Junger Herr ganz groß. Ханс Фаллада
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Dat ken Kramer ist, de blief da buten,
Oder ick schla em up de schnuten.
»Nein, danke vielmals, Herr Kalander«, sagte ich eilig. »Darum würde ich Sie wirklich nicht mehr so spät stören. Die Wahrheit ist, ich war mit einem Weizentransport nach Stralsund unterwegs, und ich fürchte, ich habe meine Leute samt und sonders verloren.«
Kalander zuckte natürlich nicht, er ist einiges von Landlieferungen gewöhnt. Es ist eben immer ein Festtag, wenn man nach oft monatelanger dörflicher Abgeschlossenheit wieder einmal in die Stadt kommt, und Festtage wollen gefeiert werden! Er fragte vorsichtig dies und jenes und meinte dann schließlich: »Ich würde Ihnen vorschlagen, Herr von Strammin, daß wir einmal den Gendarmerieposten in Nipperow anrufen. Wenn wirklich etwas passiert ist, weiß man dort am ehesten Bescheid!«
»Großartig, Herr Kalander!« rief ich. »Daß ich nie an das Telefon denke! Aber Sie wissen ja, Mama duldet solch Ding nicht im Hause. Bei Inspektor Hoffmann hängt natürlich eines, aber wir benutzen es nie. Mama schreibt auch nie eine Postkarte, sie findet Postkarten und Telefon gewöhnlich.«
Herr Kalander lächelte: »Nun, Frau von Strammin hat natürlich von ihrem Standpunkt aus recht. Aber in dem jetzigen Falle wäre ein Telefon vielleicht doch angenehm?«
»Ich sagte es schon, Herr Kalander, ausgezeichnet! Aber – wenn Sie sich all diese Mühe machen, ich muß Ihnen gestehen, der Weizen, den ich bringe, ist nicht für Sie bestimmt.«
»Aber das weiß ich doch«, sagte Kalander und hatte während meiner Worte schon das Gespräch nach Nipperow angemeldet. »Alle liefern augenblicklich an den ollen Schmuggler, den Pedersen, ich doch auch! Ich habe ihm über zweitausend Zentner verkauft, und ich habe sogar schon mein Geld dafür, und das ist mehr, als mancher in der nächsten Woche von sich wird sagen können!«
»Ist er denn wirklich ein Schmuggler, Herr Kalander?«
»Natürlich ist er das, wie könnte er sonst solche Preise zahlen? Nicht bei uns in Deutschland natürlich, aber ich glaube, den Englishman legt er recht häufig und recht gründlich herein! Nun, das geht uns nichts an, solange wir nur unser Geld kriegen. Wenn ich Ihnen da etwa behilflich sein darf, Herr von Strammin? Er hat nämlich so seine Mucken, der Pedersen, namentlich wenn er einen in der Krone hat, und er hat eigentlich immer einen in der Krone, das heißt, es gibt auch da Unterschiede ...«
Gottlob, jetzt klingelte das Telefon! Ich hatte es wirklich über, ewig vor diesem Pedersen gewarnt zu werden. Was Bessy und Kalander geschafft hatten, würde ich auch schaffen, ich war fest entschlossen, die angebotene Hilfe Kalanders nicht anzunehmen.
Das Telefongespräch überließ ich ihm aber lieber doch, ich bin nicht sehr versiert im Telefonieren, ich glaube, ich schreie zu sehr. Nachher tat es mir aber leid, daß ich nicht selbst gesprochen hatte. Ich saß wie auf Kohlen dabei, das Buchsbaumgesicht Kalanders wurde recht ausdrucksvoll, der andere sprach immerzu ...
»Oh, oh, oh!« sagte jetzt Kalander. Und nun: »Nein, wirklich? Es ist doch nicht die Möglichkeit! Diese Kerls!« Und jetzt wieder: »Was Sie nicht sagen? Sechse – sechse im Spritzenhaus?«
Ich wußte es ja nun schon, es war verdammt schiefgegangen, meine vier Flaschen Korn lagen mir wie vier Zentner auf der Seele, und ich verfluchte meine jugendliche Unbesonnenheit und Pflichtvergessenheit.
