Der fliegende Holländer. Фредерик Марриет

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Der fliegende Holländer - Фредерик Марриет

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dass Poots ganz schwarz im Gesichte war. »Muss ich Euch erdrosseln, oder wollt Ihr ruhig mitgehen? – Denn mit müsst Ihr – hört Ihr? – lebendig oder tot!« »Wohlan denn,« versetzte Poots, sich sammelnd, »ich will gehen; aber Ihr sollt mir heute Nacht noch in's Gefängnis wandern. Und was Eure Mutter betrifft – ich will nicht – nein, ich will nicht – verlasst Euch darauf, Mynheer Philipp.« »Merkt auf meine Worte, Mynheer Poots,« erwiderte Philipp. »So wahr ein Gott im Himmel ist – wenn Ihr nicht mitkommt, erdrossle ich Euch auf der Stelle, Und wenn Ihr in unsrem Hause anlangt und nicht Euer Bestes tut, um meine arme Mutter zu retten, so ist's auch dort um Euer Leben geschehen. Ihr wisst, dass ich stets Wort halte; lasst Euch daher raten und kommt ruhig mit. Ihr sollt gewiss bezahlt werden – und noch obendrein gut bezahlt – sogar, wenn ich den Rock vom Leibe verkaufen müsste.« Diese letztere Bemerkung tat vielleicht bessere Wirkung, als sogar die Drohungen. Poots war ein erbärmliches, kleines Wichtlein, und in der gewaltigen Faust des jungen Mannes wie ein Kind. Seine Wohnung stand einsam, und er konnte erst etwa hundert Schritte von Vanderdeckens Hütte Beistand erhalten. Mynheer Poots beschloss daher, zu gehen, einmal weil ihm Philipp Bezahlung versprochen hatte, und dann, weil er musste. Sobald dieser Punkt bereinigt war, eilten Philipp und Mynheer Poots der Hütte zu. Dort angelangt, fanden sie die Kranke noch immer in den Armen zweier Nachbarinnen, welche ihr die Schläfen mit Weinessig rieben. Sie war wieder zu sich gekommen, konnte aber nicht sprechen. Poots ließ sie nach ihrem Schlafgemach hinauf und zu Bette bringen, reichte ihr einen säuerlichen Trank und begab sich mit Philipp fort, um die nötigen Arzneien zu besorgen.

      »Ihr müsst dies Eurer Mutter sogleich geben, Mynheer Philipp,« sagte Poots, indem er seinem Begleiter ein Fläschchen reichte. »Ich will jetzt zu dem Kind des Bürgermeisters gehen und nachher wie-der in Eure Hütte kommen.« »Aber täuscht mich nicht,« versetzte Philipp mit einem drohenden Blicke. »Nein, nein, Mynheer Philipp. Eurem Onkel Van Brennen möchte ich nicht trauen, aber Ihr habt mir versprochen, mich zu bezahlen, und ich weiß, dass Ihr stets Euer Wort haltet. In einer Stunde bin ich wieder bei Eurer Mutter – aber jetzt sputet Euch,« Philipp eilte nach Hause. Nach Anwendung des Trankes hörte die Blutung völlig auf, und eine halbe Stunde später konnte seine Mutter flüsternd ihre Wünsche ausdrücken. Als der Doktor anlangte, untersuchte er sorgfältig die Kranke und ging dann mit ihrem Sohne in die Küche hinunter. »Mynheer Philipp,« begann Poots; »bei Allah, ich habe mein Bestes getan, muss Euch aber sagen, dass ich nur wenig Hoffnung habe, Eure Mutter wieder aufstehen zu sehen. Sie kann vielleicht noch einen Tag oder zwei leben, aber weiter nicht. 'S ist nicht meine Schuld, Mynheer Philipp,« fügte Poots in entschuldigendem Tone bei. »Nein, nein, es ist der Wille des Himmels,« versetzte Philipp in wehmütigem Tone. »Und Ihr wollt mich bezahlen, Mynheer Vanderdecken?« fuhr der Doktor nach einer kurzen Pause fort. »Ja,« entgegnete Philipp mit einer Donnerstimme, jetzt aus einer Träumerei erwachend. Mach einer kurzen Pause nahm der Doktor wieder auf. »Soll ich morgen wieder kommen, Mynheer Philipp? Ihr wisst, das macht abermals einen Gulden. Es führt übrigens zu Nichts, sein Geld oder seine Zeit wegzuwerfen.« »Kommt morgen – kommt alle Stunden – und rechnet mir, an, was ihr wollt. Ihr sollt zuverlässig bezahlt werden,« versetzte Philipp, verächtlich seine Lippe aufwerfend.

