprechen, den Text zu verfassen, darauf hin, daß sein Text in Übereinstimmung mit den Schriften Buddhas verfaßt wurde und die vier Qualitäten der Bedeutung, des vorübergehenden Nutzens, des endgültigen Nutzens und der Beziehung enthält.

      DER GRUND, DEN TEXT ZU VERFASSEN

      [2] Shantideva erklärt als nächstes, was seine Gründe sind, den Text zu verfassen. Er gibt zu, daß nichts darin enthalten sein werde, was nicht schon früher einmal erläutert worden sei. Da er keine besonderen Fähigkeiten in der Kunst der Rhetorik oder Poesie besitze, habe er auch nicht die Absicht, denjenigen zu helfen, die die Unterweisungen Buddhas schon verstanden hätten. Er habe seinen Text vielmehr deshalb geschrieben, damit sich seine eigene Tugend vergrößere, sein eigenes Verständnis der Schriften nicht abnehme und sein eigener Geist mit den eben erklärten Realisationen der Schriften besser vertraut würde.

      [3] Weiter sagt Shantideva, daß er durch die Kraft seines Vertrauens, des Verfassens des Textes und seiner Weisheit die Bedeutung aller Schriften erläutern werde. Dadurch würden für einige Zeit auch seine eigenen Realisationen zunehmen. Er hoffe, daß sich dieser Text auch für andere Studierende, die genauso großes Glück hätten wie er selbst, als sinnvoll erweisen würde.

      Dies beschließt die einleitende Erklärung. Im vierten Vers beginnt Shantideva mit der Erklärung des eigentlichen Pfades, der von denjenigen befolgt werden sollte, die in die Lebensweise eines Bodhisattvas eintreten wollen.

      Die Erklärung besteht aus zwei Hauptteilen:

      1. Die Ermutigung, die Bedeutung dieses kostbaren menschlichen Lebens zu erfassen

      2. Die Methode, dieses perfekte menschliche Leben bedeutungsvoll zu machen

      DIE ERMUTIGUNG, DIE BEDEUTUNG DIESES KOSTBAREN MENSCHLICHEN LEBENS ZU ERFASSEN

      [4] Shantideva erinnert uns als erstes daran, daß wir jetzt einen äußerst seltenen und kostbaren Besitz unser eigen nennen: die voll ausgestattete menschliche Form. Im Gegensatz zu der überwältigenden Mehrzahl der Wesen im Universum - einschließlich der meisten Menschen - haben wir die Möglichkeit, unserem Leben einen wirklichen Sinn zu geben. Wir sind frei von bestimmten Einschränkungen und im Besitz bestimmter Fähigkeiten und nützlicher Umstände, die es uns ermöglichen, Ziele zu erlangen, die weit jenseits der Reichweite der meisten Wesen liegen. Wenn wir aber nicht den bestmöglichen Gebrauch von unserem jetzigen Leben machen, dann wird es sehr schwierig sein, erneut eine solch perfekt ausgestattete Form zu erlangen. Damit uns der große Wert stärker bewußt wird, müssen wir uns mit der folgenden detaillierten Analyse vertraut machen.

      Wieso ist unsere gegenwärtige Existenzform so selten und so schwierig zu erlangen? Der Grund dafür ist, daß wir nicht zufällig als Mensch geboren wurden. Jede Wirkung hat eine Ursache, und unsere gegenwärtige Existenz als Mensch - und zudem als besonders ausgestatteter Mensch - ist das Resultat einer Anzahl von besonderen und schwierig zu erschaffenden Ursachen. Im allgemeinen hängt eine Geburt als Mensch von der Einhaltung reiner moralischer Disziplin und der Praxis des Gebens in früheren Leben ab. Im einzelnen hat jeder Aspekt einer voll ausgestatteten menschlichen Form seine eigene

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