Zum Schluss aber beruhigte sich das Gespräch merkwürdig. Wenn Herr Kalander jetzt »Nein, wirklich?« sagte, klang es so, als sei ihm ein Stein vom Herzen gefallen. Zwar blieb mir sein Schlusssatz »Wahrhaftig, ein fabelhaftes Mädchen!« ganz unverständlich – denn was hatte ein Mädchen mit meinem Weizen und meinen Knechten zu tun? -, aber ich sah doch, es war alles nur halb so schlimm.
»Ja, Herr von Strammin«, sagte Kalander, nachdem er sich noch höflich für die ausführliche Auskunft bedankt und angehängt hatte. »Das ist noch einmal gut abgegangen. Sechse von Ihren Kerls sitzen zwar noch im Spritzenhaus und halten Nipperows Einwohnerschaft mit Gesängen munter, aber morgen früh wird alles wieder in bester Ordnung sein, und gegen Mittag können Sie Ihren Weizen hier am Hafen in Empfang nehmen!«
»Aber um Gottes willen, Herr Kalander, was ist denn eigentlich passiert? Es war doch nur eine halbe Tonne Bier und vier Flaschen Schnaps, die ich spendiert hatte, das tut doch einem Pommern nichts!«
»Abgewandelt möchte ich sagen«, meinte Herr Kalander lächelnd, »Korn am Morgen bringt Kummer und Sorgen, Korn am Abend erfrischend und labend –«
»Ach, spannen Sie mich nicht auf die Folter!« rief ich. »Was brauche ich jetzt weise Sprüche? Ich weiß es schon selber, daß ich eine Mordsdummheit begangen habe. Die Kerls haben eben weitergetrunken.«
»Richtig! Und dann sind die Bauernjungen von Nipperow dazugekommen, und es hat ein bißchen Hechelei gegeben und sehr viel mehr Korn ...«
»Und dann natürlich eine Schlägerei?«
»Die noch nicht, Herr von Strammin, die kam erst danach. Vorher haben sie in aller Freundschaft ein kleines Reit- und Fahrturnier veranstaltet. ›Wie der Herr, so's Gescherr‹«, meinte Herr Kalander. »Was machen denn Sie, wenn Sie zusammenkommen? Sie führen einander die Pferde vor, und jeder hat die besten. Die Stramminer Füchse sind natürlich viel besser als die Schalenberger Rappen –«
»Sind sie auch!« rief ich hitzig. »Sie mögen viel von Getreide verstehen, Herr Kalander, aber von Pferden haben Sie keine Ahnung! Die Stramminer Füchse ...«
»Eben, eben!« sagte Herr Kalander beruhigend. »Das haben Ihre Knechte auch gesagt. Mit den Nipperower Bauerngäulen könnten sie noch zehnmal antreten –«
»Das können sie auch! Ach, wäre ich nur dabeigewesen!«
»Sehen Sie, dann ist ja alles in Ordnung, Herr von Strammin! Ein paar von Ihren Knechten hatten natürlich schon einen sitzen –«
»Sie hatten ja auch viel früher angefangen zu trinken als die Nipperower!«
»Und da sind sie von den Gäulen gefallen. Die wollten sie nicht mitgewertet haben, und die Nipperower wollten sie mitwerten –«
»Die Hundsfötter! Ich hätte nur dabeisein sollen, die Stramminer Füchse sind unschlagbar!«
»Nun, deswegen haben sie sich schließlich geschlagen, und es wäre wohl Mord und Totschlag daraus geworden, wenn nicht das Fräulein von Schalenberg dazugekommen wäre ...«
»Wer?« fragte ich und platzte innerlich vor Wut.
»Das Fräulein von Schalenberg, Elisabeth, Bessy wird sie ja wohl genannt«, sagte Herr Kalander ganz harmlos, als hätte er noch nie etwas von Bessy und mir reden gehört. »Nun, die ist gründlich dazwischengefahren, der Gendarm war voller Bewunderung. Vier Mann hat sie eigenhändig ins Spritzenhaus abgeführt, und den andern hat sie den Schnaps gesperrt.«
»Wirklich tüchtig!« murmelte ich. »Na ja, ich werde morgen früh zeitig nach Nipperow hinausreiten und die Kerls selber auf den Schwung bringen.«
»Ich glaube, Herr von Strammin«, sagte Kalander, »Sie können sich diesen Morgenritt sparen, Sie nehmen den Weizen am besten mittags hier am Hafen in Empfang.«