Love Rules - Geheimnisse. Tanja Neise
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Die Eindringlichkeit, mit der sie mich anblickte, berührte mich zutiefst. Es war ihr wichtig, dass ich ihre Worte ernst und mir zu Herzen nahm.
»Ich habe sie erlebt und ich habe mich damals in einen Millionär verliebt. Einen, der wusste, was er wollte, gut aussah und gepflegt war. Und glauben Sie mir, Geld hatte zu keiner Zeit etwas damit zu tun, dass ich mich zu ihm hingezogen fühlte.« Sie sah verträumt aus und berührte dadurch etwas in mir, das mich sehnsuchtsvoll die Luft einziehen ließ. »Es war seine überlegene Art, die vielleicht vom Reichtum herrührte. Jedenfalls würde ich behaupten, dass ich ihn ebenso geheiratet hätte, wenn er ein armer Schlucker gewesen wäre. Leider hat ihn der liebe Gott vor fünf Jahren zu sich geholt. Das war der Auslöser, der mich zum Schreiben gebracht hat.«
Also hatte ich doch recht gehabt. Es steckte eindeutig mehr hinter der Geschichte. Viele Menschen wollen schreiben, aber die wenigsten setzen sich hin und ziehen es durch. Die meisten scheitern auf dem Weg zum Wörtchen Ende.
»Das tut mir sehr leid, Mrs Poirot.«
Was hätte ich auch sonst sagen können?
Ich fühlte mich hilflos, angesichts der Trauer, die plötzlich den Raum erfüllte, da ich selbst noch nie einen geliebten Menschen verloren hatte. Klar, konnte ich mich gut in andere hineinversetzen, aber das war dennoch nicht das Gleiche.
»Nennen Sie mich ruhig Mary.«
Ich fühlte mich geehrt, dass sie mir anbot, sie mit ihrem Vornamen anzusprechen und dann noch mit ihrem richtigen. »Gerne, Mary. Ich bin Abigail.«
»Ist mir ein Vergnügen, Abigail.« Kurz nickte mir Mary zu, ehe sie weitersprach. »Es muss Ihnen nicht leidtun, Kindchen. Ich habe ein sehr erfülltes Leben mit meinem Mann gehabt und habe nun ein erfülltes Leben ohne ihn. Meine Erinnerungen kann mir niemand nehmen.« Das Lächeln, das sie mir schenkte, war wehmütig und ich fragte mich, ob es das wert war – jemanden zu lieben, ihn irgendwann zu verlieren und dann so sehr zu vermissen.
»Darf ich das verwenden?«
»Ja, das dürfen Sie. Und nun zu Ihren Fragen, bevor ich noch meine ganze Lebensgeschichte vor Ihnen ausbreite.«
Die Hausangestellte hatte ein gutes Gespür fürs Timing, denn sie kam genau zum richtigen Zeitpunkt in die Bibliothek und goss uns beiden den perfekt schmeckenden Tee in filigrane Porzellantassen ein. Nachdem Madeleine uns wieder verlassen hatte, stellte ich Mary alle meine Fragen, die sie mir gewissenhaft beantwortete. Nur die Letzte stieß bei ihr auf völliges Unverständnis.
»Mary, glauben Sie, dass Sie mit dieser Art von Literatur die Welt verändern?«
»Warum sollte ich die Welt verändern wollen?«, stellte sie mir die Gegenfrage.
»Nun ja, es herrscht im Internet eine rege Diskussion darüber, dass solche Romane die Emanzipation der Frau beeinflussen. Der weibliche Leser könnte das Bild von sich selbst neu malen und denken, dass die Unterdrückung der eigenen Meinung in Ordnung sei – dass es hipp ist, sich unterzuordnen«, gab ich zu bedenken.
