Wer einmal aus dem Blechnapf frisst. Ханс Фаллада
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Читать онлайн книгу Wer einmal aus dem Blechnapf frisst - Ханс Фаллада страница 13
»Ich mag aber nicht brechen gehen. Hab' keinen Mumm für so was.«
»Sollst du auch nicht, mein Junge. Weiß ich doch selber. Wie wirst du mit solchen Ärmchen brechen gehen? Nee, auf so einen wie dich habe ich schon lange gewartet. Du bist doch fein, kennst die Fremdwörter
und ein bißchen Englisch. Parlewuh, du ahnst ja nicht, wie einem so was fehlt. Ich mach' auch lieber was anderes als auf Bruch gehen.«
Kufalt fühlt sich geschmeichelt.
»Ich hab' gelernt und gelernt«, erzählt Batzke weiter, »aber den richtigen Dreh krieg' ich doch nicht raus. Eine Weile lang hab' ich mal in Heiratsschwindel gemacht, das Risiko ist nicht so groß und du brauchst kein Geld auszugeben für die Nutten, aber glaubst du, ein besseres Mädchen hab' ich gekriegt –? Ich hab' so aufgepaßt wie's gemacht wird, auf der Rennbahn und in der Bar, und die Fingernägel hab' ich mir manikürt – nichts. Die feinen Kavaliere sind mit den großen Kallen abgezogen, und wenn ich meine besah, dann waren 's immer ein Dienstbolzen oder höchstens 'ne Stütze, mit ein paar hundert Erspartem, es lohnte nicht.«
»Richtiges Benehmen könnte ich dir schon zeigen.«
»Siehst du, das ist es, was einen wurmt. Ich versteh' alles, ich kamt 'nen Geldschrank knacken mit 'nem Schneidbrenner wie nur einer. Aber immer krieg' ich nur die kleinen Sachen, die andern gehen mit den großen über den Harz. So was wurmt einen, wenn man sein Fach versteht.«
»Aber zum Einbrechen braucht man doch keine Bildung, Walter!«
»Du hast 'ne Ahnung! In einen feinen Klub kommen als Doktor Batzke oder mit einem Luxuszug mitfahren, ohne daß gleich die Schmiere den Braten riecht in einem hochherrschaftlichen Haus die Vordertreppe raufgehen und der Portier hat nicht einmal die Courage, dich zu fragen, wieso und zu wem – das, sage ich dir, das mußt du mir beibringen.«
»Ich glaub' immer, du kannst das alles schon. Du hast sicher in deinem Leben mehr Sekt gesoffen als ich.«
»Sicher ... aber eben gesoffen ... aber eben mit Huren. Sekt trinken, weißt du, und dabei 'ne Unterhaltung führen mit 'ner richtigen Dame und ihr nicht schon nach dem dritten Glas in den Ausschnitt fassen – so was will ich lernen!«
Sie gehen auf und ab. Alle unterhalten sich, rauchen, streiten, ein paar im Winkel spielen Schach. Verdis Melodien gehen unter in dem Gelärm.
Walter Batzke fängt an zu schwärmen: »Mensch, ich sage dir, wir wollen es fein haben! Wenn wir jetzt rauskommen, haben wir beide Geld, da wird gelebt, sage ich dir. Was du in der ersten Nacht tust, weißt du?«
»Nee? was tue ich da?«
»Nichts weißt du! Eine feine Nutte freist du dir auf der Reeperbahn oder in der Freiheit und gehst mit ihr auf ihre Bude. Und wenn sie anfängt von Marie und Abladen und so, dann haust du deinen Entlassungsschein auf den Tisch und sagst: ›Mädchen, heute blechst mal du! Fahr Sekt auf!›«
»Die wird mir schön auf den Kopf spucken.«
»Das weiß er nicht! Nicht mal das weiß er! Die erste Nacht nach dem Knast ist bei allen Huren in Hamburg frei. Das ist so. Das kannst du mir glauben. Da schließt sich keine aus.«
»Wirklich?«
»Ehrenwort! – Na, und am Sonntag komme ich dann ja nach.«
»Soll ich dich von der Bahn abholen?« fragt Kufalt.
