Die Botschaft des Gehängten. Alexander Dumas
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Ich kümmerte mich nicht mehr darum; der Abend verging, es kam die Nacht, dann der Tag, dann
verging der Tag, und es schlug sechs Uhr. In diesem Augenblick hörte ich dasselbe Geräusch hinter
mir, und ich sah dieselbe Katze.
Diesmal sprang sie mir auf den Schoß.
Ich habe keinen Widerwillen gegen die Katzen, und dennoch machte diese Vertraulichkeit einen
unangenehmen Eindruck auf mich. Ich jagte sie von meinem Schoß herab, doch kaum war sie auf
dem Boden, als sie abermals zu mir heraufsprang. Ich stieß sie zurück, doch so vergeblich als das
erste Mal. Da stand ich auf und ging im Zimmer auf und ab, die Katze folgte mir Schritt für Schritt;
ungeduldig über diese Zudringlichkeit läutete ich wie am Tage vorher, und mein Bedienter trat ein.
Doch die Katze entfloh unter das Bett, wo wir sie vergebens suchten; einmal unter dem Bett, war
sie verschwunden.
Ich ging am Abend aus, besuchte ein paar Freunde und kehrte nach meinem Hause zurück, das ich
mir mittels eines Hauptschlüssels öffnete.
Da ich kein Licht hatte, so stieg ich, aus Furcht mich irgendwo anzustoßen, sachte die Treppe
hinauf. Als ich auf die oberste Stufe kam, hörte ich meinen Bedienten mit dem Kammermädchen
meiner Frau plaudern.
Daß mein Name ausgesprochen wurde, machte, daß ich auf das, was er sagte, aufmerksam war, und
ich hörte ihn das ganze Abenteuer vom vorhergehenden Tag und von diesem Tag erzählen; nur
fügte er bei: „Der Herr muß verrückt werden, es war oben so wenig eine schwarz und feuerfarbige
Katze in dem Zimmer, als eine in meiner Hand war."
Diese paar Worte erschreckten mich: entweder war die Vision echt, oder sie war falsch: war die
Vision echt, so stand ich unter dem Gewichte einer übernatürlichen Tatsache; war die Vision falsch,
glaubte ich eine Sache zu sehen, die nicht existierte, wie mein Bedienter gesagt hatte, so wurde ich
verrückt.
Sie erraten, mit welcher Ungeduld, in die sich Furcht mischte, ich sechs Uhr erwartete; am andern
Tag behielt ich meinen Bedienten, unter dem Vorwande einer Veränderung im Zimmer, bei mir; es
schlug sechs Uhr, während er da war; beim letzten Schlag des Glöckchens hörte ich dasselbe
Geräusch und erblickte die Katze abermals.
Sie saß an meiner Seite.
Ich verharrte einen Augenblick, ohne etwas zu sagen, in der Hoffnung, mein Bedienter würde das
Tier erschauen und zuerst mit mir sprechen, doch er ging in meinem Zimmer hin und her, ohne daß
er etwas zu sehen schien.
Ich ergriff einen Augenblick, wo er auf der Linie, die er zu durchschreiten hatte, um den Befehl zu
vollziehen, den ich ihm geben wollte, beinahe auf der Katze gehen mußte.
„Stelle meine Glocke auf den Tisch, John", sagte ich zu ihm.
Er war am Kopf meines Bettes, die Glocke stand auf dem Kamin; um vom Kopf meines Bettes zum
Kamin zu gelangen, mußte er notwendig über die Katze gehen.
Er setzte sich in Bewegung, doch als sein Fuß auf die Katze treten sollte, sprang sie auf meinen
Schoß.
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John sah es nicht oder schien es wenigstens nicht zu sehen.
Ich gestehe, daß ein kalter Schweiß über meine Stirne lief und daß die Worte: Der Herr muß
verrückt werden, auf eine gräßliche Weise vor meinen Geist traten.
„John", sagte ich zu meinem Bedienten, „siehst Du nichts auf meinem Schoße?" John schaute mich
an und antwortete dann wie ein Mensch, der einen Entschluß faßt:
„Doch, Herr, ich sehe eine Katze."
Ich atmete.
Ich nahm die Katze und sagte zu ihm:
„Dann bitte ich Dich, John, trage sie hinaus."
Seine Hände kamen den meinigen entgegen, ich legte ihm das Tier auf die Arme, und auf ein
Zeichen von mir ging er hinaus.
Ich war ein wenig beruhigt; zehn Minuten lang schaute ich mit einem Überrest von Angst um mich
her, da ich aber kein anderes einer Tiergattung angehöriges lebendes Wesen erblickte, so beschloß
ich, nachzusehen, was John mit der Katze gemacht hatte.
Ich verließ mein Zimmer in der Absicht, ihn zu fragen; als ich aber den Fuß auf die Türschwelle des
Salons setzte, hörte ich ein gewaltiges Gelächter, das aus dem Ankleidecabinet meiner Frau kam.
Ich näherte mich sachte auf den Fußspitzen und hörte die Stimme von John.
„Meine liebe Freundin", sagte er zu der Kammerjungfer, „der Herr wird nicht ein Narr, nein, er ist
es schon. Seine Narrheit besteht, wie Du weißt, darin, daß er eine schwarz und feuerfarbene Katze
sieht. Heute abend fragte er mich, ob ich diese Katze nicht auf seinem Schöße sehe?"
„Und was hast Du geantwortet?" versetzte die Kammerjungfer.
„Bei Gott! ich habe geantwortet, ich sehe sie", erwiderte John. „Der gute arme Herr, ich wollte ihm
nicht widersprechen; errate, was er dann getan hat."
„Wie soll ich das erraten?"
„Wohl! er hat die angebliche Katze von seinem Schöße genommen, mir sie auf die Arme gelegt und
gesagt: Trage sie weg! trage sie weg! ich trug die Katze mutig weg, und er war zufrieden."
„Wenn Du die Katze weggetragen hast, so muß sie also existiert haben."
„O nein, die Katze existierte nur in seiner Einbildungskraft. Doch wozu würde es ihm genützt
haben, wenn ich ihm die Wahrheit gesagt hätte? daß er mich vor die Türe geworfen; meiner Treue,