AYESHA - SIE KEHRT ZURÜCK. Henry Rider Haggard
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Читать онлайн книгу AYESHA - SIE KEHRT ZURÜCK - Henry Rider Haggard страница 4
Als ich die Stelle erreichte, waren das Licht und die schattenhafte Gestalt verschwunden, und ich fand nur Mr. Holly, der mit ausgestreckten Armen auf dem Boden lag, das Zepter mit der rechten Hand umklammert.
Er war tot.
Den Rest des Briefes dieses Arztes brauche ich nicht zu zitieren, da er sich mit mehreren sehr unwahrscheinlichen Theorien über den Ursprung dieser Lichtgestalt befasst, mit Einzelheiten über den Abtransport des toten Holly und über sein Gespräch mit dem Coroner, den er davon überzeugen konnte, dass eine gerichtliche Überprüfung der Todesursache nicht nötig sei.
Der Kasten, von dem er sprach, ist inzwischen sicher eingetroffen. Über die darin aufbewahrten Skizzen und Zeichnungen brauche ich nichts zu sagen, und über das Sistrum, oder Zepter nur ein paar Worte. Es war aus Kristall gearbeitet und hatte die bekannte Form des Crux-ansata, dem Lebenssymbol der Ägypter: Stange, Kreuzstange und Ring zu einer Einheit verbunden. Von einer Seite des Rings zur anderen waren Drähte gespannt, auf denen Edelsteine in drei Farben aufgereiht waren: blitzende Diamanten, meerblaue Saphire und blutrote Rubine; an dem vierten Draht, dem obersten, hingen vier kleine, goldene Glocken.
Als ich es zum ersten Mal in die Hand nahm, begann mein Arm vor Erregung zu zittern, und die kleinen Glocken klingelten: ein lieblicher, sanfter Klang wie der eines fernen, nächtlichen Geläuts über der Stille des Meeres. Ich hatte auch das Gefühl - doch das konnte Einbildung gewesen sein -, dass ein Beben von dem heiligen und wunderschönen Ding in meinen Körper drang.
Was das Mysterium selbst betrifft, wie es auf den Seiten des Manuskripts beschrieben wird, so möchte ich mich jeden Kommentars enthalten. Von ihm und seiner tieferen Bedeutung muss sich jeder Leser sein eigenes Urteil bilden. Nur eins ist mir klar - unter der Voraussetzung, dass Mr. Holly die Wahrheit sagte über das, was er und Leo Vincey sahen und erlebten, was ich jedenfalls glaube dass von allen Interpretationen, mit denen Ayesha und andere eine Erklärung dieses Mysteriums zu finden hofften, nicht eine wirklich befriedigend ist.
Genau wie Mr. Holly neige ich zu der Theorie, dass Sie, wenn ich sie noch immer bei diesem Namen nennen darf, der auf diesen Seiten nur sehr selten gebraucht wird, einige von ihnen erfunden hat, wie etwa den vagen Isis-Mythos oder die seltsame bildhafte Geschichte von dem Berg-Feuer, und sie als Schleier benutzte, hinter denen sie die Wahrheit verbarg, die sie einmal enthüllen wollte, in dem Lied, das sie niemals sang.
Der Herausgeber
1. Das Doppelzeichen
Fast zwanzig Jahre sind vergangen, seit der Nacht von Leos Vision - vielleicht die schrecklichsten Jahre, die Menschen jemals überstehen mussten -, zwanzig Jahre des Suchens und unerträglicher Strapazen, die mit einem erschütternden, wunderbaren Erlebnis zu Ende gingen.
Mein Tod steht vor der Tür, und ich bin froh darüber, denn ich möchte meine Suche in anderen Gefilden fortsetzen, so wie es mir vorausgesagt und versprochen worden ist. Mich drängt es, den Anfang und das Ende dieses spirituellen Dramas kennenzulernen, von dem ein paar Seiten auf Erden zu lesen mich das Schicksal bestimmt hatte.
Ich, Ludwig Horace Holly, bin sehr krank gewesen. Sie haben mich, mehr tot als lebendig, von den Bergen getragen, deren niedersten Gipfel ich von meinem Fenster aus sehen kann, denn ich schreibe diese Seiten in einem Ort an der Nordgrenze Indiens. Jeder andere Mann wäre sicher längst gestorben, doch das Schicksal hat mein Herz weiterschlagen lassen, vielleicht, damit dieser Bericht beendet werden und anderen hinterlassen werden kann. Ich muss einen Monat oder zwei hier ausharren, bis ich wieder kräftig genug bin, um die Heimreise antreten zu können, denn ich möchte an dem Ort sterben, an dem ich geboren wurde. Während ich noch die Kraft dazu habe, will ich die Geschichte zu Papier bringen, oder zumindest die wichtigsten Teile der Geschichte, denn vieles davon kann - und muss sogar - fortgelassen werden. Ich möchte kein zu dickes Buch schreiben, obwohl meine Notizen mir so viel Material geben würden, um mehrere Bände zu füllen.
