"dein Gott, ist drinnen bei dir" (Zefanja 3,17) Spirituelle Profile. Markus Roentgen

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gleichsam eine Einführung in die Philosophie des deutschen Idealismus, wie folgt: „All dies, was jetzt von Johannes und Christus gesagt worden ist (im Evangelium), betrifft zunächst Dinge der geschichtlichen Wirklichkeit (res quaedam gesta sunt historica veritate); wir wollen aber darin Wahrheiten der Naturdinge und ihre Eigentümlichkeiten erforschen.“ (Lat. Werke III, 19)

      Und Eckhart forciert dies, indem er in einem anschließenden Exkurs darlegt, wie Geschichte, Welt, Natur und historischer Christus aufgehoben werden müssten, um dem Menschen die Rückkehr in den reinen Geist, in die reine Gottheit zu ermöglichen.

      59 Vgl. dazu J. Amstutz, Zweifel und Mystik, besonders bei Augustin. Bern 1950, S. 64.

      Die konkrete Liebesbeziehung zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Gott wird also als hinderlich angesehen für die Rückkehr und den Eingang, die Innung des Menschen in die Gottheit.

      Wie bereits mehrfach angedeutet, steht in der Grundabsicht der Eckhartschen Denkmystik die Dynamik, den Menschen hinter die Schöpfung zurückzuverwandeln!

      Abgeschieden, losgelöst, gelassen so wieder zu werden „wie da er nicht war“, rückzukehren in das „Nichts der reinen Gottheit“.

      Hierin, in diesem Purifikationsprozess der Läuterung und Lichtung des theologischen Denkens und Sprechens, wird auch die Trinität (der eine Gott in drei distinkten Personen subsistent) überwunden in eine Form von religiös-mystischem „Nihilismus“, die jeglicher Ideologie-Kritik gegen Religion und Gott-Rede, von der Devotio Moderna bis hin zu Feuerbach, Marx und Nietzsche standhält.

      In der theologischen Tradition der Rede von der „Creatio ex nihilo“ ist für Eckhart dieses Nichts nicht, wie bei Augustinus, einfach Nichts, vielmehr ist Eckharts Nichts die nicht steigerbare Fülle der Gottheit.

      Keine Mittler mehr, keine Möglichkeit mehr, „Gott“ zu nutzen für Politik, Mächte und Gewalten, Gegenmächte und Revolten!

      Ist Eckharts „Nichts“, „die nackte Gottheit“, „die Wüste der Gottheit“, die die Fülle des Seins zugleich enthält, aus dessen Schoß wir entlassen worden sind um wieder darin zurückzukehren, nicht doch eine pantheistische Spekulation aus der großen Bewegung um Chartres im 12. Jhdt. erwachsen in neuplatonischem Erbe?

      Gipfelt nicht dieses Denken, dem eine große Tradition vorausgeht und eine ebenso bedeutende Folge (von dem Gedanken der Immanenz Gottes in der Welt des Johannesevangeliums – „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gezeltet“ Joh 1, 14 – und das völlige Eingehen des Logos in die Welt von da an; das Wort Logos kommt nach dem Prolog nicht mehr vor... – bis hin zu Maimonides, Hegel, Fichte oder Spinoza) in dem Satz: „Der Mensch in Gott ist Gott“ (homo in deo deus est)!?

      Nicht der Vermenschlichung Gottes wird hier das Wort gegeben, vielmehr der Vergottung des Menschen.

      So heißt es in Eckharts „Reden der Unterweisung“ (noch sehr um den Sprachgebrauch der überkommenen Tradition trinitarischer Theologie bemüht) : „Fragt mich jemand, was Gott im Himmel tut, so würde ich antworten: Er gebiert seinen Sohn, er gebiert ihn dauernd neu und hat so große Lust zu diesem Werke, dass er nichts anderes tut als dieses Werk wirken mit dem Heiligen Geist und alle Dinge in ihm.“

      Jeder Mensch soll werden, was er in Gott und aus Gott schon ist: Sohn Gottes/Tochter Gottes ineins Gott Selbst als das Wort, „das immer geboren ist und immer geboren wird“ (qui semper natus est et semper nascitur).

