Heimat. Ute Kiefer
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Ute Kiefer
Heimat
- eine sachliche Romanze
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Inhaltsverzeichnis
Heimat überall und immer irgendwo
Mit Kopf und Herz der Heimat verbunden
Heimat zwischen neuer Romantik und alten Märchen
Die fremde Heimat vieler Dinge
Heimat überall und immer irgendwo
Willkommen in der alten Heimat, höre ich, wenn ich an den Ort komme, wo ich geboren und groß geworden bin. Unausgesprochen schwingt da immer die Frage mit, ob es in der alten Heimat, der richtigen Heimat, so möchten sie eigentlich sagen, nicht doch am schönsten ist. Und ja, alles erscheint auch nach Jahren noch wunderbar vertraut, das Haus, der Garten mit dem großen Birnbaum, die alte Schule, in die ich mit meinen besten Freundinnen gegangen war und der Geruch von Großmutters unnachahmlichen 'Apfelküchle', der mir scheinbar mir in die Nase steigt. Ich schwelge in den Erinnerungen an meine Kindheit und es wird mir ganz wohlig warm ums Herz. Überall ist plötzlich Heimat. „Die Welt hebt an zu singen, triffst Du nur das Zauberwort“, dichtete Eichendorff so treffend. Aber das schöne Wort befremdet in seinen Obertönen auch. Als ich aus Deutschland weggegangen war, klang Heimat noch nach Heino und Schrankwand. Und natürlich war da auch mehr Lametta, womit eigentlich seit Loriots Weihnachten bei Hoppenstedts (1976) schon alles über das biedere Familienleben in der guten Stube meiner Jugendzeit gesagt wurde. Heimat hatte jedenfalls etwas Spießiges, unverbesserlich Gestriges, war bisweilen unschuldig kitschig und doch vor allem peinlich. Es war Heidi-auf-der-Alm-Romantik und Landliebe-Joghurt löffeln. Und wenn es hart kam, dann war es Ganghofer-Drama. Alles in allem war das Wort Heimat nicht sonderlich anziehend. Es lockte die große weite Welt. Heute dagegen, so muss ich feststellen, wird in Deutschland um die Deutungshoheit von Heimat hart gerungen und es wird damit knallhart Politik und Stimmung gemacht. Unterm alten Birnbaum sitzend frage ich mich deshalb auch, was es ist, die Heimat. Der Ort der Kindheit? Die Verwurzelung? Eine verklärte Vergangenheit? In meinem Kopf bildet sich der etwas zu minzig-scharfe Duft von Kölnisch Wasser, auch so eine Erinnerung an die Großmutter, und vernebelt mir die Sinne.
Sicherlich bringt der Duden Klarheit. Da ist zu lesen, Heimat sei ein Land, Landesteil oder Ort, in dem man geboren und aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt und so ähnlich definierte es auch schon Grimms Deutsches Wörterbuch (1877), nämlich als „das Land oder auch nur der Landstrich, in dem man geboren oder mit bleibenden aufenthalt ist. (…) Selbst das elterliche haus und besitzthum heiszt so“. Es scheint also alles in allem eine sehr tiefe und persönliche Beziehung zwischen Mensch, Raum und Ding zu sein, wobei der Raum sowohl sehr weit als auch ganz eng und intim sein kann. Dabei hatte es früher offenbar mehr mit Recht und Besitz zu tun, heute wohl vor allem mit Gefühl und emotionaler Verbundenheit. Das Zauberwort Heimat ist, soviel scheint von Anfang an klar, damit in seinen Schwingungen viel flexibler, individueller und vor allem intimer als seine abstrakten Verwandten Vaterland, Nation oder Kultur. Heimat ist wohl da, wo man mit dem Herzen zu Hause ist, ein Ort tiefen Vertrauens und es bringt einen immer in Nöte, wenn man das schöne Wort in einer anderen Sprache sagen will. Da kann man es immer nur irgendwie beschreibend umkreisen, nicht jedoch einfach übersetzen, zumindest nicht ohne Teile seiner zauberhaften Bedeutung zu verlieren, wenn man es versucht. Es scheint also wirklich kompliziert zu sein, zu fassen was es ist.
Dabei ist Heimat immer irgendwo. Max Frisch hat in seinem Fragebogen (1971) noch gefragt, wie viel Heimat wir brauchen und ob wir eine zweite Heimat haben oder ob wir und eine dritte oder vierte Heimat vorstellen könnten. Meine Familie dagegen scheint, wenn sie von der ‚alten Heimat‘ spricht, schon selbstverständlich davon auszugehen, dass ich zumindest noch eine andere, eine neue Heimat, womöglich noch weitere ‚Heimaten‘ habe. Vielleicht gehört es ja zu unserem modernen Leben, aufzubrechen und sich eine neue Heimat, eine selbst geschaffene und gewählte zu suchen. ‚Wohin ich auch gehe, wo ich meinen Kopf niederlege, ist mein Zuhause‘ („Anywhere I may roam, where I lay my head is home“), sang 1991 gerade Metallica, als ich mich zum ersten Mal anschickte in die Welt zu gehen und begann mich in der Fremde heimisch zu fühlen. Die Zeile passte damals perfekt zu meinem Lebensgefühl. Ganz neu war diese Einsicht dabei wohl nicht einmal unbedingt, sollen doch schon die Römer gemeint haben‚ dass da, wo es mir gut geht, meine Heimat ist: 'Ubi bene, ibi patria‘, gehört jedenfalls zu dem kläglichen Wissen, das mir aus den Leiden des Lateinunterrichts geblieben ist. Die Vorstellung, dass Heimat überall und immer irgendwo sein kann, fand ich wohl schon damals faszinierend.
Der schöne, alte Birnbaum in unserem Garten, unter dem ich immer noch so gerne sitze und meine Gedanken fasse, ist so tief verwurzelt; er konnte seinen Ort nicht wechseln, ich jedoch schon. Wir Menschen können auch fern des Ortes, an dem wir geboren wurden Glück und Geborgenheit finden, heimisch werden. Verwurzelung taugt vielleicht also doch nicht recht als Bild für das, was Heimat ist, obwohl man natürlich auch einen Baum verpflanzen kann. Auf dem Spaziergang durch das Viertel meiner Kindheit, merke ich aber auch, dass die Zeit auch hier nicht stehen geblieben ist. Die meisten meiner Freundinnen wohnen längst nicht mehr da. Die Bäckerei, in der ich als Kind samstags immer Brötchen für das Frühstück holen war und auch der Metzger, bei dem es für die kleinen Kunden immer ein Rädchen Fleischwurst auf die Hand gab, haben längst dicht gemacht. Ein wenig Leere und Tristesse haben sich im alten Zentrum breit gemacht. Dafür ist neben dem alten Ortskern ein Neubaugebiet entstanden und dahin gehen wir jetzt auch zum Einkaufen, in den Edeka-Markt. Das fühlt sich für mich fremd an. Heimat ist plötzlich auch nirgendwo. Das wäre aber auch nicht viel anders, wenn ich für immer hier geblieben wäre. Denn man kann eigentlich gar nicht zweimal in der derselben Stadt leben, selbst wenn man sein Leben lang nichts anderes tun würde. Alles fließt; alles ist im Wandel.
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