KLÜGER PUBLIZIEREN für Verlagsautoren und Selfpublisher. Stephan Waldscheidt
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Bis vor einigen Jahren war der Weg zum eigenen Buch nur mit einem einzigen Verkehrsmittel zu bewältigen: mit dem Verlagszug. Dort saßen die Autoren recht bequem, brauchten sich um nichts zu kümmern und konnten die Zeit mit dem Schreiben ihres nächsten Buchs verbringen. Aus dem Fenster fiel ihr Blick manchmal auf eine steinige Piste neben den Schienen, wo sich hin und wieder ein einsamer Selbstverleger zu Fuß entlangquälte.
Der Nachteil für die Autoren im Zug: An die Fahrkarten kam man nur schwer heran, und selbst wenn man eine erwischte, musste man lange dafür anstehen. Ob am Ziel viele Leser warteten, wusste freilich weder Autor noch Zugführer. Immerhin schien die Chance auf einen großen Bahnhof unvergleichlich besser als für den Fußgänger.
Mit dem Siegeszug (sic!) des Internets und der zunehmenden Verbreitung von elektronischen Lesegeräten in Form von E-Readern, Smartphones und Tablets wurde neben den Schienen eine breitere Straße gebaut und gut gepflastert. Dem Autor steht mit dem E-Book ein Pkw zur Verfügung, der ihn weit schneller als der Zug zu seinem Ziel bringt. Und endlich kann er sogar hoffen, von mehr als nur einer Handvoll Leser empfangen zu werden.
Das Wunderbare für einen Autor aber ist nicht die Existenz dieses neuen Verkehrsmittels. Das eigentlich Wunderbare ist: Er hat jetzt die Wahl, womit er fährt. Das Monopol der Verlage auf Autoren bröckelt. Aber wie immer, wenn Monopole zu Ende gehen, bringt das Vor- und Nachteile mit sich. Freiheit ist anstrengend. Hin und wieder ist sie auch gefährlich.
Wo liegen nun die Vorteile der Veröffentlichung im Verlag? Wo ist die Selbstpublikation der bessere Weg zum Leser und zu dem, was für Sie Erfolg bedeutet? In vielen Fällen hängen die Antworten von den Zielen ab, die Sie persönlich mit dem Schreiben und Veröffentlichen verbinden.
Daher bekommen Sie von mir keine klaren Anweisungen: So musst du es machen, Autor, und nicht anders! Stattdessen gebe ich Ihnen das nötige Wissen zur Hand, mit dem Sie die für Sie beste Entscheidung treffen können – die nach der Lektüre dieses Buchs eine qualifizierte(re) Entscheidung sein wird.
Schon sind wir bei der ersten Lektion: Als publizierender Autor müssen Sie viele Entscheidungen treffen und das andauernd. Entscheidungsschwäche heißt hier beruflicher Selbstmord. Wenn Sie nicht entscheiden, tut es niemand für Sie – und niemand kauft Ihre Bücher. Für Selfpublisher gilt das noch mehr als für Verlagsautoren.
Was für das Schreiben gilt, gilt auch fürs Publizieren: Beides sind keine exakten Wissenschaften. Was bei dem einen funktioniert, geht beim anderen schief, wo einer mit Glück weiterkommt, scheitert ein anderer, der eben nicht zur rechten Zeit am rechten Ort war.
Die Entscheidungen, die Sie beim Veröffentlichen treffen müssen, sind in den seltensten Fällen sichere Entscheidungen mit garantiertem Ausgang. Die beste Chance auf Erfolg ergreifen Sie, wenn Sie sich kundig machen. Wenn Sie wissen, was Sie tun, wo die Fallstricke liegen und worauf Sie sich einlassen.
Was Sie vor sich haben, ist das Buch, das ich gerne gelesen hätte, als ich am Anfang meiner Karriere als Autor stand. Es ist zugleich das Buch, das ich gerne gelesen hätte, als ich schon weiter mit meiner Karriere war.
Ich habe meine Erfahrungen gemacht. Welche das sind, können Sie im nächsten Kapitel nachlesen. Sie fließen in dieses Buch ein. Genau wie mein Wissen, aktiv gesammelt oder unvermeidlich erworben. Daneben finden sich Interviews von Menschen aus der Buchbranche, von der Autorin bis zur Verlegerin, vom Literatur-Vermarkter bis zum Leiter einer literarischen Gesellschaft.