      Es gibt demfolgend nur zwei Wahrheiten und Wirklichkeiten als im tiefsten eine je größere Wahrheit und Wirklichkeit: Gott und die Seele.

      Die Einung, die in Gott immer schon ist, gelingt in Rückführung darin aber nur dem abgeschiedenen Menschen, der Seele, die ganz ausgegangen ist von allen irdischen Dingen; ihr wird möglich, alle Dinge zu tun, da ihr Leben Gottes Leben, Gott selbst ist – Gott – immerwährendes Gegenwärtigen. (Vgl. Eckharts „Reden der Unterweisung“).

      So ist das, was zunächst wie größte Hybris aussieht im Wesen vielleicht doch tiefere Demut: Als Annahme von allem, was ist, als in und durch Gott Gottes.

      Weitere Inhalte

      Nochmals soll hier versucht werden, der Großaufgabe der Überwindung von Metaphysik im Werk Eckharts auf die Spur zu gelangen, dem vielleicht Folgenreichsten seines Denkens.

      In Eckharts Pariser Quaestionen gibt es eine, für seine Zeit bereits, eigentümliche These vom Vorrang des Intellekts vor dem Sein, derart, dass in Gott das Erkennen Grundlage des Seins sei und nicht, wie sonst in der Tradition zumeist, umgekehrt. „Drittens zeige ich, dass es jetzt nicht so erscheint, dass weil (Gott) sei, er deswegen erkenne, sondern weil er erkennt, deswegen ist er, so dass Gott Erkennen ist, und dass das Erkennen selber das Fundament seines Seins ist.“ (Lw V, 40, 4ff.) („Tertio ostendo quod non ita videtur mihi modo, ut quia sit, ideo intelligat, sed quia intelligit, ideo est, ita quod deus est intellectus et intelligere et est ipsum intelligere fundamentum ipsius esse.“)

      Der Gedanke stößt sich hier vom Sein ab; Sein aber, das stets als Sein des Seienden gedacht wird, ist dem Faktischen, dem etwas stets unterworfen. Diese Vorfindlichkeit geht dem seienden Seinsvollzug voraus und gibt ihm den Spielraum seiner Möglichkeiten vor, so dass die Rede vom Sein der Faktizität des „ist“ immer schon unterworfen ist (das ganze Gefängnis der Metaphysik, die eben nicht zur meta – physik gelangt, taucht auf).

      „Der Satz „Ich bin“ heißt also dieses doppelte in einem: Ich bin schon de facto da, und ich bin, indem ich mich mir voraus entwerfe und vollziehe und so durch mich lebe.“ (Bernhard Welte)

      Unser Selbstvollzug ist immer schon an den vorgegeben Spielraum gebunden, der nicht überschritten werden kann. Es ist das Vor-liegende, das Vor-handene.

      In der überkommenen Weise ist das Sein ein zum Seienden hinzukommendes oder dem Seienden zu-kommendes in der -der Sprache bewussten- Differenz von Sein und Seiendem.

      Eckharts Bemühen des vorrangigen intelligere als Vollzug oder Geschehen versucht diesen Vollzug vom Sein des Seienden und von der Bestimmung des Bestimmbaren zu befreien.

      Er denkt es als ein lichtes Geschehen, das überall mit sich identisch und eins ist – und das keiner Faktizität unterworfen ist, keinem anderen ist, keiner Bestimmung außer sich selbst, nicht negativ an anderes oder korrelierendes grenzend, ohne anderes außer sich, rein mit sich Eins.

      Hier gelänge eine erste kompetente vorausliegende Antwort auf die Kantische Kritik aller Gottesbeweise, die eben darin bestand, dass in der gängigen Gott-Rede von Gott geredet und gedacht wird in den Kategorien des Seienden. (Ein Gott, den es gibt, den gibt es nicht!)

      Kant hat es in der Kritik der reinen Vernunft, unter B 641, so pointiert, indem er den als seiend angesetzten Gott sich selber fragen lässt (wie übrigens kleine Kinder schon sehr früh auf Gott hin fragend bemerken):

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