Der fliegende Holländer. Фредерик Марриет

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Der fliegende Holländer - Фредерик Марриет

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etwas abzuschlagen, und meine Pflicht verbietet mir, mich weiter darüber auszulassen.«

      Einige Minuten blieben Beide stumm, bis endlich Amine wieder anhob:

      »Ihr wart gar so ängstlich, Euch wieder zu dem Besitz jener Reliquie zu verhelfen, dass ich mich des Gedankens nicht erwehren kann, sie stehe in einer Beziehung zu Eurem Geheimnis. Ist es nicht so?«

      »Ich will Euch auch diese letzte Frage noch beantworten, Amine – ja, sie hängt mit meinem Geheimnisse zusammen; aber jetzt verschont mich.«

      Philipps derbe und fast rohe Weise in Beendigung seiner Rede ging an Amine nicht verloren, welche erwiderte:

      »Ihr seid so sehr von anderen Gedanken in Anspruch genommen, dass Ihr das Kompliment nicht zu fühlen scheint, welches in dem Umstande liegt, dass ich so viel Interesse an Euch nehme.«

      »Doch – ja – ich fühle es, und bin Euch auch dankbar dafür, Amine. Vergebt mir meine Barschheit, aber vergesst nicht, dass das Geheimnis nicht mein Eigentum ist – wenigstens scheint es mir so. Gott ist mein Zeuge, wie sehr ich wünschte, es selbst auch nicht zu kennen, denn es hat alle meine Lebenshoffnungen vernichtet.«

      Philipp schwieg, und als er seine Augen wieder erhob, fand er, dass Aminens Blicke auf ihm hafteten.

      »Wollt Ihr meine Gedanken lesen, Amine, oder mein Geheimnis?«

      »Eure Gedanken vielleicht, nicht aber Euer Geheimnis. Dennoch tut es mir leid, dass es Euch augenscheinlich so schwer bedrückt. Es muss in der Tat furchtbar sein, dass es einen Geist wie den Eurigen also niederzudrücken im Stande ist.«

      »Wo habt Ihr gelernt, so mutig zu sein, Amine?« fragte Philipp, um den Gegenstand des Gesprächs zu wechseln.

      »Die Umstände machen den Menschen mutig oder verzagt. Wer an Schwierigkeiten und Gefahren gewöhnt ist, fürchtet sie nicht mehr.«

      »Und wo sind Euch Gefahren begegnet, Amine?«

      »In dem Lande, in welchem ich geboren bin, nicht an diesem meinem späteren, feuchten und sumpfigen Aufenthaltsorte.«

      »Wollt Ihr mir die Geschichte Eures früheren Lebens anvertrauen, Amine? Ich kann verschwiegen sein, wenn Ihr es wünscht.«

      »Dass Ihr verschwiegen sein könnt, vielleicht auch gegen meinen Wunsch, habt Ihr mir bereits bewiesen,« versetzte Amine lächelnd; »indes seid Ihr immerhin berechtigt, Etwas von dem Leben zu erfahren, dass Ihr gerettet habt. Ich kann Euch nicht viel sagen, aber auch dieses Wenige wird zureichend sein. Mein Vater wurde, als er noch ein Knabe war, am Borde eines Handelsschiffes von den Mauren genommen und von Letzteren in ihrem Lande an einen Hakim oder Arzt als Sklave verkauft. Der Maure, dem die Talente meines Vaters gefielen, bildete ihn zu seinem Gehilfen heran, und diesem Manne verdankt mein Vater seine Kenntnisse. Im Laufe einiger Jahre stand er seinem Meister nicht mehr nach, durfte aber als Sklave nicht für sich selbst arbeiten. Ihr kennt die Habsucht meines Vaters, die sich leider nicht verheimlichen lässt. Er seufzte darnach, so reich zu werden, wie sein Herr, und seine Freiheit zu erhalten. Sein Übergang zum mohammedanischen Glauben verschaffte ihm die Freiheit, und er praktizierte nun für sich selbst. Die Tochter eines arabischen Häuptlings, dessen Gesundheit er wieder hergestellt hatte, wurde sein Weib, und er ließ sich im Land nieder. Ich wurde geboren; mein Vater sammelte sich Schätze, und wurde sehr berühmt. Aber der Sohn eines Bey's, der unter seinen Händen starb, gab einen Grund an die Hand, ihn zu verfolgen. Man stellte ihm nach dem Leben; aber er entkam, freilich mit dem Verluste seines ganzen geliebten Reichtums. Meine Mutter und ich begleiteten ihn; er flüchtete sich zu den Beduinen, unter denen er einige Jahre weilte. Dort gewöhnte ich mich an rasche Märsche, an wilde und grimmige Angriffe, an Niederlage und Flucht, oft auch an grausames Gemetzel. Die Beduinen bezahlten jedoch die Dienste meines Vaters schlecht, und Gold war sein Idol. Als er hörte, dass der Bey tot sei, kehrte er nach Kairo zurück, zu praktizieren. Aufs Neue häufte er sich einen Reichtum zusammen, bis dieser groß genug war, die Gier des neuen Bey's zu erregen; aber glücklicherweise erhielt er Kunde von den Absichten des Gewalthabers. Er flüchtete sich wieder mit einem großen Teil seiner Habe, und erreichte in einem kleinen Schiffe die spanische Küste, durfte aber sein Geld nicht lange behalten. Ehe er dieses Land erreichte, wurde er beinahe seiner ganzen Habe beraubt, und nun hat er seit drei Jahren wieder zusammengespart. Wir waren nur ein Jahr in Mittelburg und zogen dann hierher. Dies ist die Geschichte meines Lebens, Philipp.«