      »Gut: wie Ihr wollt. Sobald sie tot ist, gehören Hütte und Möbelwerk Euch; Ihr werdet das Letztere natürlich verkaufen. Ja, ich will kommen. Ihr werdet Geld in Fülle haben. Mynheer Philipp, ich würde das erste Angebot auf das Häuschen tun, wenn es zu ver-mieten ist.« Philipp erhob seinen Arm, als wolle er Herrn Poots niederschmettern, der sich sofort in eine Ecke zurückzog. »Ich meine, erst wenn Eure Mutter begraben ist,« sagte Poots in einschmeichelndem Tone. »Geht! Elender Wicht, geht!« sagte Philipp, sein Gesicht mit den Händen bedeckend, während er auf das blutbefleckte Kanapee niedersank. Nach einer Weile kehrte Philipp Vanderdecken an das Bett seiner Mutter zurück, die er viel besser fand. Die Nachbarinnen, welche durch ihre eigenen Haushaltungsgeschäfte abgerufen worden, hatten sie allein gelassen. Von dem Blutverlust erschöpft, schlummerte die arme Frau viele Stunden, ohne die Hand ihres Sohnes loszulassen, der in wehmütigen Gedanken auf ihre Atemzüge lauschte. Gegen Morgen um ein Uhr erwachte die Witwe. Sie hatte so ziemlich den Gebrauch ihrer Stimme wieder gewonnen und redete Philipp folgendermaßen an: »Mein lieber, mein wilder Knabe, und ich habe dich so lange als einen Gefangenen hier behalten.« »Meine eigene Neigung hielt mich zurück, Mutter. Ich will Euch nicht anderen überlassen, bis Ihr wieder auf und wohl seid.« »Das wird nie geschehen, Philipp. Ich fühle, dass der Tod seine Ansprüche an mich geltend macht, und würde auch mit Freuden diese Welt verlassen, wäre es nicht um deinetwillen, mein Sohn! Ich trage schon längst den Tod im Herzen, Philipp – und habe lange, lange um meine Auflösung gebetet.« »Aber warum das, Mutter?« versetzte Philipp mit Derbheit. »Ich habe doch mein Bestes getan.« »Ja, mein Kind, das hast du – und möge Gott dich dafür segnen. Wie oft war ich nicht Zeuge, das du dein ungestümes Temperament zügeltest und Deinen gerechten Unwillen niederkämpftest, um die Gefühle deiner Mutter zu schonen. Erst vor einigen Tagen ließ dich nicht einmal der Hunger deiner Mutter ungehorsam werden. Und, Philipp, du musst mich für wahnsinnig gehalten haben, dass ich so lange darauf bestand, dich hier zu behalten, ohne dir einen Grund anzugeben. Ich will dir bald das Weitere sagen.«

