Der fliegende Holländer. Фредерик Марриет

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der fliegende Holländer - Фредерик Марриет страница 4

Der fliegende Holländer - Фредерик Марриет

Скачать книгу

bis zu seiner Heimkehr! Das Weib eines Seemanns hat kein beneidenswertes Los. Wie viele Monate sitzt sie einsam und allein, in den langen Docht der Kerze schauend und auf das Heulen des Windes lauschend, der ihr schlimme Ahnungen über Schiffbruch und Witwenschaft zuflüstert. Er war bereits sechs Monate fort, Philipp, und ich sollte noch ein langes, trauriges Jahr harren, ehe er wieder zurückkehrte. Eines Abends, mein Kind, warst du fest eingeschlafen – du, der einzige Trost in meiner Verlassenheit. Ich hatte gewacht, während du schlummertest. Du lächeltest und sprachst halb den Namen der Mutter aus. Endlich küsste ich deine nichts ahnenden Lippen, kniete nieder und betete um Gottes Segen für dich, mein Kind, und auch für ihn – mir damals noch nicht träumen lassend, dass ein so schrecklicher, so fürchterlicher Fluch über ihn ergangen war.« Die Witwe haschte nach Luft und nahm dann wieder auf. Philipp konnte nicht sprechen. Seine Lippen öffneten sich und seine Augen hafteten an der Mutter, als wollte er ihre Worte verschlingen. »Ich verließ dich und ging die Treppe hinunter in das Zimmer, welches seit jener schrecklichen Nacht nicht wieder geöffnet wurde. Ich setzte mich nieder und las, denn der Wind heulte, und wenn ein Sturm weht, kann das Weib eines Seemanns selten schlafen. Mitternacht war vorüber und der Regen schoss in Strömen nieder. Eine ungewöhnliche Furcht wandelte mich an, ohne dass ich mir den Grund zu erklären vermochte. Ich stand von dem Kanapee auf, tauchte meine Finger in das Weihwasser und bekreuzte mich. Ein heftiger Windstoß brauste um das Haus und beunruhigte mich noch mehr. Ich hatte eine schmerzliche, furchtbare Ahnung. Da wurden plötzlich Fenster und Fensterläden hereingeweht. Das Licht erlosch und ich war in völliger Finsternis. Im Schrecken schrie ich laut hinaus, erholte mich aber endlich wieder und war eben im Begriff, an das Fenster zu gehen, um es wieder zu schließen – da sah ich langsam – deinen Vater – zum Fensterrahmen hereinkommen! – Ja, Philipp – es war dein Vater!« »Barmherziger Gott!« murmelte Philipp in dumpfem, fast ersticktem Flüstertone.

      »Ich wusste nicht, was ich denken sollte – er war im Zimmer und trotz der dichten Finsternis stand doch seine Gestalt so klar und deutlich vor mir, wie am hellen Mittag. Die Furcht schreckte mich zurück – seine teure Gegenwart zog mich zu ihm hin. Ich blieb an der Stelle, wo ich war, vor Angst fast erstickt. Sobald er sich im Zimmer befand, schlossen sich Fenster und Läden von selbst und die Kerze entzündete sich wieder. Jetzt dachte ich, dass es eine Erscheinung sei, und sank ohnmächtig zu Boden. Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Kanapee, und eine eisig kalte, feuchte Hand hielt die meinige umfasst. Dies ermutigte mich wieder und ich vergaß die übernatürlichen Zeichen, welche seine Erscheinung begleiteten. Ich meinte, er sei verunglückt und wieder nach Hause zurückgekehrt. Ich öffnete meine Augen und erblickte meinen teuren Gatten, dem ich mich in die Arme warf. Seine Kleider waren vom Regen durchnässt, und es dünkte mich, als ob ich einen Eiskörper umfasst hätte – aber nichts ist im Stande, die glühende Liebe einer Frau zu zügeln, Philipp. Er nahm meine Liebkosungen hin, ohne sie jedoch zu erwidern, oder auch nur zu sprechen; dabei sah er gedankenvoll und traurig aus. »›William – William,‹« rief ich, »›rede Vanderdecken; sprich mit deiner armen Catharine‹« »›Ich will‹« versetzte er feierlich, »›denn meine Zeit ist kurz.‹« »›Nein, nein, du darfst nicht wieder auf die See gehen. Du hast zwar dein Schiff verloren, bist aber doch gerettet. Willst du nicht wieder bei mir bleiben?‹« »›Ach, nein – doch erschrick nicht, sondern höre, denn meine Zeit ist kurz. Mein Schiff ist nicht zu Grunde gegangen, Catharine, aber ich habe verloren – –!!! Antworte mir nicht, sondern höre; ich bin nicht tot, aber auch nicht am Leben. Ich schwebe zwischen dieser Welt und der Welt der Geister. Merke auf, was ich dir sage.‹« »›Neun Wochen lang versuchte ich, an dem stürmischen Kap gegen die Macht der Winde anzukämpfen, aber ohne Erfolg, und ich fluchte fürchterlich. Neun weitere Wochen führte ich meine Segel gegen die widrigen Winde und Strömungen, ohne jedoch Raum gewinnen zu können, und dann brach ich – ach, in schreckliche Gotteslästerungen aus. Dennoch blieb ich bewahrt; die Schiffsmannschaft, von den langen Anstrengungen erschöpft, verlangte, dass ich nach der Tafelbay zurückkehre, aber ich weigerte mich; ja, ich wurde sogar ein Mörder, – unabsichtlich zwar, aber doch ein Mörder. – Der Pilot stand gegen mich auf und überredete die Leute, mich zu binden. Im Übermaße meiner Wut fasste ich ihn am Kragen und schlug ihn. Er taumelte und bei einem plötzlichen Schwanken des Schiffs fiel er über Bord, um nicht wieder zum Vorschein zu kommen. Selbst dieser schreckliche Tod zügelte mich nicht, und ich schwor bei der Reliquie des heiligen Kreuzes, die jetzt um deinen Hals hängt, dass ich vorwärts dringen wolle trotz Ungewittern und wilder See, trotz Blitz und Donner, trotz Himmel oder Hölle, und wenn ich bis zum Tage des Gerichts mich abmühen müsste.« »›Mein Fluch wurde unter Donnerschlägen und in Strömen schwefeligen Feuers aufgezeichnet. Der Orkan tobte auf das Schiff los und die Segel flogen in Fetzen davon. Berge von Wogen fegten über uns hin, und in der Mitte einer tief niederhängenden Wolke, welche Alles in äußerste Finsternis; hüllte, standen mit blauen Flammen die Worte geschrieben – bis zum Tage des Gerichts.⃭« »›Höre mich nun, Catharine, denn meine Zeit ist kurz. Nur Eine Hoffnung bleibt mir noch, und um dieser willen ist es mir gestattet, hierher zu kommen. Nimm diesen Brief‹. Er legte ein versiegeltes Papier auf den Tisch. ›Ließ ihn, teuerste Catharine und versuche, ob du mir beistehen kannst – ließ ihn, und dann lebe wohl, meine Zeit ist gekommen.‹« »Abermals flog das Fenster und der Fensterladen auf – das Licht erlosch aufs Neue und die Gestalt meines Gatten schien in das Dunkel hinaus zu schwimmen. Ich sprang auf und folgte ihm mit ausgebreiteten Armen. Ein Ruf des Wahnsinns rang sich aus meiner Brust, während er durch das Fenster segelte – meine starren Augen erblickten die Umrisse, wie sie, dem Blitze gleich, auf den Schwingen des wilden Sturmes dahin getragen wurden, bis sie sich in einen einzigen lichten Punkt zusammendrängten und dann verschwanden. Abermals schlossen sich die Fenster, das Licht brannte, und ich war allein!«

