Überredung. Jane Austen

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Überredung - Jane Austen

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Sommersprossen! Ihn widern Sommersprossen noch mehr an als mich. Ich kenne Leute, die durch ein paar Sommersprossen nicht wesentlich verunstaltet werden, aber er verabscheut sie. Du mußt doch gehört haben, daß er über Mrs. Clays Sommersprossen geredet hat.« »Es gibt wohl kaum einen äußeren Defekt«, erwiderte Anne, »mit dem ein liebenswürdiges Wesen einen nicht nach und nach versöhnt.«

       »Da bin ich ganz anderer Meinung«, antwortete Elizabeth kurz angebunden, »ein liebenswürdiges Wesen kann ein hübsches Gesicht unterstreichen, aber ein häßliches niemals verändern. Aber wie auch immer, da wohl niemand ein größeres Interesse an dieser Sache haben kann als ich, halte ich es für ziemlich überflüssig, daß ausgerechnet du mir dabei Ratschläge erteilst.«

      Die Sache war für Anne erledigt – sie war froh, daß es vorüber war, und nicht ganz ohne Hoffnung, etwas erreicht zu haben. Elizabeth verübelte ihr den Verdacht zwar, war aber durch ihn vielleicht aufmerksam geworden.

       Die letzte Pflicht des Viergespanns war es, Sir Walter, Miss Elliot und Mrs. Clay nach Bath zu ziehen. Die Gesellschaft fuhr in gehobener Stimmung davon. Sir Walter bereitete sich mit herablassenden Verneigungen auf all die bekümmerten Pächter und Häusler vor, denen man einen Wink gegeben haben mochte, sich zu zeigen; und Anne wanderte gleichzeitig in einer Art trauriger Ergebenheit zur Lodge hinüber, wo sie die erste Woche verbringen sollte.

       Ihre Freundin war auch nicht in besserer Stimmung als sie selbst. Lady Russell ging dieses Auseinanderfallen der Familie sehr nahe. Deren Ansehen lag ihr ebenso am Herzen wie ihr eigenes; und der tägliche Umgang war ihr mit der Zeit unentbehrlich geworden. Der Anblick des verlassenen Grundstücks war ihr schmerzlich, und schlimmer noch der Gedanke an die neuen Hände, in die es fallen würde; und um der Verlassenheit und der Melancholie eines so veränderten Dorfes zu entgehen und bei Admiral und Mrs. Crofts Ankunft aus dem Weg zu sein, hatte sie beschlossen, ihre Reise anzutreten, sobald sie auf Anne verzichten mußte. So verließen sie das Haus gemeinsam, und Anne wurde auf der ersten Etappe von Lady Russells Reise in Uppercross Cottage abgesetzt.

       Uppercross war ein Dorf von mittlerer Größe, das noch bis vor ein paar Jahren ganz die alte englische Dorfanlage und daher nur zwei Häuser gehabt hatte, die großzügiger gebaut waren als die der Bauern und Landarbeiter – das Herrenhaus des Gutsbesitzers mit seinen hohen Mauern, großen Toren und alten Bäumen, ausgedehnt und altmodisch, und das gedrängte, enge Pfarrhaus in seinem eigenen gepflegten Garten, um dessen Fenster wilder Wein und ein Birnenspalier rankten. Aber bei der Heirat des jungen Herrn war ein Bauernhof renoviert und für ihn als Wohnhaus in ein Cottage umgebaut worden; und Uppercross Cottage mit seiner Veranda, seinen Schiebefenstern und sonstigen Reizen zog die Aufmerksamkeit des Reisenden vermutlich ebenso auf sich wie das harmonischere und gewichtigere Aussehen und die Räumlichkeiten des Herrenhauses, ungefähr eine Viertelmeile entfernt.

       Hier hatte Anne sich oft aufgehalten. Sie kannte das alltägliche Leben in Uppercross ebenso gut wie das in Kellynch. Die beiden Familien hatten so ungezwungenen Umgang miteinander, waren so daran gewöhnt, jederzeit beieinander ein-und auszugehen, daß Anne eher überrascht war, Mary allein vorzufinden. Aber da sie allein war, verstand es sich beinahe von selbst, daß sie sich unpäßlich und niedergeschlagen fühlte. Obwohl sie besser aussah als ihre ältere Schwester, besaß Mary doch nicht Annes Intelligenz oder Naturell. Solange sie sich wohl und munter und von allen umsorgt fühlte, konnte sie bestens gelaunt und ausgelassen sein; aber bei jeder Unpäßlichkeit verließ sie aller Lebensmut; sie wußte allein nichts mit sich anzufangen; und da sie durchaus ihren Teil von der Elliotschen Selbstgefälligkeit geerbt hatte, neigte sie sehr schnell dazu, sich bei allem Unglück obendrein noch einzubilden, sie werde benachteiligt und ausgenutzt. Rein äußerlich war sie ihren beiden Schwestern unterlegen und hatte es selbst in der Blüte ihrer Jahre nur zu einem »ganz netten Mädchen« gebracht. Sie lag gerade auf dem verschossenen Sofa in ihrem hübschen kleinen Wohnzimmer, dessen früher elegantes Mobiliar unter der Einwirkung von vier Sommern und zwei Kindern nach und nach schäbig geworden war, und begrüßte Anne bei ihrem Erscheinen mit den Worten:

       »Na, da kommst du ja endlich! Ich dachte schon, ich bekäme dich gar nicht mehr zu sehen. Ich bin so krank, ich kann kaum sprechen. Ich habe den ganzen Vormittag keine Menschenseele gesehen!«

       »Es tut mir leid, daß es dir nicht gut geht«, erwiderte Anne.