Ich will mit der Vision beginnen.
Nachdem Leo Vincey und ich im Jahre 1885 aus Afrika zurückgekommen waren, auf der Suche nach Einsamkeit und Ruhe, die wir sehr dringend brauchten, um uns von dem entsetzlichen Schock zu erholen, den wir beide erlitten hatten, und um Zeit und Gelegenheit zum Nachdenken zu finden, fuhren wir zu einem alten Haus in Cumberland, das sich seit vielen Generationen im Besitz meiner Familie befindet. Dieses Haus gehört noch immer mir, falls es nicht jemand übernommen hat, der mich tot glaubte - und dorthin will ich reisen, um zu sterben.
Jeder, der diese Worte liest - falls überhaupt jemand sie lesen sollte - mag fragen: was für ein Schock?
Nun, ich bin Horace Holly, und mein Begleiter, mein geliebter Freund, mein Sohn im Geiste, den ich von Kindheit an großgezogen habe, war - nein, ist - Leo Vincey.
Wir sind die Männer, die in Verfolgung einer antiken Spur zu den Höhlen von Kôr in Zentralafrika gereist sind, wo wir die fanden, die wir suchten, die unsterbliche Sie-der-man-gehorchen-muss. In Leo hatte sie ihren Geliebten gefunden, den wiedergeborenen Killikrates, jenen griechischen Priester der Isis, den sie vor mehr als zweitausend Jahren in einem Anfall unbeherrschter Eifersucht erschlagen und so an ihm das Urteil der wütenden Göttin vollstreckt hatte. In ihr fand ich die Göttin, zu deren Anbetung ich verurteilt worden war - zu einer Anbetung aus der Ferne, nicht im Fleisch, denn das ist alles vergangen und dahin, doch dies ist noch schlimmer, weil die Last niemals von mir genommen wird. Das Fleisch stirbt, oder verändert sich zumindest, und die Leidenschaft vergeht, doch die Passion des Geistes - diese Sehnsucht nach dem Einssein - ist unsterblich.
Was für ein Verbrechen hatte ich begangen, dass mir eine so harte Strafe auferlegt worden war? Doch ist es wirklich eine Strafe? Könnte es nicht lediglich jenes schwarze, schreckliche Tor sein, das zum Palast der Glückseligkeit führt? Sie hat mir geschworen, dass ich auf ewig ihr Freund und der Freund Leos sein und für immer bei ihnen sein würde. Und ich glaube ihr.
Wie viele Winter sind wir durch die eisigen Berge gezogen, durch Steppen und Wüsten. Doch endlich kam der Bote und führte uns zum Berg, und auf dem Berg fanden wir den Schrein, und in dem Schrein den Geist. Könnten alle diese Dinge nicht eine Allegorie sein, die man zu unserer Belehrung vorbereitet hatte? Ich möchte daran glauben. Ich hoffe, dass dem so ist. Nein, ich bin dessen sicher!
Man wird sich erinnern, dass wir in Kôr die Unsterbliche fanden. Dort, vor den zuckenden Blitzen und den aufsteigenden Dämpfen bei den Pfeilern des Lebens, erklärte sie ihre mystische Liebe und wurde dann vor unseren Augen in einen Tod gerissen, der so entsetzlich war, dass die Erinnerung daran mich noch heute, nach allem, was inzwischen geschehen ist, erschauern lässt. Doch wie lauteten Ayeshas letzte Worte? Vergesst mich nicht... habt Mitleid mit meiner Schande. Ich sterbe nicht. Ich werde wiederkommen, und ich werde wieder schön sein. Ich schwöre es - es ist wahr...
Aber ich kann nicht wieder von dieser Geschichte reden. Außerdem ist sie niedergeschrieben worden. Der Mann, dem ich in dieser Angelegenheit mein Vertrauen schenkte, hat mich nicht enttäuscht, und das Buch, das er aus meiner Geschichte gemacht hat, scheint auf der ganzen Welt bekannt geworden zu sein. Ich habe es hier in Englisch gesehen, und als erstes eine hindustanische Übersetzung gelesen. Dieses Buch empfehle ich denen zu lesen, die auf den Beginn der Geschichte Ayeshas neugierig sind.
In dem Haus an der einsamen Küste Cumberlands lebten wir ein Jahr lang, trauerten um unseren Verlust, suchten nach einem Weg, Ayesha zurückzugewinnen, und fanden keinen. Doch hier gewannen wir unsere Kräfte wieder, und Leos Haar, das bei den entsetzlichen Ereignissen