Ein Sommernachtstraum. William Shakespeare
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HELENA.
Je mehr geliebt, je ärger haßt er mich.
HERMIA.
Soll ich denn schuld an seiner Torheit sein?
HELENA.
Nur Eure Schönheit: wär' die Schuld doch mein!
HERMIA.
Getrost! Ich werd' ihm mein Gesicht entziehen.
Lysander wird mit mir von hinnen fliehen.
Von jener Zeit, als ich Lysandern sah,
Wie schien Athen ein Paradies mir da!
Nun denn, wofür sind Reize wohl zu achten,
Die einen Himmel mir zur Hölle machten?
LYSANDER.
Laß, Helena, dir unsern Schluß vertrauen:
Wann morgen Phöbe die begrünten Auen
Mit ihrer Perlen feuchtem Schmuck betaut
Und ihre Stirn im Wellenspiegel schaut,
Wann Still' und Nacht verliebten Raub verhehlen,
Dann wollen wir zum Tor hinaus uns stehlen.
HERMIA.
Und in dem Wald, wo oftmals ich und du
Auf Veilchenbetten pflogen sanfter Ruh',
Wo unsre Herzen schwesterlich einander
Sich öffneten, da trifft mich mein Lysander.
Wir suchen, von Athen hinweggewandt,
Uns neue Freunde dann in fremdem Land.
Leb wohl, Gespielin, bete für uns beide!
Demetrius sei deines Herzens Freude!
Lysander, halte Wort! – Was Lieb' erquickt,
Wird unserm Blick bis morgen nacht entrückt.
Ab.
LYSANDER.
Das will ich! – Lebet wohl nun, Helena!
Der Liebe Lohn sei Eurer Liebe nah!
Ab.
HELENA.
Wie kann das Glück so wunderlich doch schalten!
Ich werde für so schön wie sie gehalten.
Was hilft es mir, solang' Demetrius
Nicht wissen will, was jeder wissen muß?
Wie Wahn ihn zwingt, an Hermias Blick zu hangen,
Vergöttr' ich ihn, von gleichem Wahn befangen.
Dem schlechtsten Ding an Art und an Gehalt
Leiht Liebe dennoch Ansehn und Gestalt.
Sie sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen,
Und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen.
Drum nennt man ja den Gott der Liebe blind.
Auch malt man ihn geflügelt und als Kind,
Weil er, von Spiel zu Spielen fortgezogen,
In seiner Wahl so häufig wird betrogen.
Wie Buben oft im Scherze lügen, so
Ist auch Cupido falscher Schwüre froh.
Eh' Hermia meinen Liebsten mußt' entführen,
Ergoß er mir sein Herz in tausend Schwüren;
Doch, kaum erwärmt von jener neuen Glut,
Verrann, versiegte diese wilde Flut.
Jetzt geh' ich, Hermias Flucht ihm mitzuteilen!
Er wird ihr nach zum Walde morgen eilen.
Zwar, wenn er Dank für den Bericht mir weiß,
So kauf' ich ihn um einen teuren Preis.
Doch will ich, mich für meine Müh' zu laben,
Hin und zurück des Holden Anblick haben.
Ab.
Zweite Szene
Eine Stube in einer Hütte.
Squenz, Schnock, Zettel, Flaut, Schnauz und Schlucker kommen.
SQUENZ. Ist unsre ganze Kompagnie beisammen?
ZETTEL. Es wäre am besten, Ihr riefet (sie) auf einmal Mann für Mann auf, wie es die Liste gibt.
SQUENZ. Hier ist der Zettel von jedermanns Namen, der in ganz Athen für tüchtig gehalten wird, in unserm Zwischenspiel vor dem Herzog und der Herzogin zu agieren, an seinem Hochzeittag zu Nacht.
ZETTEL. Erst, guter Peter Squenz, sag uns, wovon das Stück handelt; dann lies die Namen der Akteurs ab, und komm so zur Sache!
SQUENZ. Wetter, unser Stück ist – »die höchst klägliche Komödie und der höchst grausame Tod des Pyramus und der Thisbe«.
ZETTEL. Ein sehr gutes Stück Arbeit, ich sag's euch! und lustig! – Nun, guter Peter Squenz, ruf' die Akteurs nach dem Zettel auf! – Meisters, stellt euch auseinander!
SQUENZ. Antwortet, wie ich euch rufe! – Klaus Zettel, der Weber!
ZETTEL. Hier! Sagt, was ich für einen Part habe, und dann weiter.
SQUENZ. Ihr, Klaus Zettel, seid als Pyramus angeschrieben.
ZETTEL. Was ist Pyramus? Ein Liebhaber oder ein Tyrann?
SQUENZ. Ein Liebhaber, der sich auf die honetteste Manier vor Liebe umbringt.
ZETTEL. Das wird einige Tränen kosten bei einer wahrhaftigen Vorstellung. Wenn ich's mache, laßt die Zuhörer nach ihren Augen sehn! Ich will Sturm erregen, ich will einigermaßen lamentieren. Nun zu den übrigen; – eigentlich habe ich doch das beste Genie zu einem Tyrannen; ich könnte einen Herkles kostbarlich spielen, oder eine Rolle, wo man alles kurz und klein schlagen muß.
Der