ganzen Weg entlang bis zum zerstörten Theatergebäude über eurem Kopfe pfeifen, ihr geht ruhigen, gehobenen Sinnes. Die wichtigste, tröstliche Überzeugung, die ihr davontragt, ist die Überzeugung von der Unmöglichkeit, die Kraft des russischen Volkes wo immer zu erschüttern; und diese Unmöglichkeit habt ihr nicht etwa in der Menge der Quergänge, der Brustwehren, der schlau angelegten Laufgräben, der Minen und übereinander getürmten Geschütze, von denen ihr nichts verstanden habt, erblickt, sondern in den Augen, den Worten, dem Gebaren, in dem, was man den Geist der Verteidiger Sewastopols nennt. Alles was sie tun, tun sie so einfach, so ohne Anstrengung und Zwang, daß ihr die Überzeugung gewonnen habt: sie können noch hundertmal mehr – sie können alles. Ihr begreift, daß das Gefühl, das sie leitet, nicht das Gefühl der Kleinlichkeit, der Eitelkeit, der Unbedachtsamkeit ist, welches ihr selbst empfunden habt, sondern ein ganz anderes, ein mächtigeres Gefühl, das aus ihnen Menschen gemacht hat, die ruhig im Kugelregen leben, unter hundert Möglichkeiten des Todes statt der einen, der alle Menschen unterworfen sind, und die unter diesen Bedingungen in ununterbrochener Arbeit und in Schmutz bei Tag und Nacht auf dem Posten bleiben. Um eines Ordens, eines Titels, eines Befehles willen kann kein Mensch so entsetzliche Lebensbedingungen annehmen: es muß eine andere, eine erhabene Triebfeder da sein. Und diese Triebfeder ist ein verschämtes Gefühl, das bei dem Russen selten zutage tritt, aber in der Tiefe der Seele eines jeden ruht, – die Liebe zum Vaterlande. Erst jetzt haben die Erzählungen aus den ersten Tagen der Belagerung Sewastopols, als es dort weder Befestigungen, noch Truppen gab und es physisch unmöglich erschien, die Stadt zu halten, und als trotzdem nicht der geringste Zweifel bestand, daß sie sich nicht ergeben werde, – die Erzählungen aus den Tagen, als Kornilow, dieser des alten Griechenlandes würdige Held, bei einer Truppenbesichtigung sprach: »Wir wollen sterben, Jungens, aber Sewastopol nicht übergeben!« und unsere Russen, die keine Phrasen zu machen verstehen, antworteten: »Wir wollen sterben! Hurra!« – erst jetzt haben die Erzählungen von jenen Tagen für euch aufgehört, eine schöne geschichtliche Überlieferung zu sein, und sind zur Wahrheit, zur Tatsache geworden. Ihr begreift jetzt die Männer, die ihr eben gesehen habt, und könnt sie euch als die Helden vorstellen, die in jenen schweren Tagen den Mut nicht verloren, sondern an Tapferkeit zunahmen und sich mit Begeisterung auf den Tod gefaßt machten, nicht um der Stadt, sondern um des Vaterlandes willen. Diese Epopöe von Sewastopol, deren Held das russische Volk war, wird in Russland auf lange hinaus tiefe Spuren hinterlassen ...
Der Tag geht zu Ende. Kurz vor dem Untergang ist die Sonne hinter den grauen Wolken, die den Himmel bedecken, hervorgekommen und beleuchtet plötzlich die violetten Wolken, das mit Schiffen und Boten bedeckte, gleichmäßig wogende, grünlich schimmernde Meer, die weißen Häuser der Stadt und die Menschenmenge, die sich durch die Straßen schiebt, mit purpurnem Lichte. Über das Wasser tönen die Klänge eines alten Walzers, den die Regimentsmusik auf dem Boulevard spielt, und der Donner der Geschütze auf den Bastionen, der sie seltsam begleitet.
Sewastopol, den 25. April 1855
1 Ein tatarischer Bauernwagen
2 Billiges Getränk aus heißem Wasser, Honig und Gewürz
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