      »Himmel habe Erbarmen! mein Gehirn! – mein Gehirn! – Philipp! – Philipp!« schrie die arme Frau; »verlass mich nicht – bitte – bitte – verlass mich nicht.« Während dieser Ausrufungen hatte sich die Witwe ungestüm von ihrem Bette aufgerichtet, bis sie zuletzt in die Arme ihres Sohnes sank. Da blieb sie einige Minuten regungslos liegen. Nach einer Weile ängstigte sich Philipp über ihre lange Ruhe; er legte sie sanft auf das Bett nieder, und während er dies tat, sank ihr Kopf zurück. Ihre Augen hatten sich verdreht – die Witwe Vanderdecken war nicht mehr.

      Philipp Vanderdecken fühlte sich trotz seiner Seelenstärke doch fast gelähmt, als er entdeckte, dass der Geist seiner Mutter entwichen war. Eine Weile blieb er an der Seite des Bettes, keines Gedankens fähig und das Auge nur auf die Leiche geheftet. Aber allmählich fasste er sich wieder. Er stand auf, legte das Kissen zurecht, schloss der Verschiedenen die Augenlider und faltete dann seine Hände, während die Tränen über seine Wangen niederträufelten. Er drückte einen feierlichen Kuss auf die blasse, weiße Stirne der Toten und zog die Vorhänge um das Bett. »Arme Mutter!« sagte er bekümmert, als er sein Geschäft beendigt hatte; »endlich ist dir Ruhe geworden – aber deinem Sohne hast du ein bitteres Vermächtnisse hinterlassen.« Und als Philipps Gedanken zu dem, was vorgegangen war, zurückkehrten, bemächtigte sich die furchtbare Erzählung seiner Einbidungskraft und verwirrte ihm beinahe das Gehirn. Er erhob die Hände zu seinen Schläfen und drückte sie mit Macht zusammen, dabei über den Maßregeln brütend, die er einschlagen sollte. Er fühlte, dass er keine Zeit hatte, seinem Gram nachzuhängen. Seine Mutter war in Frieden – aber sein Vater – wo war dieser?

      Er rief sich die Worte seiner Mutter in's Gedächtnis. ›Nur Eine Hoffnung bleibt mir noch.‹ Hoffnung war also vorhanden. Sein Vater hatte ein Papier auf den Tisch gelegt – war es wohl noch zu finden? Ja, es musste so sein; seine Mutter hatte nicht den Muth besessen, es aufzunehmen. Der Brief, der mehr als siebenzehn Jahre unerbrochen da gelegen hatte, gab eine Aussicht an die Hand. Philipp Vanderdecken beschloss, das verhängnisvolle Gemach zu untersuchen, um mit einem Male das Schlimmste zu erfahren.

      Sollte er es unverweilt tun, oder bis zum Morgen warten – aber, wo war der Schlüssel? Seine Augen ruhten auf einem alten, lackierten Schreine in dem Zimmer; seine Mutter hatte ihn nie in seiner Gegenwart geöffnet – er war also der einzige Ort, wo das, was er suchte, wahrscheinlicherweise verborgen sein konnte. Rasch in allen

Скачать книгу