      »Und hält Euer Vater noch immer an dem mohammedanischen Glauben, Amine?«

      »Ich weiß es nicht, möchte aber eher vermuten, dass er es mit gar keinem Glauben hält; wenigstens hat er mich keinen gelehrt. Das Gold ist sein Gott.«

      »Und der Eurige?«

      »Ist der Gott, der diese schöne Welt, samt allem ihrem Inhalt geschaffen hat – der Gott der Natur – nennt ihn, wie Ihr wollt. Ich fühle ihn, Philipp, möchte ihn aber wohl noch näher kennen lernen. Es gibt so viele Glaubensbekenntnisse, die aber zuverlässig nichts Anderes sein können, als verschiedene Pfade, die in gleicher Weise zum Himmel führen. Euer Glaube ist der christliche, Philipp – ist er der wahre? Doch jeder nennt den seinigen so, welcher Art derselbe auch sein mag.«

      »Er ist der wahre und der einzig wahre, Amine. Dürfte ich nur sprechen – ich habe die furchtbarsten Beweise zur Hand –«

      »Dass Euer Glaube der wahre ist? Seid Ihr dann nicht verpflichtet, sie zu offenbaren? Sagt mir, seid Ihr durch eine feierliche Zusage gebunden, sie nie zu enthüllen?«

      »Nein, das nicht – aber doch ist mir's, als ob's der Fall wäre. Ich höre übrigens Stimmen – es muss Euer Vater sein mit den obrigkeitlichen Personen – ich will ihnen entgegen gehen.«

      Philipp stand auf und begab sich die Treppe hinunter. Amine folgte ihm mit den Augen und ließ ihre Blicke auf der Tür haften.

      »Ist's möglich?« sagte sie, sich das Haar aus der Stirne streifend. »Sobald schon? Ja, ja, – und doch ist's so. Ich fühle, dass ich lieber sein geheimes Weh – seine Gefahren – ja sogar den Tod mit ihm teilen möchte, als Ruhe und Glück mit einem Andern. Und es wäre in der Tat sonderbar, wenn es nicht so kommen sollte. Diesen Abend noch soll mein Vater in seine Wohnung ziehen – ich will ihn unverweilt darauf vorbereiten.«

      Die Magistratspersonen nahmen die Angaben von Philipp und Mynheer Poots zu Protokoll und untersuchten die Leichname, von denen ein paar als berüchtigte Räuber erkannt wurden. Der Bürgermeister ließ sie fortschaffen. Dann hoben die Magistratspersonen ihre Beratung auf, und Philipp konnte mit Mynheer Poots wieder zu Amine zurückkehren. Es wird nicht nötig sein, über die nun folgende Unterhaltung Bericht zu erstatten; wir begnügen uns daher mit der Angabe, dass sich Poots in die Gründe, welche Amine und Philipp vorbrachten, fügte, umso mehr, da er keinen Mietzins bezahlen sollte. Die Möbel und Arzneien wurden auf einen Wagen geladen, und gegen Abend war fast das ganze Haus geräumt. Des Doktors Geldkiste sollte jedoch erst in der Dunkelheit auf den Karren geladen werden, und Philipp ging als Beschützer mit. Amine mit ihrem Vater begleiteten das Fuhrwerk auf der andern Seite. Wie man sich denken kann, wurde es spät, bis alle Einrichtungen getroffen waren, und die neuen Hausbewohner zur Ruhe gehen konnten.

      »Dies ist also das Gemach, das so lange verschlossen blieb,« sagte Amine, die am andern Morgen eintrat, als Philipp noch lange, in Folge der letzten Nachtwache, in tiefem Schlafe lag. »Ja, schon die dumpfe Luft bekundet es.«

      Amine blickte umher und musterte das Möbelwerk. Ihre Augen wurden durch die Vogelkäfig gefesselt; sie sah hinein.

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