      Die Witwe drehte der Kopf auf dem Kissen und blieb einige Minuten ruhig. Nachdem sie auf's Neue ihre Kräfte gesammelt hatte, nahm sie wieder auf: »Ich glaube, ich bin zu Zeiten verwirrt gewesen – ist's nicht so, Philipp? Ach, Gott weiß, ich trage ein Geheimnis in meinem Herzen, das wohl im Stande ist, ein Weib in Wahnsinn zu hetzen. Es hat mir weder bei Tag noch bei Nacht Ruhe gelassen, meine Vernunft ver-stört und jetzt endlich, dem Himmel sei Dank! Diese sterbliche Hülle zusammen gebrochen. Der Schlag ist gefallen, Philipp – ich weiß es gewiss. Du sollst jetzt Alles erfahren – und doch möchte ich lieber schweigen – es wird dir das Gehirn verkehren, wie es das meinige verkehrt hat, Philipp.« »Mutter,« versetzte Philipp angelegentlich, »ich beschwöre Euch, lasst mich dieses todbringende Geheimnis vernehmen. Mag Himmel oder Hölle dabei beteiligt sein, ich fürchte es nicht. Der Himmel kann mir nicht schaden, und dem Bösen biete ich Trotz.« »Ich kenne deine kühne, stolze Seele, Philipp – und deine Geisteskraft. Wenn Jemand im Stande ist, die Last einer so schrecklichen Kunde zu tragen, so bist du's. Mein Gehirn war leider zu schwach dafür; aber ich sehe, es ist meine Pflicht, dich davon zu unterrichten.« Die Witwe hielt für eine Weile inne, um ihre Gedanken für das, was sie zu eröffnen hatte, zu sammeln. Einige Minuten rannen Tränen über ihre eingesunkenen Wangen nieder; dann aber schien sie die erforderliche Kraft und Entschlossenheit gewonnen zu haben. »Philipp, ich will von deinem Vater mit dir sprechen. Man glaubt – er sei – auf der See ertrunken.« »Wie – und das wäre nicht so, Mutter?« versetzte Philipp mit der Miene der Überraschung.

      »Oh nein!« »Aber er ist doch schon lange tot, Mutter?« »Nein – ja – und doch – nein,« sagte die Witwe, ihre Augen bedeckend. »Sie redet irre,« dachte Philipp, nahm aber wieder auf: »Wohlan denn, Mutter, wo ist er?« Die Witwe erhob sich und ein Zittern lief über ihren ganzen Körper, als sie entgegnete: »Er erleidet im Leben das Gericht.« Die arme Frau sank dann wieder auf das Kissen zurück und barg ihren Kopf unter den Betttüchern, als suche sie Schutz gegen den Stachel ihrer eigenen Erinnerungen. Philipp war so verwirrt und erstaunt, dass er nicht antworten konnte. Einige Minuten schwieg er; dann aber konnte er die Qual der Ungewissheit nicht länger ertragen und flüsterte leise: »Das Geheimnis, Mutter, das Geheimnis! Geschwind, lasst mich's hören.« »Ich kann dir jetzt Alles sagen,« versetzte die Mutter mit feierlicher Stimme. »Höre mich, mein Sohn. Der Charakter deines Vaters war dem deinigen nur zu ähnlich – ach, möge sein schreckliches Loos eine Lehre für dich sein, mein teures Kind! Er war kühn, wagehalsig und, wie man sagt, ein Seemann ersten Rangs. Er ist nicht von hier, sondern von Amsterdam gebürtig, wo er übrigens nicht leben mochte, weil er noch der katholischen Religion anhing. Du weißt, Philipp, dass, unserem Glaubensbekenntnis zufolge, die Holländer Ketzer sind. Es sind jetzt siebenzehn Jahre oder mehr, dass er in seinem schönen Schiffe, dem Amsterdamer, mit einer wertvollen Ladung nach Indien ausfuhr. Es war seine dritte Indienreise, Philipp, und hätte, wenn es Gottes Wille gewesen wäre, auch seine letzte sein sollen, denn er hatte auf den Ankauf jenes guten Schiffs nur einen Teil seiner Ersparnisse verwendet, und bedurfte nur noch einer einzigen Fahrt, um sich ein schönes Vermögen zu machen. Ach! Wie oft sprachen wir mit einander

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