Ivanhoe. Walter Scott
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An der Ostseite der Tribünen, gerade gegenüber dem Punkte, wo die Streiter aufeinander treffen mußten, war eine Art Baldachin mit den königlichen Insignien angebracht. Um diesen für den Prinzen bestimmten Platz stand eine Schar reichgekleideter Edelherren, Pagen und Freisassen. Diesem Ehrenplatz gegenüber, also an der Westseite, fiel ein ähnlicher Sondersitz ins Auge, der nur nicht ganz so prächtig geschmückt war. Um diesen grün und rot ausgelegten Platz stand eine Schar von grün und rot gekleideten Pagen und Mädchen, und zwischen Wimpeln und Bannern, die mit Köchern, Bogen und Pfeilen und blutenden Herzen und allen möglichen Sinnbildern der Triumphe Amors bemalt waren, prangte eine Inschrift, aus der hervorging, daß dieser Platz für die Königin der Liebe und der Schönheit bestimmt sei. Wer aber diese Auserkorene sein würde, war jetzt noch nicht zu sagen. Die Plätze der Zuschauer füllten sich indessen allmählich und auf den Tribünen wurde die Zahl der Edeldamen und Herren immer stattlicher, und der Raum unter ihnen war gleichfalls schon dicht gefüllt von Bürgern und handfestem Landvolk, zwischen denen es öfter zu Streitigkeiten kam.
Reich gekleidet und in einen mit Spitzen besetzten und mit Pelz gefütterten Mantel gehüllt, suchte Isaak von York für sich und seine Tochter Rebekka einen guten Platz zu finden. Sie war in Ashby mit ihm zusammengetroffen. Und während sich beide noch durch die Menge wanden, erregte die Ankunft des Prinzen Johann die allgemeine Aufmerksamkeit. Er ritt mit einem zahlreichen Gefolge herein, in dem sich auch der Prior von Jorlvaux in so prächtiger Kleidung befand, wie es seine kirchliche Würde nur irgend zuließ. Herrlich zu Roß und prunkend gekleidet, einen Falken auf der Hand, auf dem Kopfe ein Pelzbarett und einen Kranz von Edelsteinen, das lange Haar in Locken um die Schultern, so sprengte Prinz Johann in die Schranken. Er unterhielt sich laut und lachend mit seinem Gefolge und musterte mit der Kühnheit eines königlichen Beurteilers die Schönheiten auf den Tribünen. Wohl trugen die Züge des Prinzen das Gepräge der Ausschweifung, der rücksichtslosen Selbstsucht und des Hochmutes, aber doch fehlte es ihnen nicht an einer gewissen Anmut, wie sie eine offene, wohlgeformte und künstliche zu äußerlicher Höflichkeit gewöhnte Miene immer aufweist. Leicht wird wohl ein solches Wesen als Edelsinn, Offenheit und männlicher Freimut angesprechen, und doch steckt nichts weiter dahinter als selbstsüchtige Gleichgültigkeit, Lust zu Ausschweifungen und Dünkel auf Rang und Reichtum. Für die, die nicht in die Tiefe schürften, und ihre Zahl verhielt sich wie eins zu hundert, waren die prunkende Erscheinung des Prinzen, sein Zobelmantel, seine Maroquinstiefel und seine goldenen Sporen Grund genug, ihn mit lautem Beifallsjubel zu empfangen.
Das Auge des Prinzen fiel bei seinem Umritt sogleich auf den Juden und seine Tochter, die vergebens Platz zu finden suchten und mit harten Worten allerorten zurückgewiesen wurden. Und selbst dem scharfen Kennerblick des Prinzen Johann erschien die Gestalt der Rebekka den stolzesten Schönheiten Englands ebenbürtig. Ihr regelmäßiger Wuchs kam durch ihre orientalische Kleidung noch mehr zur Geltung. Zu ihren dunkeln Augen stand der gelbseidene Anzug wundervoll. Herrliche Brauen wölbten sich unter der weißen Stirn, die Zähne waren wie Perlen, und das reiche schwarze Haar fiel zu einzelnen Locken gewunden auf den schneeweißen Hals und Busen hinab, die von einem persischen Seidenschal zum Teil bedeckt waren. Um den Hals trug sie ein Brillantenkollier, das von unschätzbarem Wert sein mußte.