»Nee, lieber nicht. Ich muß erst mal nach Haus und nach meiner Ollen sehen.«
»Verheiratet bist du plötzlich auch?«
»Nee! Seh' ich so aus? Ne olle Witwe habe ich, so an die Fünfzig, die sonst keinen mehr findet, die besorge ich und dafür habe ich zwei feine Zimmer und Bad und fein Essen – Präpelchen, Junge! Vielleicht kannst du auch bei mir wohnen, muß mal sehen, Harvestehuder Weg, Witwe Antonie Hermann. Die ist von der großen Reederei, davon hast du doch schon gehört?«
»Glaubst du denn, daß die all die Jahre auf dich gewartet hat?«
»Du bist gut! Natürlich hat sie 'nen Jungen und natürlich hat sie keine Ahnung, daß ich jetzt wieder rauskomme aus dem Knast. Aber du weißt ja, wie ich bin, fromm bin ich nicht. Ich stell mich einfach hin vor den Jungen und sag: ›Der Rabe ist da. Raus!‹ Und wenn er seine Sachen packt, da steh' ich dabei, und was sie ihm zu viel geschenkt hat, das wird meins!«
Kufalt macht es Spaß, er grinst: »Und läßt sie sich das gefallen?«
»Die –? Ich weiß doch, wo die Reitpeitsche hängt, und wenn ich sie erst einmal verdroschen habe, weiß sie von keinem andern mehr.«
Es geht Kufalt etwas durcheinander, der Rauch ist dick und der Abend trüb geworden und die Musik der Oper klingt aus weiter Ferne. Witwe vom Harvestehuder Weg, Reedereibesitzerin, Reitpeitsche, Rabe – es ist ein bißchen viel. Aber wenn man fünf Jahre Knast geschoben hat, scheint nichts unmöglich – Dinge hat man hier erlebt!
Er läßt es auf sich beruhen und fragt: »Also wo treffen wir uns? Und wann?«
»Ich will dir sagen«, schlägt Batzke vor, »wir treffen uns auf dem Hauptbahnhof – nee, da läuft immer so viel Schmiere rum, die kennen mich alle. Wir treffen uns um acht auf dem Rathausmarkt unterm Pferdeschwanz.«
»Wo ist das?«
»Unterm Pferdeschwanz? Warst noch nie in Hamburg?«
»Nur ein paar Tage.«
»Da ist ein Denkmal von Kaiser Wilhelm auf dem Rathausmarkt, da reitet er. Unterm Pferdeschwanz weiß jeder in Hamburg.«
»Gut. Das finde ich. Also um acht.«
»Abgemacht. Und wirf dich fein in Schale. Wir machen einen langen Zug.«
»Schön. An mir soll's nicht liegen.«
»An mir auch nicht.«
10
Durch den schlafenden, fast dunklen Bau schleicht hinter dem Nachtbeamten Kufalt, auf Socken, die Pantoffeln in der Hand.
Der Wachtmeister schließt die Zelle auf, er steht einen Augenblick da, den Lichtschalter zögernd in der Hand. »Gehen Sie einmal ohne Licht ins Bett, Kufalt. Ich muß sonst in zehn Minuten die vier Treppen wieder rauf. Und ich hab' den ganzen Tag zu Haus Holz gesägt und bin hundemüde.«
»Selbstverständlich«, sagt Kufalt »Das macht mir nichts. Gute Nacht, Herr Thiessen.«
»Gute Nacht, Kufalt. Es ist ja wohl Ihre letzte Nacht?«
»Vorletzte.«
»Und wie lange haben Sie abgerissen bei uns?«
»Fünf Jahre.«
»Lange Zeit. Auf und ab eine lange Zeit«, sagt der alte Mann und schüttelt den Kopf. »Sie werden sich wundern draußen. Fünf Millionen Arbeitslose. Schwer ist das, Kufalt, schwer. Meine beiden Söhne sind auch arbeitslos.«
»Ich hab' ja warten gelernt.«
»Haben