Charles Dickens. Charles Dickens

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Charles Dickens - Charles Dickens

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was für ein Wagen kann das bei solchem Wetter sein?«

      Nach einer kurzen Weile klopft es an die Tür.

      »Herein!«

      Eine schüchterne Dorfschöne mit dunkeln Augen und dunkelm Haar, so frisch in ihrer rosigen und doch zarten Blüte, daß die Regentropfen in ihrem Haar wie Tau auf einer frisch gepflückten Blume aussehen, tritt herein.

      »Was sind das für Fremde, Rosa?«

      »Zwei junge Herrn in einem Gig, Maam. Wollten das Haus sehen... Jawohl, ich sagte es ihnen schon«, setzt sie rasch als Antwort auf eine verneinende Gebärde der Wirtschafterin hinzu. »Ich ging an die Gartenpforte und sagte ihnen, es sei ein schlechter Tag und eine ungeeignete Stunde, aber der junge Mann, der kutschiert, zog den Hut bei dem Regen ab und bat mich, Ihnen diese Karte zu bringen.«

      »Lies sie, lieber Watt!« sagt die Wirtschafterin.

      – Rosa ist so verlegen, daß sie die Karte fallen läßt, wie sie sie dem jungen Mann geben will, und beide stoßen beinahe mit den Köpfen zusammen, als sie sich bücken. Rosa wird noch verlegner. –

      »Mr. Guppy. Weiter steht nichts auf der Karte.«

      »Guppy?« wiederholt Mrs. Rouncewell, »Mr. Guppy? Unsinn. Ich habe den Namen nie gehört.«

      »Wenn Sie erlauben, dasselbe sagte er auch, aber er und der andre junge Herr wären erst gestern abend mit der Post von London gekommen zur Magistratsversammlung, zehn Meilen von hier. Und da sie bald fertig geworden seien und viel von Chesney Wold gehört hätten und beim besten Willen nicht wüßten, was sie mit der Zeit anfangen sollten, so wären sie trotz des Regens hierhergefahren. Sie sind Advokaten. Er sagt, er wäre zwar nicht bei Mr. Tulkinghorn, glaube aber, sich nötigenfalls auf Mr. Tulkinghorn berufen zu dürfen.«

      – Als Rosa jetzt, wo sie fertig ist, bemerkt, daß sie eine lange Rede gehalten hat, wird sie noch verlegner. –

      Mr. Tulkinghorn gehört gewissermaßen mit zu dem Edelsitz, und außerdem geht die Sage, daß er das Testament der Mrs. Rouncewell gemacht habe. Die alte Dame wird milder gestimmt, bewilligt den Gästen den Eintritt und entläßt Rosa. Der Enkel fühlt plötzlich in sich den Wunsch, ebenfalls das Haus anzusehen, rege werden und möchte sich der Gesellschaft anschließen. Die Großmutter freut sich, daß er sich dafür interessiert, und begleitet ihn, obgleich er sie dringendst bittet, sich ja nicht in ihrer Ruhe stören zu lassen.

      »Ich bin Ihnen außerordentlich verbunden, Maam«, sagte Mr. Guppy und zieht in der Vorhalle seinen nassen, zottigen Überrock aus. »Wir Londoner Advokaten kommen nicht oft heraus, und wenn's geschieht, nützen wir die Zeit so gut aus wie möglich.«

      Die alte Wirtschafterin deutet mit gnädig stolzer Gebärde auf die große Treppe.

      Mr. Guppy und sein Freund folgen Rosa, Mrs. Rouncewell und ihr Enkel kommen nach, und ein Gärtnerbursche eilt voraus, um die Jalousien aufzumachen.«

      Wie es den meisten Leuten geht, wenn sie Häuser besichtigen, sind Mr. Guppy und sein Freund bereits tödlich abgespannt, ehe sie noch recht angefangen haben. Sie verlaufen sich in die falschen Gänge, besehen sich Überflüssigkeiten, kümmern sich nicht um wirkliche Sehenswürdigkeiten, gähnen, wenn neue Zimmerreihen aufgeschlossen werden, legen die größte Niedergeschlagenheit an den Tag und sind offenbar ganz und gar fertig. In jedem Zimmer, das gezeigt wird, zieht sich Mrs. Rouncewell, die so lotrecht steht wie das Haus selbst, in eine Fenstervertiefung oder sonst eine Nische zurück und hört mit stolzer Billigung Rosas Erklärungen zu. Ihr Enkel ist so aufmerksam, daß Rosa verlegner ist als je – und noch hübscher. So gehen sie von Zimmer zu Zimmer und beschwören die gemalten Dedlocks auf ein paar kurze Minuten herauf, wie der Gärtnerbursche das Tageslicht hereinläßt, und lassen sie wieder ins Grab sinken, wenn er wieder die Läden schließt.