»Bei dem kahlen Schädel Abrahams,« sagte Prinz Johann, »die Jüdin ist ein Prachtexemplar. Was sagt Ihr, Prior Aymer? Fürwahr, sie ist die Braut des Hohen Liedes selber.«
»Eine Rose Sarons und eine Lilie im Tal!« antwortete der Geistliche in singendem Tone. »Aber Euer Hoheit müssen bedenken, es ist nur eine Jüdin.«
»Sieh! da ist ja auch ihr Vater,« sagte der Prinz, ohne auf seine Worte zu hören, »der Baron von Byzanz, der Marquis von Mammon. Beim heiligen Markus, der Wucherfürst soll mit seiner Tochter einen Platz auf der Tribüne bekommen. He, Isaak! wer ist die morgenländische Houri, die du am Arme führst, dein Weib oder deine Tochter?«
»Meine Tochter Rebekka, zu Euer Hoheit Befehl,« antwortete Isaak mit einem tiefen Bückling. Die Ansprache des Prinzen setzte ihn nicht in Verlegenheit, denn zur Zeit gerade stand der Prinz mit den Juden von York in Unterhandlung wegen einer Anleihe, und bei diesem Geschäft war Isaak in hervorragender Weise beteiligt.
»Ob Tochter oder Weib,« erwiderte der Prinz, »sie soll einen Platz haben, wie er ihrer Schönheit und deinen Verdiensten gebührt. Wer sitzt dort oben?« rief er, nach der Tribüne hinaufschauend. »Sächsische Bauern? Herunter mit ihnen! Sie sollen Platz machen für meinen Wucherfürsten und seine liebliche Tochter!«
Die, denen diese beleidigenden Worte galten, waren Cedric der Sachse und Athelstane von Conningsburgh mit ihren Familien. Der letztere war als Abkömmling des letzten Königs von England unter allen eingeborenen Sachsen im nördlichen England sehr geachtet. Mit dem uralten Blute dieses königlichen Geschlechts war aber auch manche seiner Schwächen auf Athelstane übergegangen. Sein Gesicht war nicht häßlich, seine Gestalt war kraftvoll, und er stand in der Blüte der Jahre. Aber in seinen Bewegungen lag Schwerfälligkeit und Trägheit, seine Augen waren ohne Ausdruck, und wegen seiner Unentschlossenheit hatte er den Beinamen eines seiner Ahnen erhalten und hieß Athelstane der Unentschlossene.
An diesen Mann richtete der Prinz seinen Befehl, dem Juden Platz zu machen. Bestürzt über dieses Verlangen, das nach den Sitten und Ansichten der damaligen Zeit eine schwere Beleidigung enthielt, wollte Athelstane nicht gehorchen und wußte doch auch nicht, wie er Widerstand leisten sollte. Er setzte daher dem Prinzen lediglich passiven Widerstand entgegen, und ohne sich zu erheben oder eine Bewegung zu machen, die seine Bereitwilligkeit bekundet hätte, stierte er den Prinzen mit seinen großen grauen Glotzaugen an – das machte sich ungemein komisch, aber der ungeduldige Prinz Johann faßte die Sache anders auf.
»Das sächsische Schwein schläft wohl oder versteht es mich nicht?« rief er. »Rüttle den Kerl mit der Lanze auf, Bracy!« So hieß der Ritter, der neben dem Prinzen ritt. Er streckte seine lange Lanze über den Raum, der zwischen der Tribüne und den Schranken lag, und hätte wohl den Befehl des Prinzen ausgeführt, noch ehe Athelstane der Unentschlossene die Besonnenheit gefunden hätte, auch nur dem Stoße auszuweichen. Aber Cedric, der ebenso schnell wie sein Gefährte langsam war, hatte blitzschnell sein Schwert gezogen und mit einem Schlag die Lanzenspitze von dem Speere getrennt. Prinz Johann wurde rot vor Wut. Er stieß einen gräßlichen Fluch aus und war im Begriffe, in seinem Jähzorn eine Gewalttätigkeit zu begehen, aber sein eigenes Gefolge umringte ihn und sprach auf ihn ein, sich doch zu beruhigen, auch erscholl ringsum rauschender Beifall zu Cedrics mutiger Tat. Der Prinz sah verächtlich um sich her, da begegnete sein Auge einem Bogenschützen, der ein grünes Wams anhatte, ein silbernes Wehrgehänge um den Leib, einen Köcher mit zwölf Pfeilen und einen sechs Fuß langen Bogen trug. Der Mann schrie laut Beifall, und Prinz Johann fragte ihn, weshalb er so lärme.
»Ich rufe stets mein Bravo,« antwortete der Bogenschütze, »wenn ich einen guten Schuß oder einen derben Hieb sehe.«
»So?« versetzte der Prinz, »und du triffst wohl auch immer das Ziel?«
»Jawohl, das bei Weidmännern übliche Ziel auf die übliche Entfernung