Wo stehe ich? Ich bin nicht für oder gegen Verlage oder Selfpublishing. Ich bin für echte Wahlfreiheit von Autoren und bessere Chancen für gute Bücher, mehr Leser zu erreichen. Ich wünsche mir zufriedene Autoren, die die für sie richtigen Entscheidungen treffen und für ihre Mühen und ihre ehrliche Arbeit gerechter bezahlt werden.
Besonderen Fokus lege ich in diesem Buch auf die Unterschiede zwischen Verlegtwerden und Selbstverlegen und stelle die Vor- und Nachteile beider Wege gegenüber.
Behalten Sie im Hinterkopf, dass es diese krasse Gegenüberstellung gar nicht gibt. Verlegtwerden schließt Selbstverlegen nicht aus (wie der Hybrid-Autor aus Erfahrung weiß). Die Alternative zu einem Publikumsverlag kann zwar das Selfpublishing sein – aber ebenso gut könnte die richtige Wahl für Sie Kleinverlag heißen oder Blog.
Schließlich stellt sich bei jedem Buch – vor jedem Buch – die Frage: Will ich diesen Text tatsächlich der Öffentlichkeit zugänglich machen? Will ich es in dieser Form tun? Will ich es jetzt tun oder warte ich, bis der Text ausgegorener ist, die Geschichte schlüssiger, die Information überprüft?
Bei der Einfachheit, mit der heute jeder alles publizieren kann, geraten solche wichtigen Fragen schnell unter die Räder. Öffentlichkeit aber heißt, sich Kritik auszusetzen, womöglich Anfeindungen zu erleben. Öffentlichkeit heißt, ein wichtiges Stück von sich selbst preiszugeben und jedem zugänglich zu machen.
Überlegen Sie sich gut, ob Sie das möchten. Ob das für Sie der richtige Weg ist.
Vergessen Sie auch nicht, dass da draußen Zigtausende wie Sie sind, die auf den Buchmarkt drängen. Die meisten scheitern, bevor ihr Werk publiziert ist, die meisten der publizierten verschwinden in der Masse, die meisten, die sich herausheben, tun das nur sehr kurze Zeit.
Amazon Deutschland listet über zwei Millionen Buchtitel. Können Sie Ihr Buch aus dieser Masse herausheben?
Die gute Nachricht: Sie brauchen es nicht für alle aus der Masse herauszuheben – sondern nur für die Leser, die Sie erreichen möchten. Und das ist machbar. Um das zu schaffen, um Ihre Karriere als Autor zu steuern und voranzubringen, brauchen Sie einen Plan. Das ist mehr als eine gute Idee. Ein Plan ist unverzichtbar.
In der Praxis: Dieser Plan kann so aussehen wie bei mir und meinen Schreibratgebern. Ich habe im Spätherbst 2010 mein Blog schriftzeit.de gestartet. Meine Zielgruppe: Romanautoren. Mein Ziel, bevor ich das Blog begann: Aus den Blogartikeln Ratgeber-E-Books machen. Meine Instrumente, das Blog bekannt zu machen: Twitter, einige Zeit später Facebook und daneben meine Glosse in der Autorenzeitschrift Federwelt.
Als sich nach einem knappen Jahr täglich mehr als tausend Leser auf schriftzeit.de über das Schreiben informierten, war für mich der Zeitpunkt gekommen, den ersten Ratgeber zu publizieren. Ich wusste von vornherein, meine Bücher sind Nischenprodukte und haben keine Chance, aus dieser Nische herauszukommen. Sprich: Ich habe mir nie Illusionen gemacht, auf der Bestsellerliste zu landen. Mir genügte die Bestsellerliste in Amazons Rubrik »Kreatives Schreiben«. Seit 2012 ist permanent einer meiner Ratgeber, meistens sind es mehrere, in den Top 20 vertreten. (Pikanterweise wurde diese Rubrik im Sommer 2014 ohne Ankündigung aufgelöst, sodass die Schreibratgeber bei den Büchern übers Häkeln und Putzen stehen. Sie sehen, Publizieren ist jeden Tag aufs Neue ein Abenteuer.)
Einen Plan zu haben, heißt nicht, diesem Plan stur zu folgen. Als ich das Blog startete, dachte ich nicht daran, die Ratgeber auch auf Papier zu veröffentlichen. Dann