Der fliegende Holländer. Фредерик Марриет
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»Aber der Schlüssel, den du suchst, Philipp?« »Vater, es ist der Schlüssel zu dem Gemach, das seit Jahren verschlossen blieb – und das ich – öffnen will – selbst wenn – –« »Wenn was, mein Sohn?« »Ich wollte etwas sagen, was ich verschweigen muss. Vergebt mir, Vater: ich meinte, dass ich jenes Gemach untersuchen müsse.« »Ich habe längst auch von jener verschlossenen Stube gehört und weiß wohl, dass deine Mutter keine Auskunft darüber geben mochte, denn sie wollte sogar auf meine Fragen nie Rede stehen. Meine Pflicht veranlasste mich, in sie zu dringen, aber als ich fand, dass mein Eifer ihr Gefahr drohte, gab ich jeden weiteren Versuch auf. Auf das Herz deiner Mutter muss eine schwere Last gedrückt haben, mein Sohn, obgleich sie mir nie darüber beichten oder dieselbe vertrauen mochte. Sage mir, hat sie dir vor ihrem Tode das Geheimnis mitgeteilt?« »Ja, mein frommer Vater.« »Würde es dir nicht zum Trost gereichen, wenn du es mir anvertrautest? Ich könnte dir mit meinem Rate, mit meinem Beistande – –« »Gewiss würde das der Fall sein, Vater, denn ich könnte auf Euren Beistand bauen und weiß recht wohl, dass Euch nicht bloße Neugierde, sondern ein besserer Beweggrund leitet. Aber aus dem, was meine arme Mutter sagte, ist mir noch nicht klar, ob sie die Wahrheit sprach, oder ob ihr nur irgend ein Phantom das Gehirn verwirrt hatte. Hat es mit der Sache seine Richtigkeit, so will ich gerne die Last mit Euch teilen – wie wenig Ihr mir es auch Dank wissen werdet; vorderhand aber muss ich schweigen und mein Werk erfüllen – ich muss allein das verhasste Zimmer betreten.« »Fürchtest du dich nicht?« »Vater, ich fürchte nichts. Ich habe eine Pflicht zu erfüllen – eine schreckliche zwar, aber ich bitte, fragt mich nicht weiter, denn gleich meiner Mutter, ist's mir, als ob eine Untersuchung der Wunde fast meine Vernunft über den Haufen werfen könnte.«
»Ich will nicht weiter in dich dringen. Vielleicht kommt die Zeit, in der ich dir Dienste leisten kann. Lebewohl, mein Kind; aber ich bitte dich, von dieser unziemenden Arbeit abzulassen, denn ich muss zu den Nachbarn schicken, damit sie deiner hingeschiedenen Mutter, deren Seele hoffentlich bei Gott ist, den letzten Dienst er-weisen.« Der Priester sah Philipp an und bemerkte aus der starren und betrübten Miene desselben, dass seine Gedanken anderswo waren; er entfernte sich mit Kopfschütteln. »Er hat Recht,« sagte Philipp zu sich selbst, als er wieder allein war, indem er den Schrein aufnahm und ihn wieder an seinen vorigen Platz rückte. »Ein paar Stunden mehr oder weniger können keinen Unterschied ausmachen. Ich will mich niederlegen, denn mein Kopf ist schwindelig.« Er begab sich in das anstoßende Gemach, warf sich auf sein Bette und lag nach ein paar Minuten in einem so tiefen Schlafe, als derjenige ist, der ein paar Stunden vor der Hinrichtung die Augen des Verurteilten zudrückt. Während seines Schlummers kamen die Nachbarn herbei und trafen alle Vorkehrungen für die Beerdigung der Witwe, ohne jedoch den Sohn zu wecken, weil sie es für eine heilige Pflicht hielten, den Schlaf zu schonen, dem nur ein schmerzliches Erwachen folgen konnte. Bald nach Mittag langte unter anderen auch Mynheer Poots an. Er hatte zwar bereits Kunde von dem Tode der Witwe erhalten, konnte aber über ein freies Stündchen verfügen und meinte, er könne recht wohl einen Besuch machen, da derselbe seine Rechnung um einen weitern Gulden erhöhen würde. Zuerst begab er sich nach dem Gemache, wo die Leiche lag, dann aber nach der Kammer Philipps, welchen er an der Schulter rüttelte. Philipp erwachte, richtete sich auf und sah den Doktor neben seinem Lager stehen. »Nun, Mynheer Vanderdecken,« begann der gefühllose kleine Mann, »so ist also Alles vorüber. Ich wusste wohl dass es so kommen würde; aber wohlgemerkt, Ihr schuldet mir jetzt einen weitern Gulden und Ihr habt mir versprochen, Alles redlich zu bezahlen. Mit dem Trank macht Alles zusammen vierthalb Gulden, vorausgesetzt, dass Ihr mir das Fläschchen zurückgebt.« Philipp erholte sich während dieser Anrede aus seiner Schlaftrun-kenheit, stand von seinem Bette auf und erwiderte: »Ihr sollt Eure vierthalb Gulden und die Flasche obendrein haben, Herr Poots.« »Ja, ja; ich weiß, Ihr habt die Absicht, mich zu bezahlen – wenn Ihr könnt. Aber schaut, Mynheer Philipp, es wird vielleicht einige Zeit anstehen, ehe Ihr die Hütte verkaufen könnt. Ihr werdet nicht viele Liebhaber finden. Nun, ich möchte nie gerne hart mit Leuten umgehen, die kein Geld haben, und will Euch daher sagen, was meine Ansicht ist. Eure Mutter hat da etwas um den Hals. Es besitzt für Niemand einen Wert, als – für einen guten Katholiken. Um Euch aus Eurer Not zu helfen, will ich dieses Ding nehmen, und dann mit Euch quitt sein. Ich bin dann bezahlt und die Sache hat ein Ende.« Philipp hörte ruhig zu; er wusste, was der kleine Geizhals meinte – die Reliquie am Halse seiner Mutter – dieselbe Reliquie, auf welche sein Vater den verhängnisvollen Eid geschworen hatte. Er fühlte, dass eine Million Gulden ihn nicht veranlassen konnte, sich davon zu trennen. »Verlasst das Haus,« antwortete er; »verlasst es augenblicklich. Euer Geld soll bezahlt werden.« Nun wusste Mynheer Poots für's erste, dass die Fassung der Reliquie, eine viereckige Kapsel von reinem Golde, mehr wert war, als die ihm schuldige Summe. Desgleichen war ihm nicht unbekannt, dass für das Heiligtum selbst ein großer Preis bezahlt worden war, und da in jener Zeit derartige Reliquien sehr wert gehalten wurden, so zweifelte er nicht, etwas Erkleckliches daraus zu lösen. Als er in die Leichenkammer trat, hatte der Anblick so verführerisch auf ihn gewirkt, dass er die Kapsel wegnahm und sie in seiner Rocktasche verbarg; er entgegnete daher – »Mein Anerbieten ist nicht unrecht, Mynheer Philipp, und Ihr würdet gut tun, es anzunehmen. Wozu ist auch ein solcher Tand nütze?«
»Ich sage Euch noch einmal, nein,« rief Philipp ergrimmt. »Wohlan denn, so lasst mir es wenigstens, bis ich bezahlt bin, Mynheer Vanderdecken –