      Dem betrübten Mr. Guppy und seinem untröstlichen Freund kommt es vor, als ob es kein Ende nehmen wolle mit den Dedlocks, deren Familienruhm darin zu bestehen scheint, daß sie siebenhundert Jahre lang sich durch nichts ausgezeichnet haben.

      Selbst der lange Gesellschaftssaal in Chesney Wold vermag Mr. Guppys Lebensgeister nicht aufzufrischen. Er ist so niedergeschlagen, daß er auf der Schwelle kleben bleibt und nicht Willenskraft genug aufbringen kann, um einzutreten. Aber ein Porträt über dem Kamin, von dem Modemaler des Tages gemalt, wirkt wie ein Zauber auf ihn. Er erholt sich im Augenblick. Er starrt es mit ungewöhnlichem Interesse an, er ist fasziniert davon und wie am Boden festgenagelt.

      »Gott, wer ist das?« fragt er.

      »Das Gemälde über dem Kamm stellt die gegenwärtige Lady Dedlock dar; es gilt für ausgezeichnet getroffen und als das beste Werk des Meisters«, leiert Rosa in einem Zug herunter.

      »Ich will des Todes sein, wenn ich sie jemals gesehen habe«, flüstert Mr. Guppy und starrt seinen Freund erschrocken an, »und doch kenne ich sie! Gibt es Stahlstiche von dem Bild, Miß?«

      »Das Porträt ist noch niemals vervielfältigt worden. Sir Leicester hat stets die Erlaubnis verweigert.«

      »Hm«, sagt Mr. Guppy halblaut. »Ich will mich hängen lassen, wenn ich das Gesicht nicht schon irgendwo gesehen habe! So, so, das ist also Lady Dedlock.«

      »Das Bild rechts stellt den gegenwärtigen Sir Leicester dar und das Bild links seinen Vater, den verstorbenen Sir Leicester.«

      – Mr. Guppy hat kein Auge für die beiden Magnaten. –

      »Es ist mir unerklärlich«, wiederholt er und starrt immer noch das erste Porträt an. »Wie gut ich das Bild kenne! Ich will verwünscht sein«, sagte er und sieht sich um, »wenn ich nicht glaube, ich muß von diesem Bilde geträumt haben.«

      Da niemand von den Anwesenden ein besondres Interesse an Mr. Guppys Träumen nimmt, wird die Wahrscheinlichkeit nicht weiter erörtert. Aber der Herr ist so in das Porträt vertieft, daß er noch unbeweglich dasteht, als der Gärtnerbursche bereits die Läden zugemacht hat. Jetzt verläßt er das Zimmer ganz benommen und tritt mit den übrigen mit verwirrten, weitaufgerissenen Augen, als ob er sich überall nach Lady Dedlock umsähe, in die folgenden Gemächer.

      Er bekommt nichts mehr von ihr zu Gesicht. Er sieht ihre Zimmer, die als besonders schön zuletzt gezeigt werden, und blickt aus dem Fenster hinaus, vor dem sie sich noch vor kurzer Zeit des Wetters wegen so tödlich langweilte.

      Alle Dinge nehmen ein Ende, selbst die Besichtigung von Schlössern. Mr. Guppy hat das Ende der Sehenswürdigkeiten erlebt und die frische Dorfschöne das Ende ihrer Beschreibung, das da lautet:

      »Die Terrasse unten findet die größte Bewunderung jedes Fremden; einer alten Familiensage zufolge nennt man sie den Geisterweg.«

      »Wie?« fragt Mr. Guppy mit brennender Neugier. »Was ist das für eine Geschichte, Miß? Kommt etwas von einem Bild drin vor?«

      »Bitte, erzählen Sie uns die Geschichte«, flüstert Watt halblaut.

      »Ich weiß sie nicht, Sir«, – Rosa wird schon wieder verlegen.

      »Sie wird den Fremden nicht erzählt und ist fast in Vergessenheit geraten«, meldet sich die Wirtschafterin dazwischentretend. »Sie ist niemals mehr als eine Familienanekdote gewesen.«

      »Erlauben Sie mir nochmals die Frage, ob etwas von einem Bilde drin vorkommt, Maam«, forscht Mr. Guppy, »ich versichere

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