Mit gespieltem Entsetzen blickte mich Clodette, oder besser gesagt Mary, an. »Ich glaube, Sie überschätzen da meine Möglichkeiten. Ich schreibe das, was ich selbst gern lesen würde oder manchmal auch erleben möchte. Ich denke nicht, dass Frauen von nun an ihre Rechte über Bord schmeißen, nur weil sie gern Liebesromane lesen. Außerdem entscheidet jeder in seinen vier Wänden selbst, wie weit er mit seinem Partner gehen möchte. Manche gehen da sogar recht weit, weiter als der Normalbürger es sich vorstellen kann, dennoch ist die Entscheidung nicht von der Allgemeinheit zu treffen, wie weit der Einzelne seine Vorlieben ausleben darf. Das ist ebenfalls ein Gut unserer Demokratie: jeder darf selbstständig entscheiden, solange er im Rahmen des Gesetzes bleibt. Von daher, vergeben Sie einer alten Frau die Ehrlichkeit, halte ich das für ausgemachten Blödsinn.«
Ich kritzelte eifrig alles auf das Papier und fand Mrs Poirot begeisterungswürdig. Sie sprach mir, nach meiner ausschweifenden Lesenacht, aus dem Herzen. Zuvor war ich vielleicht selbst ein wenig der Meinung gewesen wie viele Blogger, die sich im Internet Luft gemacht hatten. Doch nachdem ich fast zwei Romane dieses Genre verschlungen hatte, dachte ich anders.
»Vielen Dank für das wundervolle Interview.« Ich schlug das Notizbuch zu und blickte auf, direkt in das Gesicht der bezauberndsten Dame, der ich je begegnet war.
»Ich habe zu danken. Es war mir ein Vergnügen, mich mit einer so netten, jungen Frau zu unterhalten.« Elegant erhob sie sich, strich ihren Rock glatt und bedeutete mir, ihr zu folgen.
Als wir in der Halle ankamen und an der Tür standen, um Abschied zu nehmen, blieb Mary stehen und lächelte. »Wissen Sie was, liebe Abigail?« Fragend sah ich sie an. »Was halten Sie davon, morgen Abend auf einen kleinen Empfang hierher zu mir zu kommen? Ich würde mich freuen, wenn sich unsere Wege bald wieder kreuzen.« Erwartungsvoll strahlten ihre Augen. Selbst wenn ich es nicht gewollt hätte, wäre ich nicht in der Lage gewesen abzulehnen.
»Sehr gern.« Damit war die Planung für den morgigen Abend beschlossene Sache und ich war wieder einmal neugierig, was mich erwarten würde.
Ethan
Der Raum lag im Halbdunkel, weil Mary es nicht mochte, wenn ich ihren Körper in hellem Licht sehen konnte. Erstaunt hatte ich feststellen müssen, dass ältere Damen durchaus eitel sein konnten. Mary zumindest gehörte dazu und legte besonderen Wert darauf, sich ästhetisch zu präsentieren.
Mir machte das nichts aus, schließlich war sie der Boss.
»Ethan! Du rettest mich mal wieder aus einer heiklen Situation«, sagte Mary mit einem aufrichtigen Lächeln im Gesicht. Ich liebte diese alte Lady und das schon seit ewigen Zeiten.
»Für dich immer, das weißt du doch.« Ich zog mir mein Jackett wieder an und schloss die Knöpfe.
Mary richtete ebenfalls ihre Kleidung und legte mir ihre faltige Hand an die Wange. »Du bist ein Goldschatz! Was würde ich nur ohne dich tun?«
Ich lachte trocken auf. »Oh Mary, du weißt so gut wie ich, dass solche Dienstleistungen noch viele andere für dich übernehmen würden. Ich bin nicht der Einzige.«
»Das ist mir schon klar, aber ich will nur dich. Das solltest du langsam wissen.« Dann veränderte sich ihre Haltung und sie wurde ernst. »Die Rechnung bringst du mir am besten heute Abend mit.«
»Oh nein. Du weißt, dass ich nicht kommen werde«, protestierte ich vehement, weil ich an diesem Abend in Sentimentalitäten hatte ertrinken wollen. Bald begann für mich ein neuer Lebensabschnitt und ich würde all dem hier den Rücken zukehren. Einerseits freute ich mich darauf, aber andererseits war ich nervös. Nervös, ob ich vielleicht doch nicht die richtige Entscheidung getroffen hatte.
»Papperlapapp! Du kommst, genauso wie du jetzt gekommen bist. Du wirst ein braver Junge sein und dich persönlich um mich kümmern. Wir haben eine Abmachung und du hältst dich daran.« Es faszinierte mich immer wieder wie aus der lieben alten Lady eine durchsetzungsstarke Geschäftsfrau wurde. Sie ließ niemals mit sich reden, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.
»Wir werden sehen.«
»Ethan Anderson! Unterstehe dich! Ich werde ansonsten dein Doppelleben auffliegen lassen und dann platzt dein Deal.« Noch nie hatte Mary mich damit unter Druck gesetzt.
Zwischen