Junger Herr ganz groß. Ханс Фаллада

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Junger Herr ganz groß - Ханс Фаллада

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mich, in deinen Jahren war dein Vater immer klamm. Oder hast du sonst Sorgen? Ein Mädchen –? Ich helfe dir schon, ich habe nie ein kleines Herz gehabt.« Der Raubold schlug sich gegen seinen Brustkasten, daß es dröhnte. »Nein, für all das Gesindel hier im Lande war mein Herz immer zu groß.«

      Ich stand auf. »Herr von Lassenthin!« sagte ich und konnte es nicht verhindern, daß meine Stimme zitterte. »Ich verdiene all Ihre Freundlichkeit nicht. Ich habe mich unter einem falschen Vorwand hier an Ihr Feuer geschlichen ...«

      Er sah mich mit schrecklicher Drohung an. Seine Arme hielt er gestützt auf die Sessellehnen, wie zum Sprung geduckt belauerte er mich, aus seiner Brust kam ein Fauchen ...

      »Ich hatte von einem – ehrenwerten Mann, ich schwöre Ihnen, von einem ehrenwerten Mann den Auftrag, Sie eine Viertelstunde festzuhalten. Unterdes sollte mit Ihrem Sohn geredet werden ...«

      Er brüllte, er brüllte keine verständlichen Worte, er brüllte, wie ein Tiger brüllt, im höchsten Zorn. Obwohl ich ihn erwartet hatte, traf mich sein Schlag doch so unvermutet stark, daß ich glatt zu Boden fiel und gegen den Kamin rollte. Die Flammen sengten mein Gesicht, ich war halb betäubt ... Einen Augenblick stand er schrecklich drohend über mir, mit erhobenem Fuß, als wollte er mich in die Glut hineintreten. Wahrhaftig, kein Gedanke an Schonung für mich hat den Raubold von diesem Tritt zurückgehalten. Sondern plötzlich schrie er: »Habt ihr die Metze doch in mein Haus geschmuggelt?« Und stürzte mit einer überraschenden Geschwindigkeit aus dem Zimmer.

      Ich stand langsam auf. Halb taumelnd von dem Schlag tastete ich mich zur Tür, ich hatte das dunkle Gefühl, als sei mein Gesicht versengt, das Haar halb weggebrannt ... Dann traf mich die kühlere Luft der Halle, durch die noch immer offene Tür sah ich den späten Juninachmittag, golden und rein. Ich hörte meinen Alex ungeduldig mit den Hufen scharren ... Nur fort von hier, dachte ich, und tastete mich, noch immer nicht klar denkend, zur Tür ...

      Da erinnerte ich mich plötzlich des alten Geheimrats Gumpel, der wehrlos dem wütenden Angriff des alten Lassenthin ausgesetzt war. Gregor würde viel zu feige sein, auch nur ein Wort für seinen Sachwalter zu reden. Ich hatte Gumpel versprochen, ihn auf meinem Alex heimzuführen. Ich machte kehrt. Ich war noch betäubt von dem ersten Schlag und fürchtete einen neuen, aber ich machte kehrt. Noch erinnere ich mich, wie ich durch die öden, verdreckten Gänge von Ückelitz irrte. Die Seidentapeten hingen in Fetzen von den Wänden, ich stolperte über eine Ritterrüstung, die zusammengefallen quer über dem Gang lag. Manchmal hielt ich an und lauschte, aber es war alles totenstill, und doch meinte ich, ein ewiges Bröckeln, Nagen, Rascheln zu hören, als sinke Ückelitz unaufhaltsam in Staub. Aber das war wohl noch immer das Blut, das mir von dem Schlag in den Ohren summte.

      Durch einen reinen Zufall stieß ich die Tür zu einem Gartenzimmer auf, Gregors Zimmer. Ich war so erstaunt, wie friedlich die drei dort beieinanderstanden, so daß ich ohne ein Wort mit offenem Munde in der Tür stehenblieb. Der schöne Gregor stand, seinen Backenbart streichelnd, an einem Fenster und sah wie gelangweilt in den Garten hinaus, bleich, aber widerlich hochmütig aussehend. Der alte Lassenthin war wie ein Koloss in der Mitte des Zimmers aufgebaut und sah finster auf den kleinen Gumpel, der sehr erhitzt in einigen Papieren wühlte. Beim Öffnen der Tür hatten alle drei die Köpfe gewendet und starrten mich wie einen Geist an.