       »Du hast mir doch am Donnerstag so beruhigende Nachrichten von dir geschickt.«

      »Ja, ich habe das Beste daraus gemacht. Das tue ich doch immer. Aber es ging mir ganz und gar nicht gut; und so schlecht wie heute den ganzen Vormittag ist es mir in meinem ganzen Leben noch nicht gegangen – viel zu krank, um allein gelassen zu werden. Stell dir vor, ich hätte plötzlich einen schrecklichen Anfall und wäre unfähig zu klingeln! So, und Lady Russell wollte also nicht mal aussteigen. Ich glaube, sie ist den ganzen Sommer über keine dreimal in diesem Haus gewesen.«

      Anne gab eine verbindliche Antwort und erkundigte sich nach Marys Mann. »Ach, Charles ist auf der Jagd. Ich habe ihn seit sieben Uhr nicht gesehen. Er mußte unbedingt gehen, obwohl ich ihm gesagt habe, wie krank ich bin. Er wollte nicht lange fortbleiben. Aber er ist noch nicht zurück, und jetzt ist es beinahe eins. Du wirst es nicht glauben, aber ich habe den ganzen Vormittag keine Menschenseele gesehen.« »Du hast doch deine kleinen Jungen bei dir gehabt.«

      »Ja, solange ich ihren Krach ertragen konnte. Aber sie sind so ungezogen, daß sie mich kränker machen, als ich bin. Klein-Charles will überhaupt nicht auf mich hören, und Walter ist schon beinahe ebenso schlimm.«

       »Na ja, jetzt geht es dir bald besser«, erwiderte Anne heiter.

       »Du weißt doch, wenn ich komme, wirst du immer gleich gesund. Wie geht es deinen Nachbarn im Herrenhaus?«

      »Das kann ich dir doch nicht sagen. Ich habe heute noch keinen von ihnen gesehen. Außer Mr. Musgrove, der nur kurz angehalten und durchs Fenster mit mir gesprochen hat, aber ohne vom Pferd zu steigen. Und obwohl ich ihm gesagt habe, wie krank ich bin, hat sich nicht ein einziger von ihnen blicken lassen. Es kam den Miss Musgrove wohl ungelegen, und sie strengen sich sowieso nicht gern an.«

       »Du bekommst sie ja vielleicht noch zu sehen, ehe der Vormittag vorbei ist. Es ist noch früh.«

       »Das will ich gar nicht, das kannst du mir glauben. Sie schwatzen und lachen mir viel zu viel. Ach, Anne, es geht mir so schlecht! Es war gar nicht nett von dir, daß du am Donnerstag nicht gekommen bist.«

       »Meine liebe Mary, vergiß nicht, was für beruhigende Nachrichten du selbst mir geschickt hast! Du hast mir nur Positives geschrieben und gesagt, es ginge dir ausgezeichnet und ich brauchte mich nicht zu beeilen; und da das der Fall war, kannst du dir denken, wie viel mir daran lag, bis zuletzt mit Lady Russell zusammenzusein; und abgesehen von meinen Verpflichtungen ihr gegenüber war ich so beschäftigt, hatte ich so viel zu tun, daß ich Kellynch nicht gut früher hätte verlassen können.« »Du liebe Güte, was kannst du denn schon zu tun haben!«

      »Eine ganze Menge, das kannst du mir glauben. Mehr als mir im Moment einfällt. Aber einiges kann ich dir aufzählen. Ich habe eine Abschrift des Katalogs von Vaters Büchern und Bildern gemacht. Ich bin mehrmals mit Mackenzie im Garten gewesen, um zu begreifen und ihm begreiflich zu machen, welche von Elizabeths Blumen für Lady Russell sind. Ich mußte alle meine eigenen kleinen Angelegenheiten ordnen – Bücher und Noten aussortieren und alle meine Kisten umpacken, weil ich nicht rechtzeitig begriffen hatte, was auf den Wagen mitgehen sollte; und eine wirklich unangenehme Aufgabe mußte ich erledigen, Mary: ich mußte beinahe jedes Haus in der Gemeinde besuchen, so eine Art Abschied. Ich hatte gehört, daß man es erwartete. Aber alle diese Dinge haben mich sehr viel Zeit gekostet.«

       »Na ja« – und nach kurzer Pause –, »aber du hast dich noch mit keiner Silbe nach unserem Dinner bei den Pooles gestern erkundigt.«

      »Dann bist du also

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