Die Kosaken. Лев Толстой

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Die Kosaken - Лев Толстой

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»Daß er mir nur nicht entschlüpft!« dachte Lukaschka, und plötzlich sah er beim schwachen Licht des Mondes einen Tatarenkopf vor dem Baumstamm emportauchen. Er zielte gerade auf den Kopf, der ihm ganz nahe, fast am Ende des Laufes, zu sein schien. Noch einmal blickte er hin: »Es ist einer, ein Abreke!« dachte er voll Freude, warf sich plötzlich mit einem Ruck auf die Knie, schob das Gewehr zurecht, hielt scharf auf das am Ende des langen Laufes kaum sichtbare Ziel, rief nach altem, von Kindheit auf geübtem Kosakenbrauch: »Im Namen des Vaters und des Sohnes!« und drückte leicht an dem Zäpfchen des Abzugs. Ein greller Blitz erhellte für einen Augenblick das Schilf und das Wasser. Der jähe, kurze Schall des Schusses tönte über den Fluß hin und ging irgendwo in der Ferne in ein knatterndes Dröhnen über. Der Baumstamm schwamm nicht mehr quer über den Fluß, sondern folgte, sich drehend und schaukelnd, der Strömung.

      »Halt ihn, sag' ich!« schrie Jerguschow, während er nach dem Gewehr griff und sich hinter dem Balken erhob.

      »Still, zum Teufel!« flüsterte Luka ihm zu, während er die Zähne aufeinanderbiß, »die Abreken sind da!«

      »Auf wen hast du geschossen?« fragte Nasarka – »auf wen, Lukaschka?«

      Lukaschka antwortete nicht. Er lud sein Gewehr und folgte mit den Augen dem fortschwimmenden Stamme. Dieser machte an einer Sandbank in der Nähe halt, und hinter ihm erschien irgendein Gegenstand von beträchtlichem Umfang, der im Wasser hin und her schwankte.

      »Wonach hast du geschossen? Warum sprichst du nicht?« fragten wiederholt die Kosaken.

      »Ich sag's euch ja: die Abreken!« entgegnete Luka.

      »Lüge doch nicht! Ist wohl von selbst losgegangen, dein Gewehr? ...«

      »Einen Abreken hab' ich getötet! Ich habe auf ihn geschossen!« versetzte Lukaschka, dem vor Aufregung fast die Stimme versagte, während er vom Boden emporsprang. »Er kam da herangeschwommen ...« sagte er, nach der Sandbank zeigend – »und ich habe ihn getötet. Seht doch!«

      »'s wird wohl Schwindel sein«, ließ Jerguschow sich abermals vernehmen, während er sich die Augen rieb.

      »Warum denn Schwindel? So guck doch hin! Sieh mal, dort!« sagte Lukaschka, faßte Jerguschow an der Schulter und zog ihn mit solcher Gewalt zu sich herüber, daß er aufstöhnte.

      Jerguschow blickte nach der Richtung, die Luka ihm wies, und als er dort den Toten bemerkte, änderte er plötzlich seinen Ton.

      »Ei, sieh doch! Ich sage dir: es werden ihrer noch mehr da sein, ganz bestimmt kann ich dir das sagen!« sprach er leise und begann sein Gewehr zu untersuchen. »Dieser da ist vorausgeschwommen; entweder sind sie schon hier oder, falls sie noch drüben sind, doch in nächster Nähe, kann ich dir für ganz bestimmt sagen!«

      Lukaschka legte seinen Gurt ab und zog die Tscherkeska aus.

      »Wohin denn, du Narr?« schrie Jerguschow ihn an. »Das laß nur bleiben! Gehst sonst um nichts und wieder nichts zugrunde, kann ich dir für ganz bestimmt sagen. Hast du ihn erschossen, dann läuft er dir nicht fort. Gib mir etwas Schießpulver zum Nachschütten. Hast du welches? ... Lauf rasch nach dem Wachthause, Nasar, geh aber nicht am Ufer entlang, sonst töten sie dich, kann ich dir für bestimmt sagen!«

      »Ganz allein soll ich gehen? Geh doch selbst!« versetzte Nasarka ärgerlich.

      Lukaschka, der seine Tscherkeska bereits abgelegt hatte, ging dicht ans Ufer heran.

      »Geh nicht, sag' ich dir!« warnte ihn Jerguschow, während er Pulver auf die Pfanne seines Gewehrs schüttete. »Ich seh' es ganz deutlich: er rührt sich nicht mehr. Es ist nicht mehr lange hin bis zum Morgen, laß erst die andern aus dem Wachthause herkommen. Lauf, Nasar – fürchtest dich wohl, wie? Brauchst dich nicht zu fürchten, sag' ich dir.«

      »Luka – du, Luka: sag' doch, wie hast du ihn totgeschossen?« fragte Nasarka.

      Luka hatte seine Absicht, jetzt gleich ins Wasser zu gehen, bereits aufgegeben.

      »Lauft beide rasch nach dem Wachthause, und ich bleibe hier«, sprach er. »Sagt den Kosaken, sie sollen Streifwachen aussenden. Wenn sie schon hier auf unserer Seite sind, müssen wir sie abfangen.«

      »Und ich sage: sie werden sich aus dem Staube machen!« sagte Jerguschow, während er sich erhob. »Aber versuchen muß man's wohl, sie zu fangen, das sag' ich für ganz bestimmt!«

      Jerguschow und Nasarka standen auf, bekreuzten sich und schlugen den Weg nach dem Wachthause ein. Doch gingen sie nicht am Ufer entlang, sondern versuchten, durch das Dorngebüsch einen Waldpfad zu erreichen.

      »Nun sei auf der Hut, Luka, halt dich ganz still!« ermahnte Jerguschow den jungen Kosaken – »sonst machen sie dich hier kalt. Halt die Augen offen und schlaf nicht, sag' ich dir!«

      »Geh schon, ich weiß Bescheid«, versetzte Luka, suchte sein Gewehr und setzte sich wieder auf den Balken.

      Ganz allein saß Lukaschka nun da, schaute nach der Sandbank hinüber und horchte, ob die Kosaken nicht schon kämen. Doch bis zum Wachthause war es weit, und ihn quälte die Ungeduld: er dachte, nun würden die Abreken, die mit dem Getöteten gekommen waren, ihm entwischen. Er ärgerte sich darüber, wie er sich über den Eber geärgert hatte, der ihm am Abend entwischt war. Er ließ seinen Blick bald in die Runde, bald nach dem andern Ufer hinüberschweifen, erwartete jeden Augenblick noch einen zweiten Abreken zu sehen, brachte die Stützgabel in Ordnung und hielt sich schußbereit. Daß er selbst totgeschossen werden konnte, kam ihm überhaupt nicht in den Sinn.

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