      Der alte Herr von Lassenthin war der erste, der sprach. »Da ist auch Ihr kleiner Spitzel, alter Fuchs; ich habe nie gewußt, daß ein Strammin ein Spion sein kann. Aber ich bin zum letzten Mal in meinem Leben hereingefallen, man kann dies Pack nicht genug verachten.«

      Der Geheimrat sagte eilig: »Der Junge weiß von nichts, Herr von Lassenthin. Ich habe ihm nur versichert, daß es sich um eine ehrenhafte Sache handelt.«

      Lassenthin unterbrach ihn: »Ihr seid alle schrecklich ehrenhafte Leute, tut nur ehrenhafte Dinge und begeht dabei die stinkendsten Unehrenhaftigkeiten. Genug geschwatzt. Ich habe euch alle bis hierher –!«

      Er ging schwer auf die Tür zu, ich machte ihm Platz. Mein Großonkel blieb vor mir stehen. »Du hast noch Glück gehabt«, sagte er, »beinahe hätte ich dich ins Feuer gestoßen.«

      Ich antwortete: »Ich beklage mich nicht, Herr Großonkel, ich wollte Sie belügen. Aber ich habe Sie nicht belogen!«

      Der Raubold sah mich mit einem grimmigen Lächeln an: »Wie ein junger Gockel. Muß krähen, das steckt so in ihm.« Und plötzlich, mit erhobener Stimme: »Ihr habt alle Glück gehabt, alle! Hättet ihr das Frauenzimmer in mein Haus gebracht, hätte ich euch alle erwürgt, mit meinen Händen, alle!«

      Er sah uns drei drohend an, dann seine ungeheuren Pranken. Er nickte und ging.

      Ich stand noch immer unter der Tür. Weder der Geheimrat noch Gregor beachteten mich. Der Geheimrat sprach eindringlich auf meinen Onkel ein, der blasierter denn je aussah. Schon wegen seines Gesichtsausdruckes hätte ich ihn schlagen mögen; jedenfalls haßte ich ihn und war überzeugt, Gregor log, der Geheimrat vertrat die Wahrheit. Aber ich gab mir nicht die geringste Mühe zu lauschen; wie schon bemerkt, interessierten mich »Weibergeschichten« nicht.

      Einmal aber wurde des Onkels Stimme so laut, daß ich es hören mußte. »Sie kann es nicht beweisen, nie«, schrie er. Der Geheimrat murmelte etwas. Der Onkel rief: »Sie hat immer gelogen, sie ist die geborene Lügnerin! Sie fallen auf das glatte Gesicht herein, Gumpel.« Diesmal verstand ich auch den Geheimrat: »Ich habe die Dame nie gesehen, außerdem bin ich ein alter Mann.« Mein Onkel lachte, auf eine sehr häßliche Art, fand ich. »Um so schlimmer für Sie, sonst hätten Sie wenigstens ein Vergnügen an der Sache gehabt, Geheimrat.« Der Geheimrat flüsterte etwas sehr Scharfes, mein Onkel warf einen Blick auf mich. Er zuckte die Achseln, als wolle er sagen: Ach, der dumme Bengel versteht nichts. Dann flüsterten sie wieder. Der Onkel rief: »Meinethalben soll sie Geld haben, nicht viel, aber etwas, wenn sie mich in Ruhe läßt.«

      »Herr Geheimrat«, rief ich ungeduldig, »ich gehe jetzt.«

      »Du hast recht, Lutz, ich begleite dich. Was hat Reden noch für einen Sinn?« Er hatte seine Papiere in die Tasche getan und kam zu mir. Mir fiel auf, daß Herr Geheimrat Gumpel meinem Onkel nicht einmal Lebewohl gesagt hatte.

      Gregor schien es nicht zu stören. Er schlenderte die Gänge entlang neben uns her, sah mich spöttisch von der Seite an und sagte: »Papa hat dich ganz hübsch zugerichtet, halb gesengt und halb gebrüht; Bessy wird sich freuen.« Ich antwortete ihm nicht, er war mir zu schmählich. »Übrigens würde ich dir sehr verbunden sein, Lutz«, fuhr mein Onkel fort, »wenn du hier niemandem von meiner Anwesenheit auf Ückelitz erzähltest. Gumpel muß schon von Berufs wegen schweigen, von dir habe ich dein Ehrenwort.«

      »Du kannst dich darauf verlassen, Gregor«, antwortete ich – das »Onkel« wollte mir nicht über die Lippen –, »daß ich jedem Menschen, den es interessierte, von deiner Anwesenheit erzählen werde.« Ich sah, wie er zusammenzuckte. Ich fuhr fort: »Allerdings kann ich mir kaum denken, daß du noch irgendeinen Menschen hier im Lande interessierst.«

      Gregor lachte dazu nur. »Du bist wirklich ein kleiner Gockel, genau wie mein Vater sagt. Nun tu, was du willst, mir soll es gleich sein.«

      Mit den Händen in der Tasche sah er zu, wie ich dem Geheimrat in den Sattel half. Erst als der alte Herr saß, rief er: »Aber wie gern hätte ich Ihnen einen Wagen zur Verfügung gestellt, Herr Gumpel.«

      Weder der Geheimrat noch ich antworteten auf die letzte Frechheit. Ohne ein Abschiedswort ritten wir ab, ich schwor mir innerlich, daß ich Ückelitz nie wieder betreten würde. Ich ahnte noch nicht, wie bald ich es wiedersehen würde.

      Unser Heimweg nach Stralsund war mehr als trübselig. Allmählich fielen mir meine zwanzig Weizenfuhren doch schwer aufs Gewissen, aber

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